Erfolgreiche Umsetzung von Machine-Vision-Projekten

Industrielle Bildverarbeitung für präzise Qualitätskontrollen

Industrielle Bildverarbeitung, Machine Vision oder auch automatische Sichtprüfung - gemeint ist immer das gleiche Grundprinzip: Mit einer digitalen Kamera werden Bilder eines Prüflings aufgenommen und von einem Computer ausgewertet.

Veröffentlicht Geändert
Mit KI und maschinellem Lernen als Verfahren zur Bildauswertung vergrößert sich die Vielfalt der Aufgaben, die mit industrieller Bildverarbeitung gelöst werden können.
Mit KI und maschinellem Lernen als Verfahren zur Bildauswertung vergrößert sich die Vielfalt der Aufgaben, die mit industrieller Bildverarbeitung gelöst werden können.

Der Computer entscheidet, ob der Prüfling den Vorgaben entspricht. Ob also ein Zahnrad alle Zähne hat, an einem Bohrloch noch Späne anhaften, das Glas von einem Behälter verunreinigt oder ein Aufdruck auf einem Etikett gut lesbar ist, ein Bildschirm überall die gleiche Helligkeit hat, in einer Schachtel alle Kekse sind, ein Blech einen Kratzer aufweist oder alle Bauteile auf einer Elektronikplatine vorhanden und richtig verlötet sind. Die Liste der Prüfaufgaben in der Industrie ließe sich beliebig fortsetzen.

Kamerasysteme können Geometrien berührungslos vermessen

Bei hochwertigen Produkten erfolgt eine Prüfung oft nach jedem Bearbeitungsschritt, nicht nur zum Schluss bei der Endkontrolle. Doch eignen sich die Kamerasysteme nicht nur zum zerstörungsfreien Prüfen im Fertigungstakt. Mit ihnen können auch Geometrien berührungslos vermessen werden oder die Position von Bauteilen, beispielsweise auf einem Transportband, bestimmt werden, um die Teile anschließend mit einem Roboter zu greifen.

KI und maschinelles Lernen als Verfahren zur Bildauswertung

Oberflächenprüfung mit einem Bildverarbeitungssystem
Oberflächenprüfung mit einem Bildverarbeitungssystem.

Wenn die zu inspizierenden Produkte eine große Variantenvielfalt haben - sei es hinsichtlich Farbe, Oberflächenbeschaffenheit oder Geometrie - oder wenn die Einsatzbedingungen vor Ort variabel und vorab womöglich gar nicht im Detail bekannt sind, lohnt es sich, mit den Bildverarbeitungsanbietern zu sprechen, auch wenn diese vor einigen Jahren allesamt keine Lösung anbieten konnten. Mit Künstlicher Intelligenz könnte die Aufgabe nun gelöst werden.

Potenzial der Bildverarbeitung voll ausgeschöpfen

Eine Gut-schlecht-Entscheidung des Visionsystems mag verhindern, dass schlechte Produkte ausgeliefert werden. Der Messwert, der zu dieser Entscheidung geführt hat, kann eine Anlagendrift frühzeitig anzeigen und womöglich verhindern, dass überhaupt Schlechtteile entstehen. Ob mit KI oder ohne: Immer müssen sich Anbieter und Anwender über die Aufgabe, die Einsatzbedingungen und die Erwartungen an das Machine-Vision-System verständigen, damit die Lösung am Ende passt und das Potenzial der Bildverarbeitung voll ausgeschöpft wird.

Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632 als gemeinsamer Standard

Hier setzen die Richtlinien der Reihe VDI/VDE/VDMA 2632 „Industrielle Bildverarbeitung“ an. Sie befähigen Anbieter und Anwender von Machine-Vision-Systemen zur Kommunikation auf Augenhöhe. Sie beschreiben die Grundlagen der optischen Mess-, Prüf- und Positioniersysteme, geben Tipps zur Erstellung von Lasten- und Pflichtenheften und beschreiben Verfahren zur Abnahme klassifizierender Bildverarbeitungssysteme. Bei der Klassifikation geht es darum, unterschiedliche Fehlertypen wie Kratzer, Flecken, Risse, Dellen zu unterscheiden und für die Qualität irrelevante Dinge wie Staub oder Wassertropfen nicht als Fehler auszusortieren. Mit vollständigen Anforderungen, definierten Rahmenbedingungen und eindeutigen Verfahren zur Abnahme schaffen die Richtlinien die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektabwicklung und sind für Anbieter, Integratoren und Anwender von Bildverarbeitungssystemen gleichermaßen nützlich.

