Mehrere Wärmepumpen stehen in einer Industriehalle

Auch wenn die Investitionskosten für Wärmepumpen vergleichsweise hoch sind, punkten sie mit geringeren Betriebskosten und CO2-Emissionen sowie höherer Versorgungssicherheit. Natürlich vorausgesetzt, dass sie mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. (Bild: Viessmann)

Wärmepumpen nutzen vorhandene Wärme und bringen sie mithilfe von Strom und einem Kältemittel auf ein höheres Temperaturniveau. Die Voraussetzung für den Einsatz einer Wärmepumpe ist damit eine geeignete Wärmequelle. Hierfür reichen schon Temperaturen von wenigen Plusgraden aus. Das heißt, dass sich auch bislang ungenutzte Abwärme nutzen lässt, etwa aus Produktionsprozessen, Kälteanlagen oder Kühlsystemen, Blockheizkraftwerken oder der Drucklufterzeugung, ebenso (Ab-)Luft und (Ab-)Wasser oder Wärme aus dem Boden.

Die Art der Wärmequelle beeinflusst maßgeblich die Investitions- und Betriebskosten: Eine Erschließung von Quellen in Form von Geothermie, Grund- oder Oberflächenwasser ist erheblich teurer als die Verwendung der Umgebungsluft. Dieser Nachteil kann sich durch einen effizienteren Betrieb der Wärmepumpe jedoch wieder ausgleichen. Ob und wann das der Fall ist, lässt sich nur für jeden Einzelfall individuell beantworten. Doch es gibt einige allgemein gültige Faktoren.

So ist Abwasser als Wärmequelle meist nur dann wirtschaftlich sinnvoll nutzbar, wenn es nicht verschmutzt ist, sodass keine Investitionen für Reinigungsprozesse nötig sind. Rücklaufwasser aus Kälteprozessen ist hingegen hervorragend geeignet. Immer mehr Kälteanlagen sind deshalb bereits direkt mit Anschlüssen für Wärmepumpen ausgestattet.

Wie wirtschaftlich ist der Betrieb einer Wärmepumpe?

Die entscheidende Messgröße für den wirtschaftlichen Betrieb einer Wärmepumpe ist der COP (Coefficient of Performance). Er gibt an, wie effizient sie arbeitet und hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab:

  •   Temperaturhub: Je kleiner der Temperaturhub – das heißt der Temperaturunterschied zwischen der Wärmequelle und der erforderlichen Vorlauftemperatur, die als Wärmebedarf benötigt wird – desto höher der COP. Zum Beispiel erreicht die Wärmepumpe bei einem Temperaturhub von 20 Kelvin einen COP von fünf bis sechs. Das bedeutet, dass sie aus einer kWh elektrischer Energie fünf bis sechs kWh thermische Energie erzeugt. Beträgt der Hub 40 Kelvin, liegt der COP zwischen vier und fünf. Auch dann noch ist der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe verglichen mit Technologien, die fossile Energieträger nutzen, nicht zu schlagen.

  • Verdichter und Kältemittel: Sie haben großen Einfluss sowohl auf den COP als auch auf die maximal erreichbare Temperatur. Deshalb ist bei der Auswahl einer Wärmepumpe darauf zu achten, dass Verdichter und Kältemittel optimal zum erforderlichen Temperaturniveau passen.

  • Nutzung von Wärme und Kälte: Eine Wärmepumpe erzeugt immer sowohl Wärme als auch Kälte. Die Kälte entsteht dort, wo Wärme entzogen wird, also an der Wärmequelle. Damit ist der Einsatz einer Wärmepumpe besonders lohnend, wenn sie zwischen Prozessen eingebunden wird, die Wärme und Kälte benötigen – vor allem, wenn das kontinuierlich der Fall ist. Dann arbeitet die Wärmepumpe höchst effizient, weil sie Wärme und Kälte hauptsächlich verschiebt anstatt das Energieniveau zu erhöhen. Voraussetzung für diese Doppelnutzung ist eine gewisse räumliche und zeitliche Nähe des Kälte- und Wärmebedarfs. Sind diese nur bedingt gegeben, kann es sinnvoll sein, einen Speicher einzusetzen.

Zentraler oder dezentraler Einsatz der Wärmepumpe

Ein weiterer Schlüsselfaktor für die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe ist ihr zentraler oder dezentraler Einsatz. Eine dezentrale Wärmeerzeugung direkt an den verschiedenen Verbrauchern ist häufig wirtschaftlicher, weil das Temperaturniveau an den jeweiligen Prozess angepasst werden kann. Zudem ist keine Temperatur- beziehungsweise Druckreduktion an einzelnen Verbrauchern nötig, auf ein verlustbehaftetes Wärme- und Kälteverteilnetz kann verzichtet werden.

