Ein Kampfpanzer Leopard 2 A6 in den HIL-Hallen in Munster. INSTANDHALTUNG durfte den Experten bei der Wartung und Reparatur über die Schulter schauen.

Ein Kampfpanzer Leopard 2 A6 in den HIL-Hallen in Munster. INSTANDHALTUNG durfte den Experten bei der Wartung und Reparatur über die Schulter schauen. - (Bild: Weinzierl)

"Autos" werden die Fahrzeuge liebevoll genannt, die von der Niederlassung Nord der HIL GmbH gewartet und repariert werden. Aber diese "Autos" haben ein Leergewicht von bis zu 72 Tonnen und sind schwer bewaffnet. Denn die Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) im niedersächsischen Munster kümmert sich nicht nur um die Instandsetzung normaler Kfz oder Lkw, sondern auch um Marder, Puma, Leopard und Co – die Panzer der Bundeswehr sowie die Bewaffnung der Fahrzeuge, Einheiten und Soldaten.

In den Kasernen in Munster wird so ziemlich alles instandgehalten, was das deutsche Heer an Fahrzeugen zu bieten hat. Dazu zählt nebem dem Kapfpanzer Leopard 2 auch der Schützenpanzer Marder – lange Zeit das Hauptwaffensystem der Panzergrenadiere (das erste Serienfahrzeug kam 1971 zur Truppe). Auch heute noch ist das unverwüstliche Kettenfahrzeug im Einsatz – obwohl sich sein Nachfolger, der Puma, schon im Zulauf der Truppe befindet. Der ‚Neue‘ hat allerdings noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen.

Darum werden die Marder weiter in Schuss gehalten – und kaum jemand dürfte den 'SPz'-Oldie so in- und auswendig kennen wie Thorsten Brusch, der stellvertretende Werkstattleiter in der Marder-Halle – er war, wie viele HIL-Spezialisten, früher selbst auf dem Waffensystem im Einsatz. Der Panzer hat im Laufe seiner Dienstzeit etliche Kampfwertsteigerungen, Verbesserungen und Nachrüstungen durchlaufen und Brusch kennt sie alle.

Die Panzer kommen in der Regel mit Ansage zur Instandhaltung in die Wartungshalle auf dem Gelände der Kaserne Panzertruppenschule, denn wie sämtliches Großgerät unterliegen sie bestimmten Prüffristen. Aber auch akute Schäden kommen den HIL-Instandhaltern in die Hände. "Darunter schon auch mal ein Auffahrunfall", erzählt Brusch. "Aber wenn bei einem Marder die Wanne verformt ist, dient als er Teileträger – eine Reparatur würde sich hier nicht rechnen."

Bilderstrecke: Panzer-Instandsetzung in Munster (Teil1)

Auch beim Panzer kracht es mal

Dann werden weiternutzbare Teile des Panzers, wie der Turm mit den Stationen für die 20-Millimeter-Maschinenkanone, das MG3, optischen Einrichtungen und – je nach Fahrzeugvariante – den Startern für die Milan- oder Mells-Lenkflugkörper, abmontiert. Auch Klimaanlagen und natürlich Motoren inklusive Getriebe werden ausgebaut, repariert, durchgeprüft und bei Bedarf eingelagert. Wobei MG, MK und Raketenstarter natürlich dem Kriegswaffenkontrollgesetz entsprechend während der Instandsetzung nicht einfach in der Halle herumliegen. "Wir haben eine entsprechende Waffenkammer", erklärt Brusch.

Auch die Motoren des Panzers finden immer wieder neue Verwendung. Die 600-PS-MTU-Aggregate sind das Herz des Systems Marder – und wiegen inklusive Getriebe 3,5 Tonnen. Der Austausch ist für die erfahrenen Mechaniker dennoch keine größere Aktion. "Anschlüsse ab, Kran dran, raus und neues Gerät rein", sagt Brusch. Was in Friedenszeiten die HIL in ihren blitzsauberen Hallen am Standort erledigt, müssen im Einsatz Soldaten im Feld oder auf einem Inst-Platz schaffen, also wurden derartige Vorgänge bewusst unaufwändig gehalten.

Optimierung der Panzer-Instandsetzung

Die Experten der HIL profitieren bei ihren Durchlaufzeiten aber nicht nur von dem durchdachten Wartungsplan des Geräts – sie achten auch selbst darauf, sich und ihre Arbeitsvorgänge stetig zu optimieren, erklärt der Leiter der Niederlassung, Hermann Meschede. Er hat etwa 253 Mitarbeitende zur Verfügung – teils Kräfte der HIL selbst, teils zum Unternehmen abgestellt und teils Soldaten. Damit stemmte er im Jahr 2019 satte 342.124 Produktivstunden. "2006 waren es noch 216.054", erklärt Meschede. "Und 2027 sollen es 529.568 werden."

