Industrie 4.0 Symbolbild

Das Industrie 4.0 Barometer von MHP und der LMU zeigt Chinas deutlichen Vorsprung bei Digitalisierungsfortschritten auf. Bei nahezu jedem Industrie-4.0-Aspekt baut China derzeit seinen Vorsprung aus. (Bild: VicenSanh - stock.adobe.com)

Die Digitalisierung der Industrie schreitet weltweit weiter voran. Tatsächlich hat der Fortschritt im Vergleich zum Vorjahr noch einmal an Fahrt aufgenommen – und zwar trotz der insgesamt schwierigen Rahmenbedingungen. Das ist eine zentrale Erkenntnis des Industrie 4.0 Barometers, das die Management- und IT-Beratung MHP gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) erstellt hat. Befragt wurden für die Studie 856 Personen von Industrieunternehmen aus China, den USA, Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie dem Vereinigten Königreich.

„Wir konnten bei sämtlichen Technologien eine positive Entwicklung registrieren“, sagt Prof. Dr. Christina Reich von der FOM Hochschule für Oekonomie & Management sowie Managerin bei MHP. „Wir sehen beispielsweise am Barometerwert von 60 Prozent bei Ortungstechnologien – das sind 11 Prozentpunkte mehr als 2023 –, dass in diesem Bereich noch mehr Technologien partiell oder vollständig im Einsatz sind, die Einzelteile von Produkten oder Endprodukte über die gesamte Wertschöpfungskette orten können, als im vergangenen Jahr. Denn 2023 lag dieser Wert noch bei 49 Prozent, 2022 bei 43 Prozent. Wir sind hier also auf einem stetigen und guten Weg.“

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

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Regionale Unterschiede sind deutlich

Allerdings lassen sich – wie schon in der Vergangenheit – deutliche Unterschiede beim Vergleich der einzelnen Länder feststellen. Während in China 66 Prozent der an der Studie Teilnehmenden angeben, partiell oder vollständig Ortungstechnologien zu nutzen, in den USA 64 Prozent und im Vereinigten Königreich 47 Prozent, sind es in der DACH-Region lediglich 36 Prozent. Hier haben zudem 30 Prozent der Befragten auch gar nicht vor, daran etwas zu ändern.

Noch gravierender sind die Unterschiede beim Thema Digitaler Zwilling: In China haben 72 Prozent der befragten Unternehmen partiell oder vollständig ein digitales Abbild der gesamten Logistik etabliert, das Prozess- und Zustandsdaten erfasst. In den USA sind es 43 Prozent, im Vereinigten Königreich 29 Prozent und in der DACH-Region 25 Prozent. Und während in der DACH-Region 41 Prozent der Teilnehmenden sagten, keine autonomen Maschinen oder Roboter zu nutzen, bestätigten das in den USA 28 Prozent – und in China gaben das nur 2 Prozent an.

KI-Potenzial ist erkannt, wird aber noch nicht konsequent genutzt

Prof. Dr. Christina Reich: „Im Grunde findet sich dieses Bild bei allen Industrie-4.0-Aspekten: China führt mit erheblichem Abstand – mittlerweile liegen auch die USA fast überall ein gutes Stück zurück. Das Vereinigte Königreich folgt in der Regel auf dem dritten Rang. Die DACH-Region hat meist den größten Nachholbedarf.“

Das ist auch bei der Industrial AI so, die in diesem Jahr bei der Untersuchung im Fokus stand: In China setzen 94 Prozent der befragten Unternehmen bereits KI-basierte Lösungen in den Fertigungsprozessen ein. Das sind mehr als doppelt so viele Unternehmen wie in den USA, die mit 46 Prozent folgen. Im Vereinigten Königreich gaben 29 Prozent der Teilnehmenden an, KI-basierte Lösungen im Einsatz zu haben, in der DACH-Region 20 Prozent. Besonders bemerkenswert ist diese Divergenz, weil 6 Prozent aller Befragten die Auswirkungen von KI in Fertigungsprozessen in den kommenden Jahren als grundlegend einschätzen, 22 Prozent als sehr hoch, 32 Prozent als hoch und 27 Prozent immerhin noch als moderat.

