Losgröße 1 liegt im Trend: Zum Frühstück ein Konsumprodukt – und das individuell auf den Geschmack abgestimmt. Es muss nicht jedem alles schmecken – schon gar nicht bei einem Müsli. Umso besser, wenn die Knuspermischung „on demand“ nur aus den eigenen Lieblingszutaten besteht – und dann auch noch per Post nach Hause geliefert wird. Industrie 4.0 zum Frühstück ist heute keine Zukunftsvision, sondern wird durch intelligente Maschinenautomatisierung möglich.
Dass die Prozesse einer individuellen Produktion heute bei vielen Unternehmen automatisiert umsetzbar sind, beweisen Hersteller wie SEW-Eurodrive immer wieder mit eindrucksvollen Showcases, zum Beispiel auf Messen. "Der Löffel, der deinen Namen trägt" war das Motto während der SPS-Messe im Herbst 2019, als es zum Müsli der eigenen Wahl einen individuell produzierten Löffel dazu gab. Was zunächst wie ein unterhaltsamer Messe-Gag klingt, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als ausgefeilter Showcase, wie die Produktion von Morgen mit bereits heute verfügbarer Technik aussehen kann.
Das Bruchsaler Unternehmen rüstete dafür die einzelnen Maschinenmodule mit vorbereiteten Movikit-Softwarebausteinen aus und brachte die Antriebs- und Automationstechnik darüber hinaus in einen vernetzten Produktionsverbund. Das Interessante dabei: SEW-Eurodrive nimmt bei derartigen Anlagen als Hersteller eine neue Rolle ein – und zwar die des Lösungsanbieters mit Hang zur Systemintegration. Joerg Peters, Leiter Product & Solution innerhalb des noch jungen SEW-Geschäftsfelds Maxolution Machine Automation (MMA): „Wir konzentrieren uns auf bestimmte Branchen, Maschinentypen und Anwendungen. Für die entwickeln wir Komplettpakete aus Hard- und Software, die über die klassische Antriebstechnik, wie wir sie heute kennen, hinausgehen. Wir sprechen bei dieser Linie von einer modularen Maschinenarchitektur.“
Hat Geschmack: Losgröße 1 to go
Die in Nürnberg gezeigte Anlage vereinte ganz unterschiedliche Funktionsbereiche zu einem Ganzen. Auf der einen Seite gab es den Müsli-Bereich mit einer großen Sortenvielfalt, damit jeder Kunde voll auf seinen Geschmack kommt. Auf der anderen Seite gab es die für den Müsligenuss notwendigen Löffel – und die wurden auch noch mit einer individuellen Lasergravur versehen. Was draufsteht, ließ sich über ein Online-Bestellportal frei wählen – auch welches Müsli dazu gehört. Löffel links, Müsli rechts – dazwischen zahlreiche Handlings- und Transporttechnik und vor allem auch jede Menge vernetzte Intelligenz. „Wir wollen über unsere Antriebstechnik hinaus die komplette Automation anbieten, um den Kunden die Arbeit zu erleichtern“, unterstreicht Joerg Peters. Dazu gehöre auch, dass die eingesetzte Automatisierung und Steuerungstechnik Verbindung halten muss zur übergeordneten Intelligenz eines ERP-Systems – bis hin zur mittelbaren Anbindung an Online-Shopsysteme und Konfiguratoren.
Aus dem Blickwinkel der Automatisierung heraus greift SEW-Eurodrive bei der Löffelgravur im Inneren des Anlagenteils auf unterschiedliche Maschinenmodule aus dem kontinuierlich wachsenden Lösungsportfolio der Maxolution Machine Automation (MMA). Hierzu zählen im Einzelnen zwei Tripoden mit Roboterkinematik, ein Zuführband, der Rundschalttisch sowie ein umlaufendes Förderband mit Fächerkette zum Gruppieren der Löffel. Zur Lageerkennung der händisch zugeführten Löffel setzt SEW ein auf glänzende Oberflächen spezialisiertes Kamerasystem von Sick ein. Dieses haben die Bruchsaler im Rahmen ihrer MMA-Lösungsstrategie mit in den Ablauf integriert. Die Einheit hat die Aufgabe, die Lage der Löffel auf dem Förderband zu ermitteln und die Positionsdaten an den Tripodroboter zu übergeben. Dank der Automatisierungstechnik ist der Roboter jetzt in der Lage, die Löffel sicher zu greifen und in den Rundschalttisch zu legen. Von dort geht es dank automatisierter Prozesse in die Lasergravur und nach Fertigstellung in die Auftragskommissionierung.
Wissen weiterverwenden
„Lasergravur und Lageerkennung sind auf den ersten Blick sicher keine vordergründigen Themen eines Antriebs- und Automatisierungsherstellers. Wenn wir das aber als Lösung für eine wiederkehrende Maschinenaufgabe innerhalb der Maxolution Machine Automation verstehen, dann zählt die Integration von Funktionen außerhalb des eigenen Produktspektrums nun mal dazu“, erklärt Joerg Peters. Mit dieser Herangehensweise verfolgt SEW-Eurodrive das Ziel, auch Sondermaschinenbauer zu entlasten, indem sie wiederkehrende Funktionen einbaufertig beziehen und nur noch anpassen müssen.