Hermann Meschede, Leiter der HIL-Niederlassung Nord.
Hermann Meschede, Leiter der HIL-Niederlassung Nord. - (Bild: Weinzierl)

Dabei greifen die Instandhaltungsexperten der HIL auf Daten zurück, die ihnen die Übersicht über die vielen Fahrzeuge, Fristen und Standorte erleichtern. "Mit unserem Management Cockpit haben wir unter anderem Rückgabefristen, den Lieferservicegrad aus Sicht der Werkstatt und der Materialwirtschaft, Engpassvorgänge, Kosten, Personal, Durchlaufzeiten oder die Produktivität im Auge", erklärt Meschede.

Außerdem arbeitet die HIL an der Optimierung der vorhandenen Infrastruktur. Dazu gehören die Fortschreibung des Werkstattkonzeptes sowie die Aktualisierung des Werkstattbuches sowie der Aufbau von Referenzstützpunkten, deren Konzepte dann ausgerollt werden können. "Dazu kommen der Ausbau von Scanner- und Barcodetechnik, die Umsetzung von 5S und Lean-Bausteinen, Verschwendungsvermeidung oder Verbesserungen am Shopfloormanagement", sagt Meschede.

Ersatzteile kaum auf dem freien Markt verfügbar

Sebastian Bunke, stellvertretender HIL-Niederlassungsleiter in Munster.
Sebastian Bunke, stellvertretender HIL-Niederlassungsleiter in Munster. - (Bild: Weinzierl)

Die HIL möchte mit den Maßnahmen unter anderem die Wartezeiten auf Ersatzteile optimieren – das jedoch ist nicht ganz einfach. Denn wo ein ‚normales‘ Unternehmen Ersatzteile jederzeit auf dem freien Markt bestellen kann, ist das bei den militärischen Gütern wie zum Beispiel Leopard, Marder oder Puma, die von der HIL betreut werden, naturgemäß ein wenig anders, wie der stellvertretende Niederlassungsleiter in Munster, Sebastian Bunke, erklärt: "Bestimmte Ersatzteile erhalten wir über das Zentrallager der Bundeswehr. Diese Teile wurden von der Bundeswehr beschafft und werden uns zur Verfügung gestellt." Andere Teile wiederum kann die HIL selbst beschaffen.

Allerdings sind viele Teile des Geräts genauso speziell wie das Gerät selbst. "Das läuft dann über die Hersteller der Fahrzeuge", sagt Bunke. Das kann dann durchaus zu extrem langen Lieferzeiten führen, denn auch die Hersteller legen sich die teuren und aufwendigen Teile für die Instandhaltung beispielsweise eines Leopard 2 nicht zu Hauf ins Lager. Das mündet in Fällen von schwieriger Verfügbarkeitslage der Bundeswehr, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

Am Willen der Heeresinstandsetzungslogistik liegt es allerdings nicht, dass weniger Panzer oder andere Fahrzeuge im Einsatz sind als gewollt. "Wir haben zu garantieren, dass 70 Prozent des Materials einsatzbereit ist", sagt Bunke. Wenn den Instandsetzern ersatzteiltechnisch keine Steine in den Weg gelegt werden, schaffen sie das auch.

Kundenmanager in Uniform

Hauptmann Dirk Rösner, der regionale Kundenmanager, RKM, der HIL für die Region Delmenhorst.
Hauptmann Dirk Rösner, der regionale Kundenmanager, RKM, der HIL für die Region Delmenhorst. - (Bild: Weinzierl)

Das liegt auch an Kollegen wie Hauptmann Dirk Rösner. Er ist der RKM in der Niederlassung – der regionale Kundenmanager für die Region Delmenhorst. "Ich bin sozusagen Auge, Ohr und Sprachorgan der HIL bei den Kameraden", sagt Rösner, der als einer der wenigen im Team Uniform trägt. Seine Aufgaben sind dabei so vielfältig wie die seiner Kollegen ‚draußen‘: Er informiert Kunden über Verfahrensanpassungen, unterstützt sie in der Zusammenarbeit mit der HIL, beschafft planerische Informationen zur Erstellung der logistischen Bedarfsplanung (wann muss welches Gerät in welcher Anzahl wo sein und wie lange), er kümmert sich um logistische Daten vom Kunden zum Abgleich oder präzisiert die logistische Bedarfsplanung.

