
Den Fachkräftemangel in Branchen mit hoher Variabilität lindern: Ein Beispiel dafür ist Raise Robotics, das Cobots unter anderem für die Montage von Befestigungselementen für Fassadenpaneele an Hochhäusern einsetzt - eine gefährliche und monotone Aufgabe. (Bild: Universal Robotics)
Die Robotikindustrie befindet sich im Umbruch. In den letzten zwei Jahren hat die künstliche Intelligenz (KI) unser Verständnis davon verändert, was Technologie leisten kann: KI ist kein leeres Schlagwort mehr, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil zukünftiger Unternehmensstrategien. Im Jahr 2025 wird sich der Schwerpunkt von innovativen Konzepten auf konkrete Anwendungen verlagern.
Auch in der Robotik verschiebt KI die Grenzen des Machbaren. Waren Roboter bisher auf repetitive Tätigkeiten in kontrollierten Umgebungen beschränkt, sind sie heute in der Lage, komplexe Aufgaben zu verstehen und selbstständig auszuführen. Diese Entwicklung verändert nicht nur die Arbeitsweise in verschiedenen Industriezweigen, sondern auch die Zukunft der Arbeit im Allgemeinen.
Anders Billesø Beck, Vice President of Technology bei Universal Robots, hat sich zum Ziel gesetzt, Automatisierung für jedes Unternehmen zugänglich und so effizient wie möglich zu machen. Hier sind seine fünf Prognosen für 2025:
1: KI wird erwachsen
KI-Anwendungen werden 2025 einen entscheidenden Schritt vom Hype zur Praxis machen. In den letzten Jahren sind in rasantem Tempo neue KI-Start-ups entstanden, aber in diesem Jahr werden wir eine Konsolidierung und Integration erleben. Natürlich werden weiterhin neue Akteure mit spannenden Innovationen auf den Markt kommen, aber es wird auch ausgereiftere Lösungen geben.
KI wird auch selbstverständlicher werden. Sie wird nicht mehr als eigenständige Technologie wahrgenommen, sondern zunehmend als eingebettetes Feature, das bestehende Systeme verbessert. In den ersten Jahren des KI-Hypes wurden Lösungen oft explizit als 'KI-gesteuert' oder als 'KI-Lösung' vermarktet. Ab diesem Jahr wird KI immer mehr zu einem 'stillen Enabler' - einem leistungsstarken Werkzeug, das unmerklich im Hintergrund die Funktionalität verbessert und optimiert. Ein Beispiel ist die Cobot-Lösung von Ocado. Sie wird nicht als 'KI-Lösung' vermarktet, sondern als logistisches Pick-and-Place-System, das KI nutzt.
Wie verändert KI die Robotik bis 2025?
Die nächste Welle der KI wird ebenfalls physikalisch sein. KI, die die Gesetze der Physik versteht, sich an unvorhergesehene Herausforderungen anpassen kann und sich in dynamischen, realen Umgebungen zurechtfindet. Erste Ansätze dafür haben wir bereits 2024 gesehen, aber diese Entwicklung wird sich 2025 deutlich beschleunigen. Die Integration von physikalischer KI in die Robotik eröffnet Möglichkeiten für Systeme, die nicht nur Daten verarbeiten, sondern auch sinnvoll mit der physischen Welt interagieren. Dies wird ganze Branchen verändern und den Weg für die zweite Prognose ebnen.

2: Roboter als Baristas und Köche
Jahrzehntelang waren Roboter auf das industrielle Umfeld beschränkt. Heute dringen sie immer mehr in andere Bereiche unserer Gesellschaft vor. Während humanoide Roboter vielleicht das bekannteste Beispiel sind - auch wenn sie noch weit von der Marktreife entfernt sind - setzen sich kollaborierende Roboter, so genannte Cobots, in allen Branchen durch - zum Beispiel in der Film- und Fernsehproduktion. Noch in diesem Jahr wird wahrscheinlich jeder von uns einen Film, eine Fernsehsendung oder einen Werbespot gesehen haben, bei dem ein Cobot die Kamera geführt hat. Ein gutes Beispiel dafür ist MRMC, das cobot-basierte Kameralösungen herstellt.
Vor allem in den USA und in Asien werden Cobots zunehmend in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt, wo sie beispielsweise bei der Kaffee- oder Essenszubereitung helfen. Speziell für die hygienische Zubereitung von Lebensmitteln entwickelt, bieten Cobots Konsistenz und Schnelligkeit - besonders in Stoßzeiten.
Welche Branchen profitieren am stärksten?
Doch nicht nur in Küchen und bei Filmproduktionen, sondern auch in Branchen wie dem Baugewerbe werden Cobots immer häufiger zum Einsatz kommen. Unternehmen wie Canvas setzen Cobots bereits für Aufgaben wie die Fertigstellung von Trockenbauwänden ein und zeigen damit, wie diese vielseitigen Maschinen den Fachkräftemangel in Branchen mit hoher Variabilität lindern können. Ein anderes Beispiel ist Raise Robotics, das Cobots unter anderem für die gefährliche und monotone Montage von Befestigungselementen für Fassadenplatten an Hochhäusern einsetzt.
