Mitten in der Produktionshalle kommen zwei Lean-Lifte im zentralen Kleinteilelager bei MAN Energy Solutions zum Einsatz. In den über neun Meter hohen Vertikalliften stehen auf 160 Multifunktions-Containern über 6 000 Lagerplätze bereit.
Durch die höhenoptimierte Lagerung in den Hänel Lean-Liften können so über 9 000 Kleinteile für die Produktion und den weltweiten Versand bereitgestellt werden. Für die EDV-Anbindung der Intralogistiklösung an das ERP-System SAP bietet die Hänel MP 12 N-HostWeb Steuerung die passenden Schnittstellen.
Effizienter Lagerlift
Der Liftverbund wird über das SOAP-Protokoll ohne zusätzliche Middleware direkt aus SAP verwaltet und angesteuert. Ein Novum dabei ist die Datenbrillen-gestützte Kommissionierung am Lean-Lift. Die Brille kommuniziert über eine eigens von MAN implementierte App mit SAP. Dieses wiederum schickt die Fahrbefehle mittels SOAP-Protokoll direkt an die Liftsteuerung. Der Datenhandschuh mit integriertem Scanner vervollständigt das Bedienkonzept bei dem der Nutzer immer beide Hände zum Kommissionieren der Teile frei hat. Diese Augmented-Reality-Anwendung erlaubt es, die Arbeit an den Liften noch einfacher zu gestalten.
Smart Glasses in der Logistik
Malte Sietz, Leiter Intralogistik bei MAN sagt: „Die Ansteuerung der Hänel Lean-Lifte mittels einer Datenbrille über eine eigene SAP-App ist eine absolute Innovation, die es so bisher noch nicht gab. Mit der Datenbrille werden nicht nur Ein- und Auslagervorgänge angezeigt, sondern über die SOAP-Schnittstelle auch die Fahrbefehle für die Hänel Lean-Lifte generiert“. Bisher wurde die Brille über Streichen und Antippen eines eingebauten Sensormoduls bedient und hat die Hänel Lagerlifte gesteuert.
Digitale Entwicklung schreitet weiter voran
Im Rahmen einer Neuentwicklung ‚hört‘ die Datenbrille jetzt auf Sprachbefehle. „Diese neue Brille ist weitaus mehr als nur ein Anzeigegerät, weil es komplett sprachgesteuert ist und ähnlich einem Tablet, das man sich ins Sichtfeld rückt“, beschreibt Jörg Jonas-Kops, CEO bei der Nxtbase technologies GmbH. Die neue Datenbrille sei nach wie vor ins SAP eingebunden, nun habe das neue Smart Glass allerdings mehr Möglichkeiten. „Die wichtigste Neuerung ist sicherlich die Sprachsteuerung. Jetzt können wir gezielt Artikel mit Namen aufrufen. Vorher musste dies noch mit Barcode und Tasten angefordert werden.“
„Diese Brille ist mehr als nur ein Anzeigegerät, weil es komplett sprachgesteuert ist und ähnlich einem Tablet, das man sich ins Sichtfeld rückt“, sagt Jörg Jonas-Kops, CEO bei der Nxtbase technologies GmbH. - Bild: Nxtbase
Leichter mit Wearable im Lager arbeiten
Auch in anderen Branchen kommt die Brille bereits zum Einsatz, in erster Linie im Qualitätsmanagement beziehungsweise in der Produktion. "Es geht bei unserem aktuellen Projekt bei Aerotec um ein finales Überprüfen der montierten Bauteile. Dabei trägt der Prüfer ein Smart Glass, sodass er zu jeder Zeit und an jedem Platz die Informationen vorliegen hat, um zu wissen, was er gerade wie prüfen soll. So ist es für ihn kein Unterschied, ob er die Türe eines Airbus 350 oder 380 prüft, denn wir geben ihm die Anhaltspunkte, auch etwas Branchenfremdes überprüfen zu können. Oder in der Produktion sagen wir ihm, wo er welches Teil montieren soll."
Dynamisches Lagersystem
Bei der finalen Inspektion müsse ein Prüfingenieur einen gefertigten Türrahmen prüfen, was normalerweise 90 Seiten Papier beinhaltete, das heißt für jeden Prüfschritt eine Seite. War etwas nicht in Ordnung, war das auch mit viel Papierarbeit verbunden.
"Mit unserer Datenbrille hingegen vermerkt der Inspektor, was und warum etwas nicht in Ordnung ist. Aus diesem Prüfbericht generieren wir dann den Arbeitsauftrag für die Nacharbeit. Solch eine Überprüfung dauerte zuvor fast zwei Stunden, denn es musste bebildert, dokumentiert und ins System zurück gespielt werden. Jetzt dauert dies nur noch 15 Minuten und wir verwenden kein Papier mehr und haben auch keinen Medienbruch."
Lagersystem für jedes Unternehmen
Ein anderes Beispiel liefert Schunk Electronics mit seinen 600 Produktionsmaschinen weltweit. "Taucht irgendwo auf der Welt an irgendeiner Maschine ein Fehler auf, dient bald ein Smart Glass vor Ort dazu, eine Audio-Video-Kommunikation zu starten. So sieht der Supportmitarbeiter im Schwarzwald als Livestream, was der Arbeiter in Mexiko sieht und kann ihm Anweisungen direkt aus dem Schwarzwald auf das Smart Glass zuschicken", erläutert Jonas-Kops. So sehe der Mexikaner, welche Arbeitsschritte er zu tun habe – beispielsweise bei einer Fehlerbehebung. Das spare viele Wege, denn auch ein Übersetzer könne unmittelbar zugeschaltet werden.
Technik fürs Auge mittels AR-Brille
Die größte Herausforderung sei immer, die Daten so einfach wie möglich darzustellen. Denn das Display sei ja verhältnismäßig klein. Da müssten auch die richtigen Farben und Abkürzungen ausgewählt sein, denn das Userinterface müsse mit dem korrespondieren, was der Arbeiter sonst auch kenne.
Jonas-Kops weiter: "Im SAP ist die Bedienung ja schon kompliziert genug, man braucht da tiefere PC-Kenntnisse. Jetzt kann man den Artikel einfach mit dem zugehörigen Namen per Sprachsteuerung aufrufen. Das macht es viel einfacher."
Kompakte Lagertechnik
Doch zurück zu der Anwendung bei MAN, wo die Positionen eines Auftrags zeitoptimiert abgearbeitet werden. Das bedeutet, solange eine Komponente aus dem ersten Lagerlift kommissioniert und verpackt wird, bringt der zweite Lagerlift bereits den Container mit dem nächsten Teil in die Entnahmestelle. Die Strategie des Doppelspiels erhöht die Durchsatzleistung bei der Ein- und Auslagerung der Komponenten. Sieht der Mitarbeiter beim Auslagern ein freies Fach auf dem Container, so kann er Einlagerungen direkt abarbeiten. Hierfür muss er nur den Warenschein sowie das Zielfach scannen.
Hersteller liefert kompaktes Gerät
In SAP ist der Artikel nun automatisch mit Menge und Lagerplatz im Lagerlift hinterlegt. Die Intralogistiklösung von MAN ist zudem an die speziellen ergonomischen Bedürfnisse einer Mitarbeiterin angepasst. Alle Artikel werden vor dem Einlagern gewogen. Ein Ampelsystem zeigt, in welchem Bereich des Containers Komponenten unterschiedlicher Gewichtsklassen einzulagern sind. Diese behindertengerechte Lösung wurde durch die Stadt Oberhausen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe mitfinanziert.