"Ich stimme außerdem die vom logistischen Planer erstellte Bedarfsplanung mit dem Kunden ab, berate zum Systemeinsatz oder plane mit dem Kunden die materialerhaltende Unterstützung für Übungen", erklärt Rösner. Seine Kunden sind die Verbände der Bundeswehr in seinem Zuständigkeitsbereich – entsprechend viel ist er unterwegs und vor Ort. Dabei wird jeder Verband mit HIL-migriertem Gerät durch einen fest zugeordneten RKM betreut – somit sind Rösner und seine Kollegen das Mittel, durch das der Verband aktiv auf die rollierende Instandhaltungs-Planung einwirken kann.

Logistik vom Apfelsaft bis zum Zylinderkopf

Braucht ein Panzer, eine Handwaffe oder ein Fahrzeug Ersatzteile (und sind sie verfügbar), dann laufen die Bestellungen für die Niederlassung Nord bei Robert Weber, dem Teamleiter Lagerlogistik, auf. Er ist mit seinen sechs Leuten in Sachen Versorgung der Herr über rund 50.000 Lagerbewegungen im Jahr.

Zweimal am Tag wird er mit allem beliefert, was die Instandhaltung und die Truppe braucht: Von der Schraube bis zum Motor, vom Apfelsaft bis zum runderneuerten Kettenlaufrad eines Leopard – spätestens nach 48 Stunden hat er seine Ware, sofern sie im Bundeswehr Zentrallager verfügbar ist. "Das ist zwar noch ein wenig langsamer als bei Amazon, aber es wird immer besser", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Ein dankbarer Abnehmer von Webers Ersatzteilen ist unter anderem Waffenmechaniker Jens-Peter Fabian. Er hat gerade ein schweres Maschinengewehr MG50 der Bundeswehr zur Instandhaltung in Einzelteilen auf seinem Tisch in der Waffenwerkstatt der Niederlassung. "Mit der Waffe wurde kaum geschossen, nur exerziert", sagt er, "und trotzdem muss man spezielle Teile immer wieder austauschen."

Hier haben die Soldaten nichts falsch gemacht – bei vielen der Waffen, die Fabian und seine Mitarbeiter auf den Tisch bekommen, ist das anders. Bilder von Schäden an Sturmgewehren G36, Maschinengewehren MG3 und Pistolen P8 zeigen, dass es immer wieder zu unsachgemäßer Behandlung kommt. "Das Gros der Waffen kommt aber in der Regel wegen Corona aussetzen oder verschieben?">zu den regulären Prüffristen in die Werkstatt und oft ist es einfach mangelnde Reinigung", sagt Fabian.

Waffenmechaniker Jens-Peter Fabian (li.) und Handwaffenmechaniker Sebastian Burchardt kümmern sich mit ihren Kollegen um die Wartung und gegebenenfalls um die Reparatur von G36, P8 und Co - im Bild hat Fabian ein schweres MG50 auf dem Tisch.
Waffenmechaniker Jens-Peter Fabian (li.) und Handwaffenmechaniker Sebastian Burchardt kümmern sich mit ihren Kollegen um die Wartung und gegebenenfalls um die Reparatur von G36, P8 und Co - im Bild hat Fabian ein schweres MG50 auf dem Tisch. - (Bild: Weinzierl)

Wartung beim Leopard 2: Heavy Metal

Läppische Dellen oder ähnliche Schäden sind an den größten Geräten, die die HIL GmbH in Munster instand hält, selten zu sehen. Dazu sind die Kampfpanzer Leopard 2 in ihrer Ausführung A6 zu massiv: "72 Tonnen bringt der komplette Panzer auf die Waage, alleine der Turm mit der 120-Millimeter-Glattrohrkanone wiegt über 20 Tonnen", erklärt Frank Jürgens, der stellvertretende HIL-Stützpunktleiter in der Kaserne des Ausbildungszentrums der Panzertruppenschule in Munster, einer der vier lokalen Kasernen. 

Der flüssigkeitsgekühlte V12-Viertakt-Vorkammer-Mehrstoffmotor des Typs MTU MB 873-Ka 501, den Jürgens‘ Kollegen gerade mit dem Hallenkran aus dem Kampfpanzer heben, hat ein Gewicht von acht Tonnen. Ähnlich wie beim kleinen Verwandten Marder sind die Vorgänge auch beim Leopard 2 bewusst einfach gehalten. Den Instandhaltern steht am Standort Munster ein Teststand zur Verfügung, in dem die Motoren der Panzer auf Herz und Nieren geprüft werden. Dazu werden die riesigen Aggregate auf einem speziellen Gestell montiert, an die diversen Flüssigkeiten angeschlossen, angelassen und dann per Software durchgecheckt.