VDMA als aktiver Mitgestalter und Impulsgeber

Der VDMA hat den Nutzen der Richtlinienreihe für seine Mitglieder im Maschinen- und Anlagenbau erkannt und empfiehlt diesen seit 2015 die Arbeit mit diesen Richtlinien. VDMA-Mitglieder sind im zuständigen Fachausschuss der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik aktiv und bringen die Perspektive der Anwenderseite ein. Der VDMA ist fachlicher Mitträger der Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632 und stellt die Richtlinien in Fachbeiträgen, auf Messen und Tagungen sowie auf seiner Website vor. "Wir danken dem VDMA für seine Unterstützung in den vergangenen zehn Jahren und freuen uns auf das, was der technologische Fortschritt bringen wird. Mit KI und den Impulsen von technologisch verwandten Anwendungsfeldern wie der Smartphone-Fotografie, dem autonomen Fahren, der Robotik und der medizinischen Bildgebung wird es auch in Zukunft neue Anwendungsfelder für kamerabasierte Inspektionssysteme in der industriellen Mess- und Automatisierungstechnik geben. Die Richtlinien der Reihe VDI/VDE/VDMA 2632 werden daher kontinuierlich an den Stand der Technik angepasst", sagt Erik Marquardt von der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik.

Quelle: VDI

📌 FAQs zur industriellen Bildverarbeitung

1. Was versteht man unter industrieller Bildverarbeitung/Machine Vision?

Industrielle Bildverarbeitung (auch „automatische Sichtprüfung“) bezeichnet den Einsatz von digitalen Kamerasystemen, deren Bilder durch Computer ausgewertet werden. Daraus leitet das System eine Entscheidung ab, ob ein Prüfling den Vorgaben entspricht oder nicht.

2. Welche typischen Prüfaufgaben gibt es?

  • Vollständigkeit (z. B. alle Zähne am Zahnrad, alle Bauteile auf Platinen)

  • Sauberkeit (keine Späne im Bohrloch, keine Fremdkörper im Glasbehälter)

  • Oberflächenqualität (Kratzer, Risse, Dellen, Flecken)

  • Lesbarkeit (Etikettenaufdruck, gleichmäßige Bildschirmhelligkeit)

  • Vollständigkeit in Verpackungen (z. B. alle Kekse in der Schachtel)

3. Welche zusätzlichen Einsatzmöglichkeiten gibt es?

  • Berührungslose Vermessung von Geometrien

  • Positionsbestimmung von Bauteilen, z. B. auf Förderbändern zur Roboterhandhabung

  • Früherkennung von Anlagendrift, bevor Schlechtteile entstehen

4. Was sind die Herausforderungen?

  • Hohe Variantenvielfalt bei Produkten (Farbe, Oberfläche, Geometrie)

  • Variable und schwer vorhersehbare Einsatzbedingungen vor Ort

  • Abgrenzung zwischen relevanten Fehlern (Kratzer, Risse) und irrelevanten Störungen (Staub, Wassertropfen)

5. Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI)?

Früher nicht lösbare Aufgaben können heute durch KI unterstützt werden. KI verbessert die Klassifikation und ermöglicht flexiblere Systeme, die auch bei variierenden Bedingungen zuverlässig arbeiten.

6. Warum sind Standards und Richtlinien wichtig?

Die Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632 „Industrielle Bildverarbeitung“ sorgt für:

  • klare Kommunikation zwischen Anbietern und Anwendern

  • Hilfestellung bei Lasten- und Pflichtenheften

  • definierte Verfahren zur Abnahme von Bildverarbeitungssystemen

  • einheitliche Klassifikationskriterien für Fehler

7. Welche Rolle spielt der VDMA?

  • Seit 2015 empfiehlt der VDMA seinen Mitgliedern die Arbeit mit den Richtlinien.

  • VDMA-Mitglieder bringen als Anwender ihre Perspektive in den Richtlinienprozess ein.

  • Der VDMA unterstützt die Verbreitung durch Fachbeiträge, Messen und Tagungen.