Serienfähig: Tiefziehen mit Ultraschall-Aktorik unter der Matrize.

Serienfähig: Tiefziehen mit Ultraschall-Aktorik unter der Matrize. (Bild: Fraunhofer IWU)

Sie finden sich in vielen Haushaltsgeräten, in der Gebäudetechnik, in zahllosen Rohr- und Hydraulikleitungen: kleine, zylindrische Teile, die in Tiefziehprozessen gefertigt werden. Bei der Umformung wird das Material stark belastet, was zu ungewollter Ausdünnung, Oberflächenschäden und sogar zu Rissen führen kann. Abhilfe schaffen Ultraschallschwingungen, die die Reibung im Material und im Kontakt mit den Werkzeugen erheblich reduzieren. Im Verfahren Vibro Draw ist es dem Fraunhofer IWU gemeinsam mit der Mark Metallwarenfabrik GmbH und der Devad GmbH gelungen, Ultraschall-schwingungen bei industrierelevanten Tiefziehprozessen mit Taktzahlen von bis zu 500 Hüben pro Minute wirksam einzukoppeln.

Das Ultraschall-Tiefziehen macht den Unterschied: mit Ziehverhältnis 2, 3 und Schwingungsunterstützung tiefgezogener, etwa 5 cm langer Napf.
Das Ultraschall-Tiefziehen macht den Unterschied: mit Zieh-verhältnis 2, 3 und Schwingungs-unterstützung tiefgezogener, etwa 5 cm langer Napf. (Bild: Fraunhofer IWU)

Dass Ultraschall beim Tiefziehen Reibung reduzieren und damit sowohl Werkzeuge als auch Material schonen kann, ist schon seit längerem bekannt. Auch das Energiespar-potenzial, das sich aus den geringeren Kräften ergibt, würden die Hersteller von Leitungen und Fittings (Verbindungsmaterial) gern nutzen. Doch erst dem Team um Master of Science Martin Mädlow ist es gelungen, die typischen schlagartigen Belastungen in industriellen Umformprozessen zu beherrschen. Bisher gelang die effektive Nutzung von Ultraschall nur in nahezu statischen Laboraufbauten.

Vorbild für die Übertragung der Schwingungsanregung auf Tiefziehprozesse ist eine Ausgründung aus dem Fraunhofer IWU: Vibro Cut setzt auf Schwingungen in Zerspanungsprozessen, um die Bearbeitungskräfte und den Werkzeugverschleiß zu reduzieren.

Mit identischen Parametern, aber ohne Ultraschall-Unterstützung, kommt es zu einem »Bodenreißer«.
Mit identischen Parametern, aber ohne Ultraschall-Unterstützung, kommt es zu einem »Boden-reißer«. (Bild: Fraunhofer IWU)

Mindestens 20 Prozent weniger Reibung

Für die Schwingungsanregung kommen die aktiven Werkzeugteile Stempel und Matrize ebenso infrage wie der Niederhalter, der das Blech während des Umformens in der gewünschten Position hält. Die Forschenden haben sich für die Matrize entschieden; sie hat den größten Anteil an der Relativbewegung beim Umformen. »In der Matrize ist am meisten zu holen. 20 Prozent Reibungsreduzierung haben wir bereits geschafft, sehen aber durchaus noch weiteres Potenzial,« betont Mädlow.

Reglementiert durch die vom Werkstück übertragbare Prozesskraft erfolgt das Um-formen meist in einer Abfolge mehrerer Stufen. Bei reduzierter Reibung kann in einer einzelnen Stufe deutlich weiter tiefgezogen werden, ohne dass das Material geschädigt wird. So genügen beispielsweise zwei anstelle von drei konventionellen Umform-schritten. Reduzierte Reibung bedeutet auch weniger Wärmeeintrag, wodurch höhere Hubzahlen möglich werden, Werkzeugstandzeiten verlängert werden und das Verkoken der eingesetzten Schmierstoffe verhindert wird.

Transfer in die Praxis - Nutzen für die Elektromobilität

Für einen zügigen Transfer in die unternehmerische Praxis treibt das Fraunhofer IWU seine Aktivitäten nun weiter voran. Aktuell liegt der Fokus auf dem Ultraschall-Tiefziehen von Zellgehäusen, die in Hochvoltspeichern batterie-elektrischer Fahrzeuge benötigt werden. Das Ziel sind größere Zellformate, die den Bauraum besser ausnutzen und dank einer gesteigerten Energiedichte für höhere Reichweiten sorgen. Die Anmeldung von Vibro Draw zum Patent (EPA WO2025/012830 A1) ist bereits erfolgt.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Chemnitz

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