Im Gegensatz zur Wirtschaftskrise 2009 hat die Corona-Krise auch auf das Service-Geschäft dramatische Auswirkungen. Service und Kundenbesuche können aus den bekannten Gründen nicht stattfinden. Oft bleibt als einzige Möglichkeit nur telefonische Unterstützung. Das Personal bleibt also gebunden, aber die vorherigen Umsätze können nicht mehr realisiert werden. Entsprechend steigt der Druck, zeitgemäße Remote- und Digitalservices zu entwickeln und einzuführen.
Augmented-Reality-Technologie für Remote Support
Auch der Frankenberger Heißkanalhersteller Günther hat erkannt, wie wertvoll eine Lösung für den Field Service basierend auf Augemnted Reality (AR, erweiterte Realität), also Augmented Support, sein kann. Schon seit November 2019 können sich die Servicetechniker der Kunden des nordhessischen Unternehmens durch den AR-Support intuitiv und intelligent unterstützen lassen.
Dr. Stefan Sommer, Prokurist und zuständig für die digitale Transformation bei Günther, legt die Vorteile von AR im Service- und Abmusterungsprozess für die Kunden dar: "In vielen Bereichen wird zunehmend auf digitale Prozesse umgestellt. Der Weg zum papierlosen Büro ist hierbei nur ein kleiner Schritt. Heute sind viele Ressourcen in der Produktion vernetzt, um eine effizientere, tagesgenaue Kapazitätsplanung zu ermöglichen. Auch neue, digitale Technologien werden nun verstärkt auf den Bereich Service und Anwendungstechnik ausgerollt. Und Augmented Reality bietet hierfür viele Vorteile. So lassen sich Wartungsaufgaben, aber auch Optimierungen von Prozessparametern an der Spritzgussmaschine effizienter und auch schneller durchführen. Vor allem aber: Der Kunde bekommt schneller Unterstützung und An- und Abreise entfallen."
Zugang zum neuen AR-Service leicht gestaltet
Seit November 2019 setzt das Unternehmen eine Softwarelösung von Inosoft für Service- und Abmusterungsprozesse ein und hat positive Rückmeldungen bekommen. "Anfangs wurde die Idee, Augmented Reality einzusetzen, noch belächelt, aber das hat sich ganz schnell geändert", erklärt Sommer. "Wir haben den Zugang zum neuen Service leicht gestaltet. Der Anwender kann sich telefonisch an seinen gewohnten Ansprechpartner im Hause Günther wenden und erhält dann eine spezielle Web-URL und zusätzlich einen QR-Code. Selbstverständlich kann der Erstkontakt auch per E-Mail erfolgen."
Für die Sitzung im Augmented Support mit dem passenden Ansprechpartner öffnet der Anwender den Link auf seinem mobilen Endgerät. Als zweite Option kann er auch den QR-Code scannen und über diese Funktion die AR-Support-Sitzung starten. "Der Anwender zeigt uns anschließend sein Anliegen mittels der Kamera seines Smartphones oder Tablets. So können wir ihn dann bequem zu einer Problemlösung führen", erklärt Sommer.
"Man muss sich das so vorstellen, als wenn jemand hinter einem steht und einen anleitet." Hierbei steht er in permanentem Kontakt mit einem Experten bei Günther, der über die Plattform per Audioübertragung direkt mit dem Kunden kommuniziert und zielgerichtet die entsprechenden Informationen oder Hilfestellungen augmentiert und durch sein Erfahrungswissen helfen kann. Natürlich wäre auch der Einsatz von Datenbrillen, sogenannten Head Mounted Displays wie Hololens von Microsoft oder Google Glass, möglich. Dies ist jedoch immer abhängig von der technischen Ausstattung unserer Kunden."
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Augmented Support gut angenommen
Mittlerweile wird der Augmented Reality Support vielfach, insbesondere auch für Fragen der Regel- und Steuerungstechnik genutzt, um zum Beispiel die Regelungsparameter anzupassen oder um den Spritzgussprozess zu optimieren und weitere Hilfestellung zu geben.
"Diese Art des Supports wird sehr gut angenommen, nicht nur wegen der momentanen Corona-Krise", so Stefan Sommer. "Die Kunden sind sehr offen, wenn wir sie auf diesen Service aufmerksam machen. Nur wenige blocken ab. Denn wir können so schnell eine Vorab-Diagnose nach einem sogenannten ‚First Look‘ stellen, ohne vor Ort zu sein."
So könnten gezielt Lösungen erarbeitet und mit dem Kunden live durch virtuelle Anweisungen im Augmented Support umgesetzt werden. Und die Technologie könne weltweit überall dort sinnvoll eingesetzt werden, wo konkreter, interaktiver Benutzersupport bei Serviceprozessen hilfreich ist.
"Im Dezember 2019 zum Beispiel hatte ein Kunde in Indien Probleme mit der Ansteuerung eines Heißkanalsystems mit seinem Regler. Zur Lösung dieser Angelegenheit hätte unser Chefanwendungstechniker extra zum Kunden fliegen müssen, da ein telefonischer Support aufgrund von Sprachbarrieren und Verwechslungen leider nicht zielführend war. Nachdem wir dem Kunden die Vorteile unseres AR-Service dargelegt hatten, war er bereit, sich darauf einzulassen", so Sommer. "Innerhalb einer halben Stunde hatten wir das Problem kostengünstig gelöst. Allein die An- und Abreise wäre ein erheblicher Kostenblock gewesen."
Günther Heisskanaltechnik
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