Ein Thema in Sachen Hauptarbeitsstellen für die Instandhalter am Leopard 2 ist das Fahrwerk. "Das liegt daran, dass es ursprünglich für ein Gewicht von 55 Tonnen ausgelegt wurde", erklärt Jürgens, selbst ehemaliger Kampfpanzer-Kommandant. Jetzt – nach der Gewichtszunahme durch diverse Verbesserungen und Kampfwertsteigerungen – ist das Stützrollenlaufwerk mit seinen Lamellendämpfern und Drehstäben schon extrem gefordert, wenn das Automatikgetriebe den Leopard durchs schwere Gelände treibt. "Und wenn die Kameraden nicht aufpassen, kippt da auch ein Panzer mal um", sagt Jürgens und deutet auf den leicht verdreckten, kettenlosen Leopard 2 hinter sich.

Dann arbeiten die HIL-Experten mit Hochdruck daran, den Soldaten ihren Kampfpanzer wieder zur Verfügung zu stellen. Denn Großgerät ist nicht nur teuer – es ist mittlerweile auch selten und muss öfter repariert oder gewartet werden, wie Niederlassungsleiter Meschede erklärt. "Früher gab es – einfach gesagt – mehr Panzer als Besatzungen. Da hielt sich die Belastung für das Gerät in Grenzen. Heute sind die Fahrzeuge viel öfter in Gebrauch. Das erhöht natürlich den Verschleiß." Er ist froh, dass die Instandhaltung des Geräts nicht mehr als reiner Kostenfaktor, sondern als wesentliche Fähigkeit der Streitkräfte begriffen wird.

Bilderstrecke: Panzer-Instandsetzung in Munster (Teil 2)

Zweigeteilte Kampfpanzer-Werkstatt: links Motor, rechts Kanone

Um die Panzer also schnell wieder zur Truppe zu entlassen, ist die Halle für die Leopard 2 zweigeteilt. Auf der einen Seite sind die Kollegen mit Motor, Wanne und Fahrwerk beschäftigt. Auf der anderen Seite kümmern sich Experten um das Innenleben und die Waffenanlage. Sollte eines der Zielgeräte defekt sein, wird es in der Regel ausgetauscht und zum Hersteller geschickt.

Der Leopard 2 verfügt neben einem Turmzielfernrohr über einen elektro-optischen Entfernungsmesser, ein Wärmebildgerät, ein Periskop und einen leistungsfähigen Feuerleitrechner, der die Hauptwaffe auch bei schwerem Gelände aufs Ziel gerichtet hält. Damit und mit dem fest im Turm installierten, rohrparallelen Maschinengewehr sowie einem weiteren MG an der Luke des Ladeschützen ist der Kampfanzer gut gerüstet. Die Sicht bei geschlossenen Luken ist durch diverse Winkelspiegel und Periskope möglich – aber auch diese müssen regelmäßig gewartet oder repariert werden.

Wie gut das bei der HIL in der Zwischenzeit funktioniert, zeigt auch die Anerkennung, die sie durch die Truppe erfährt – wie nach einem aufwendigen Manöver in Norwegen: "Ohne die hohe Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Professionalität der HIL wäre die Vorbereitung auf den Auftrag (…) kaum zu leisten gewesen. Die Zusammenarbeit ist exzellent und absolut vertrauensvoll." Übersetzt: Alle Autos laufen. "So muss das sein", sagt Meschede.

Die HIL - Heeresinstandsetzungslogistik GmbH ist zuständig für die Planung, Steuerung und Durchführung der Materialerhaltung für landbasierte Waffensysteme und Geräte der Bundeswehr. Gegründet 2005, war sie bis 2013 Kooperationspartner der Streitkräfte und ist seitdem eine hundertprozentige Inhouse-Gesellschaft des Bundes. Die HIL leistet einen wesentlichen und messbaren Beitrag zur Sicherstellung der materiellen Einsatzbereitschaft der Streitkräfte.

Die Zentrale der HIL befindet sich in Bonn. Die GmbH verfügt über drei Werke, fünf Niederlassungen, 54 Stützpunkte, zehn Außenstellen und mobile Instandsetzungsteams. Insgesamt sind 2.200 Menschen bei der HIL beschäftigt.

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