Dabei gilt es jedoch auch zu beachten, welche Maßnahmen nötig sind, um die Wärmepumpe in den jeweiligen Produktionsprozess zu integrieren. Fallen diese sehr kostenintensiv aus, zum Beispiel weil ein leistungsstärkerer Stromanschluss verlegt werden muss, gilt es den Einsatzfall genau zu betrachten.

Weil die Wärmepumpe mit Strom betrieben wird, spielt für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auch der Stromtarif eine Rolle. Energieintensive Unternehmen können von dem steigenden Stromverbrauch nach aktueller Gesetzeslage sogar profitieren (StromNEV § 19): Erreichen sie mehr als 7.000 Volllaststunden im Jahr, reduziert sich ihr Netzentgelt durch die 7.000-Stunden-Regelung auf 20 Prozent. Übersteigt der Verbrauch 7.500 Volllaststunden sinkt der Anteil auf 15 Prozent, ab 8.000 Stunden auf zehn Prozent.

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Wie klimafreundlich ist eine Wärmepumpe?

Hinsichtlich der CO2-Emissionen ist eine Wärmepumpe aufgrund ihres hervorragenden Wirkungsgrads eine klimafreundliche Alternative zu Technologien, die fossile Energieträger wie Öl oder Gas nutzen. Wie stark sie die CO2-Bilanz verbessert, hängt neben ihrem COP in erster Linie vom Strommix ab. Wird sie mit grünem Strom betrieben, arbeitet sie CO2-neutral.

In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, über eine PV-Anlage nachzudenken. Unternehmen, die geeignete Dach- oder Freiflächen zur Verfügung haben, können die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe damit noch weiter erhöhen. Denn viele industrielle Prozesse laufen tagsüber, sodass sich während der Sonnenstunden ein großer Teil des selbsterzeugten Stroms für den Betrieb der Wärmepumpe nutzen und so der Netzstrombezug reduzieren lässt.

Welche Temperaturen lassen sich mit einer Wärmepumpe erreichen?

Aktuell erzeugen Wärmepumpen meist eine Temperatur von bis zu 60 °C, technisch ausgereifte Hochtemperatur- (HT) Wärmepumpen erzielen bis zu 140 °C. In naher Zukunft sind jedoch auch Modelle mit einer Vorlauftemperatur von bis zu 200 °C zu erwarten.

Mit konventionellen Kältemitteln werden Temperaturhübe von etwa 60 Kelvin erreicht. Größere Temperaturhübe lassen sich realisieren, indem man mehrere Wärmepumpen mit unterschiedlichen Kältemitteln hintereinanderschaltet. Das gibt Unternehmen auch mehr Flexibilität: Einzelne Geräte können dann je nach Bedarf zu- oder abgeschaltet werden.

In manchen Fällen ist es auch sinnvoll, eine Wärmepumpe nur zur Vorerwärmung zu nutzen, um den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren und eine gewisse Menge an CO2-Emissionen einzusparen.

Dr. Tobias Meißner ist Projektentwickler bei der MVV Enamic GmbH
(Bild: MVV Enamic GmbH)

Der Autor, Dr. Tobias Meißner, ist Projektentwickler bei der MVV Enamic GmbH.

Welche Förderprogramme können genutzt werden?

Die Investitionskosten einer Wärmepumpenanlage übersteigen die einer Gaskesselanlage derzeit noch deutlich. Mit Fördermitteln lässt sich die Differenz erheblich verkleinern. Denn Wärmepumpen, deren Wärme 'zu über 50 Prozent für Prozesse, das heißt zur Herstellung, Weiterverarbeitung oder Veredelung von Produkten oder zur Erbringung von Dienstleistungen verwendet wird', werden durch das Förderprogramm 'Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft' (EEW) mit einer Förderquote von bis zu 55 Prozent gefördert. Wärmepumpen zur Erzeugung von Raumwärme werden im Rahmen der 'Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude' (BEG) gefördert.

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Frau hält ein Tablet in der Hand und wählt auf dem Display Beiträge aus, die außerhalb des Tablets virtuell angezeigt werden
(Bild: mi connect)

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Fazit

Trotz relativ hoher Investitionskosten ist der Einsatz einer Wärmepumpe für viele Industrieunternehmen sinnvoll. Denn sie punktet mit geringeren Betriebskosten und CO2-Emissionen sowie höherer Versorgungssicherheit. Das gilt ganz besonders für Unternehmen mit einer nutzbaren Wärmequelle sowie Wärme- und Kältebedarf, zum Beispiel in der Lebensmittelbranche, der Papierindustrie oder in Teilen der Chemieindustrie.

Jedes Unternehmen und jeder Einsatzfall sollten jedoch individuell betrachtet werden, um das technische, wirtschaftliche und ökologische Optimum zu erreichen. Eine solche Betrachtung sollte nicht nur alle Bedingungen vor Ort umfassen, sondern auch den Energiemarkt.

überarbeitet von: Dietmar Poll

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