3: Automatisierungsschub in Indien
Bislang dominieren asiatische Großmächte wie China, Japan und Südkorea den Weltmarkt für Robotik. Dies wird sich bis 2025 ändern: Indien wird die Führungsrolle übernehmen. Das Land investiert massiv in die Automatisierung, unterstützt durch proaktive Regierungsinitiativen. Die 'Production Linked Incentive'-Initiative (PLI) zum Beispiel bietet Subventionen für Unternehmen, die in Indien Produktionskapazitäten in Schlüsselindustrien wie der Automobil-, Metall-, Pharma- und Lebensmittelindustrie aufbauen.
Drei Faktoren treiben das Automatisierungspotenzial Indiens an. Erstens: Die junge Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren im Vergleich zu 45 Jahren in Deutschland bietet dynamische und anpassungsfähige Arbeitskräfte. Zweitens: Eine florierende Technologieindustrie im Wert von 115 Milliarden US-Dollar in den Bereichen IT und Geschäftsprozessmanagement bildet eine solide Basis für Innovationen. Und drittens: Strategische Investitionen der Regierung in Digitalisierung, industrielle Automatisierung und die Entwicklung von Fachkräften schaffen ein ideales Wachstumsumfeld.
Diese Faktoren, kombiniert mit der 'Make in India'-Initiative, verdeutlichen das enorme Potenzial des Landes. Innerhalb des letzten Jahres allein ist Indien von Platz 10 auf Platz 7 der globalen Roboterinstallationen aufgestiegen – ein Zuwachs von 59 Prozent.
4: Ein neuer Ansatz für Sicherheit
Sicherheit war schon immer ein wesentlicher Bestandteil von Cobots, aber mit ihrem Einsatz in dynamischeren und weniger kontrollierten Umgebungen muss sich auch das traditionelle Sicherheitskonzept weiterentwickeln. Obwohl Cobots für eine enge Zusammenarbeit mit dem Menschen konzipiert sind, sind zusätzliche Sicherheitsfunktionen erforderlich, wenn der Cobot beispielsweise mit hoher Geschwindigkeit arbeiten oder mit scharfen Gegenständen umgehen soll. In Fabriken wird die Sicherheit häufig durch Zäune und strenge Protokolle gewährleistet. Diese Methoden sind jedoch in Umgebungen, in denen Cobots und Menschen in unvorhersehbaren Szenarien eng zusammenarbeiten, nicht praktikabel.
In Zukunft wird sich die Sicherheit von Robotern auf adaptive Technologien konzentrieren, die auf Veränderungen reagieren können. Mit Hilfe von Echtzeit-Sensordaten und fortschrittlichen Algorithmen werden Cobots beispielsweise in der Lage sein, menschliche Bewegungen sofort zu erkennen und darauf zu reagieren, um die Sicherheit zu gewährleisten, ohne die Effizienz zu beeinträchtigen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die kollaborative Robotik für ein breites Spektrum von Anwendungen nutzbar zu machen.
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5: Standardisierte Komplettlösungen
Obwohl das Konzept nicht neu ist, wird die Bedeutung von standardisierten, schlüsselfertigen Lösungen in diesem Jahr zunehmen. Diese Lösungen, die den Automatisierungsprozess durch vorkonfigurierte Systeme vereinfachen, werden für Unternehmen, die Cobots schnell und effizient integrieren wollen, unverzichtbar.
Ihr großer Vorteil liegt darin, dass die mit der Automatisierung häufig verbundenen Komplexitäten wie aufwändige Anpassungen und langwierige Einrichtungsprozesse entfallen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erhalten so einen einfachen Zugang zur Automatisierung. Sie können so im Wettbewerb mit größeren Unternehmen mithalten, ohne die hohen Kosten für maßgeschneiderte Automatisierungssysteme tragen zu müssen.
Billesø Becks Prognose ist, dass bis Ende 2025 mehr als ein Drittel der eingesetzten Cobots Teil solcher standardisierten Lösungen sein werden. Ihre Skalierbarkeit und Kosteneffizienz werden für eine breite Anwendung in allen Branchen sorgen, von der Fertigung bis zur Logistik. Da Unternehmen nach praktischen und erschwinglichen Wegen zur Effizienzsteigerung suchen, werden standardisierte Lösungen ein Eckpfeiler der nächsten Phase der Automatisierung sein.
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Die Zukunft der Automatisierung gestalten
Die Robotik wird sich also bis 2025 stark verändern. Von der zunehmenden Reife der künstlichen Intelligenz bis hin zum Einsatz von Cobots in immer dynamischeren Umgebungen markiert dieses Jahr einen Wendepunkt. Gleichzeitig wird sich die Robotik weiterhin zentralen globalen Herausforderungen stellen: Fachkräftemangel, Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Lieferketten und die Notwendigkeit, die Produktivität zu steigern.
Fortschrittliche Technologien wie die physische KI und standardisierte Lösungen machen die Automatisierung nicht nur zugänglicher, sondern auch effizienter. Sie verändern ganze Branchen und das tägliche Leben. Unternehmen, die sich diese Innovationen zunutze machen, können das Potenzial der Robotik voll ausschöpfen - und so eine sicherere, effizientere und kollaborativere Zukunft schaffen.
Quelle: Universal Robots