„Das enorme Potenzial von Industrial AI haben eigentlich alle erkannt. Umso bedenklicher ist aus unserer Sicht, dass insbesondere im Vereinigten Königreich und in der DACH-Region verpasst wird, dieses Potenzial auch zu nutzen“, sagt Prof. Dr. Johann Kranz, Professor für Digital Services and Sustainability an der LMU. Ein entscheidender Grund für die deutlichen Unterschiede zwischen den Ländern bei KI-basierten Lösungen ist der Mangel an entsprechend qualifizierten Mitarbeitenden. In China stimmten 88 Prozent der Befragten der Aussage zu, über ausreichend viele Teammitglieder zu verfügen, um die Arbeit in KI-Projekten zu erledigen. In der DACH-Region bejahten das nur 36 Prozent.

Fachkräftemangel ist größtes Hemmnis

Überhaupt ist der Mangel an Fachkräften das größte Hemmnis bei der Einführung von Industrie-4.0-Technologien. Weltweit sehen das 52 Prozent der Teilnehmenden so. Es folgen das Vorhandensein von Legacy-Systemen (vereinfacht ausgedrückt: veraltete beziehungsweise inkompatible Unternehmenssoftware) und die komplizierte Einbindung ins Tagesgeschäft mit einer Zustimmung von jeweils 47 Prozent. Bemerkenswert: Im Vorjahr war die unsichere Bewertung des Returns on Investment mit 67 Prozent noch das am häufigsten genannte Argument. In der diesjährigen Untersuchung stimmten dem nur noch 43 Prozent der Befragten zu.

Industrie 4.0 Barometer 2024 Ergebnisse Fachkräftemangel
Über die Hälfte der Befragten gaben als größtes Hemmnis bei der Einführung von Industrie-4.0-Technologien die Problematik des Fachkräftemangels an. (Bild: MHP)

Absolut positiv wirkt es sich auf die Einführung von Industrie-4.0-Technologien und die Realisierung von KI-Projekten aus, wenn der Chief Information Officer (CIO) Teil der Geschäftsführung ist. Ist das der Fall, schneiden Unternehmen bei allen Aspekten besser ab. Beispielsweise bewerten Teilnehmende aus solchen Unternehmen den eigenen KI-Reifegrad um 91 Prozent höher als Teilnehmende aus Unternehmen ohne CIO in der Geschäftsführung. Und sie sind mit der Finanzierung von KI-Projekten signifikant zufriedener. Dass China bei nahezu allen Industrie-4.0- und Industrial-AI-Aspekten den Ton angibt, lässt sich deshalb auch mit einem Blick auf die Rolle des CIOs erklären: Bei 48 Prozent aller befragten Unternehmen ist der CIO Teil der Geschäftsführung. In China ist er das in 83 Prozent aller Fälle.

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Über das Industrie 4.0 Barometer 2024

  • Das Industrie 4.0 Barometer 2024 wird von der Management- und IT-Beratung MHP in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) herausgegeben.
  • An der Befragung, die im Jahr 2023 zum sechsten Mal durchgeführt wurde, nahmen 856 Personen, die in Industrieunternehmen aus China (248), den USA (204), der DACH-Region (203) und dem Vereinigten Königreich (201) beschäftigt sind, teil.
  • Der zugrundeliegende Fragebogen bezieht sich wegen der Vergleichbarkeit in jedem Jahr auf die vier Themencluster Technologie, IT-Integration, Strategie und Ziele sowie Hemmnisse und Treiber.
  • Ergänzend hierzu wurde diesmal das Fokusthema Industrial AI genauer untersucht.
  • Der empirische Teil wird durch Interviews mit verschiedenen Experten und die Vorstellung erfolgreicher Industrie-4.0-Anwendungsfälle ergänzt.

Quelle: MHP Management- und IT-Beratung GmbH

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