Dieser Ansatz reicht so weit, dass die Bruchsaler auch kundenspezifische Movikits mit definierter Funktion speziell für den Kunden entwickeln. Peters: „Das Know-how des Maschinenbauers fließt dann in der gemeinsamen Zusammenarbeit geschützt in ein SEW-Modul ein. Unser Kunde profitiert vom individuellen Mehrwert seiner Lösung und kann diesen Baustein auch noch wiederverwenden, da dieser modulartig erweiterbar ist. Das ist intelligente Maschinenautomatisierung.“ Diese Arbeitsweise macht also den Weg frei, die Maschine während ihrer Betriebsphase zu einem späteren Zeitpunkt recht einfach umzurüsten oder auch zu erweitern.
Jobs flexibel und effizient erledigen
Zurück zu Löffel und Müsli und zurück zur vernetzten Produktion von Waren in Losgröße 1. Bei der in Nürnberg gezeigten Anlage ist es ein intelligentes Portalsystem, das die Konfektionierung der mit Namen versehenen Löffel mit der dazu passenden Müslimischung übernimmt. Das Portal muss also einerseits den reinen Materialfluss sicherstellen, andererseits auch eigenständig zwei komplett unterschiedliche Aufgabenbereiche miteinander koordinieren und dabei für die effiziente Abwicklung der durchzuführenden Arbeit sorgen.
Hierbei besteht eine wesentliche Herausforderung darin, eine im ERP-System vorliegende Bestellung in einen effizient ablaufenden Produktionsauftrag zu übersetzen. „Dafür brauchen wir Auftragsregister“, führt Joerg Peters aus. Statt Jobs einfach hintereinander zu legen und jede Station zeitraubend auf die andere warten zu lassen, wickelt sich der Verbund in sich optimiert selbst ab. Dafür ist im System ein flüchtiger Warenspeicher eingebaut, der die passende Müsli-Sorte aus einem unsortierten Lager per Kameraanalyse und Greiferportal passend zum gerade fertigen Löffel kommissioniert. Beides legt die Maschine dann in einer Sekundärverpackung ab, die von dort weiter in den Versand gegeben wird. „Die intelligente Vernetzung unterschiedlicher Module mit Speicherfunktionen macht es möglich, Teile eines Auftrags vorzuproduzieren oder bereichsweise auch Leistungen energetisch sinnvoll zu drosseln“, erklärt Joerg Peters.
Wer modular in Losgröße 1 produzieren will, muss modular automatisieren, denn Maschinen von heute müssen für die Anforderungen von morgen vorbereitet sein. Weitere Informationen zur digitalen Maschinenautomatisierung mit SEW-Eurodrive erhalten Sie hier.
Trends in der Verpackungsindustrie
Aus unserer Sicht sind die entscheidenden Trends in der Verpackungsindustrie die Themen Nachhaltigkeit durch die Verwendung abbaubarer und umweltverträglicher Verpackungsmaterialien sowie die Einsparung von Ressourcen in der Produktion. Es geht hierbei um Einsparung von Energie und Reduzierung von Verpackungsmaterialien.
Bei den umweltverträglichen Verpackungen besteht die Herausforderung einerseits darin, Materialien zu nutzen, die von der Umwelt leicht abbaubar sind, die aber gleichzeitig auch die Qualität der Lebensmittel nicht beeinträchtigen. Außerdem müssen die Maschinen und deren Prozesse auf das Material ausgelegt sein. Der Prozess von Folienverschweißung hat sich seit Jahren bewährt. Wenn Alternativen wie zum Beispiel Papier zum Einsatz kommen, müssen Maschinen mit anderen Technologien verwendet werden.
Die Möglichkeiten für die Einsparung von Energie sind seit vielen Jahren im Fokus. SEW-Eurodrive hat sich dieses Themas mit dem innovativen und intelligenten Energiemanagementsystem PE-S bereits angenommen und gezeigt, dass dabei nicht nur Energie gespart werden kann, sondern dass auch die OEE (Overall Equipment Effectiveness) in der Produktion erhöht wird, indem das System plötzliche Spannungsausfälle abfangen kann und die Produktionsmaschinen so noch für einen gewissen Zeitraum sicher und ohne Kollision produzieren können.
Zum Thema Einsparpotential lässt sich neben dem Thema Energie auch der Trend hinsichtlich der Reduzierung von Verpackungsmaterialien anfügen. Hier gibt es bereits Maschinenbauer, die auf der einen Seite zum Beispiel die Verpackungsgröße individuell auf den Inhalt anpassen - dies erfordert Maschinen, die intelligent auf Formatänderungen reagieren und den Formatwechsel der Verpackungen sehr präzise umsetzen. Auf der anderen Seite werden in manchen Maschinen spezielle Verpackungsmaterialien verwendet, die den Einsatz von zusätzlichen Heizquellen zwecks Schrumpfprozess nicht mehr notwendig machen.
Zum Schluss sollte man noch auf das Thema Lebensmittelsicherheit eingehen. Da Hygiene und Gesundheit immer wichtiger sind, werden auch Reinigungsprozesse intensiviert. Die Vorschriften werden strenger, aber gleichzeitig soll sich der Energie- und Wasserverbrauch nicht negativ auf diese Anforderungen auswirken. Maschinen und Anlagen müssen daher so konzipiert sein, dass diese leicht und schnell zu reinigen sind, ohne dass sich Rückstände in Form von Bakterien oder Keimen bilden. Das Equipment in den Maschinen muss hierbei zum Teil sehr aggressiven Reinigungsmitteln standhalten.