Immer schneller und häufiger ändern sich die Rahmenbedingungen für die Produktion in der Industrie. Angesichts der Notwendigkeit für die Unternehmen, Projekte und Prozesse dennoch möglichst planmäßig umzusetzen, bauen diese im Rahmen von Industrie 4.0 und der digitalen Fabrik in der operativen Praxis auf den digitalen Zwilling. So auch BMW.
Der Autobauer nutzt die Vorteile einer virtuellen Layout-Planung und optimiert mit dem Einsatz eines Digital Twin die Logistikplanung. Die Zusammenarbeit mit der Ipolog GmbH an der digitalen Fabrikplanung bringt in der realen Fabrik erhebliche Vorteile in der Automobilindustrie. Wieder einmal sind das IoT und die Digitalisierung Basis des Erfolgs.
Virtuelle Fabrik: Digitalisierung verbessert Supply Chain
Wie die BMW Group modernste Logistikplanung in München umsetzt erklärt Julian Winzer, Projekt Innovation und Industrie 4.0: "Wir sagen bei BMW, dass es nicht nur eine Technologie geben kann, wie man heutzutage Intralogistik beplant. Wir sind derzeit in einem Umbruch und glauben, dass wir dem Planer das Werkzeug geben müssen, damit er auch das beste Ergebnis erzielt. Wir haben auch ein Innovationsfeld, das ist unsere AI und VR im Planning. Das ist ein Produkt, das wir selber bei BMW entwickelt haben. Das liegt vor allem daran, dass wir auf dem Markt nicht das gefunden haben, was wir haben wollten."
Digital Twin für die Behälter- und Prozessprediction
Winzer fährt fort: "Wir glauben nicht daran, dass wir in der Logistikplanung immer mehr mit Excellisten zu tun haben werden. Denn wir wollten nicht das Risiko eingehen, dass wir unterschiedliche Datenstände vorliegen haben und irgendjemand den Überblick verliert. Wir brauchen einen Datenbestand ohne Excel, der die Ist-Daten mit den Plan-Daten verheiratet."
Dieser Datenbestand müsse gleichzeitig smart sein und auch die Erfahrungen, die sich BMW in den letzten Jahren über Behälter-Prediktion und Prozess-Prediktion geschaffen habe, berücksichtigen.
Logistikplanung für die Fabrik zu 90 Prozent schon fertig
Viele Datenbanken, kluge Algorithmen und kleine Tools hätten sich dort über die Jahre entwickelt. Auch diese sollen in eine große Datenbank integriert werden. Dieses durchgängige Datenmanagement verschaffe dem Planer die beste Ausgangssituation, seine Logistikplanung zu starten.
"Gleichzeitig wird dies auch mittels KI, Machine Learning und RPA soweit vorbereitet, dass die Planung eigentlich schon zu 90 Prozent getan ist und wir uns nun um die kritischen Themen kümmern können – die letzten zehn Prozent", erläutert Winzer.
Logistik: Automatisierte Platzierung von Behältern und Regalen im Layout
In diesem Moment kommt die Ipolog GmbH aus Leonberg ins Spiel, wie Consultant Nadine Wollinsky erklärt: "Wir bieten genau diese Möglichkeit, in 2D und 3D zu planen. Zum einen ist Ipolog ein Werkzeug für die Optimierung von Bereitstell- und Flächenplanung, zum anderen für die Materialfluss- und Routenzugplanung."
In Ipolog seien intelligente Algorithmen verarbeitet, die dem Anwender automatisiert Prozesse abnehmen – zum Beispiel im Bereich der Bereitstellplanung die automatisierte Platzierung von Behältern und Regalen im 2D und 3D Layout unter Berücksichtigung von Störgeometrien wie Hallensäulen.
Ein weiteres Beispiel aus der Materialflussplanung wäre die automatisierte Berechnung und Simulation von Transportaufträgen und damit gekoppelt die Berechnung von Ressourcenbedarfen.
Verschiedene Szenarien der digitalen Fabrik auf einen Klick
"Dies können wir alles in 2D oder 3D sehen - wie viel Platz noch am Band ist und wie sich Behälter und Regale besser ausplanen und auslasten lassen. Wir haben in Ipolog auch automatische Berechnungen integriert, um vor allem Prozesszeiten und damit auch Personalbedarf errechnen zu lassen. Wir können auch Flächenauslastungen auswerten oder den Ressourcenbedarf ermitteln", sagt Wollinsky.
Zusätzlich ließen sich über einen Klick mehrere Szenarien aufbauen, um diese dann miteinander zu vergleichen. Damit gebe es Planungssicherheit und der Nutzer könne sich immer für das bestmögliche Ergebnis entscheiden. Winzer ergänzt dazu: "Wir kommen von der Datenbasis und haben diese mit Ipolog gekoppelt – so haben wir die Visualisierung einer smarten Datenbank erreicht."
Digital Twin ermöglicht smarte Kollaboration in der digitalen Welt der Logistik
Nun habe BMW dies noch mit Künstlicher Intelligenz und Virtual Reality verbunden. "Das bedeutet einfach, dass wir eine Visualisierung geschaffen haben, in der wir in 3D planen können, aber auch genauso in die VR-Welt einsteigen können. Da geht es nicht nur ums Anschauen, sondern ich kann auch Behälter oder Regale bedienen. Und das Beste ist: Ich kann dies nicht nur alleine tun, sondern ich treffe mich gemeinsam mit meinen Kollegen zum Beispiel aus Mexiko und Spartanburg gleichzeitig virtuell und optimiere das Ganze", freut sich Winzer.
Digital Twin: Kein Science Fiction, sondern echte Lösung für die Unternehmen
Demnach könnten sich die Mitarbeiter dort aufhalten, wo sie wollen und sie benötigten keine Flüge mehr, um sich einen Prozess anzuschauen. "Somit können wir die Nachhaltigkeit deutlich steigern. Das ist kein Science Fiction, das ist bei uns schon im realen Einsatz", unterstreicht Winzer.
Auch Mitarbeitertrainings mache BMW damit. Dabei gebe es nicht mehr viel zu erklären, denn in dem Moment, wo der Mitarbeiter die AR-Brille trage und Objekte "berühren" und bewegen kann, sei er bereits selbst im Prozess involviert. Ein realer Vorteil für jede Fabrik im Rahmen von Industrie 4.0.
Was ist Logistikplanung?
Logistikplanung sichert die erforderliche Qualität und Effizienz in den Prozessen entlang der gesamten logistischen Wertschöpfungskette. Wichtige Aufgaben der Logistikplanung sind:
- Prognose von Logistikkosten
- Planung der Logistikprozesse und des Materiaflusses
- Logistik- und Produktionsgerechte Produktbeeinflussung
- Materielle und finanzielle Investitionsplanung
Wie BMW aus dem Brownfield eine digitale Fabrik macht
Doch was ist in den Brownfields möglich? Denn dort seien die Unternehmen sehr davon abhängig, was die vorhandenen Systeme ihnen lieferten. Vielleicht stimmten ja die Datengrundlage, die Struktur oder das Layout nicht mehr zu 100 Prozent. So habe man sich bei BMW gefragt, wie man die Layouts digitalisieren und gleichzeitig damit genauso interagieren könne.
Digitale Abbilder für die digitale Fabrik durch Scans erstellen
Winzer klärt auf: "Wir können mit 3D-Scans durch die Brownfields fahren und unsere Behälter, Regale und Strukturen sehen. Dann kommt das Labeling beziehungsweise die Objekterkennung hinzu, um der Software beizubringen, um was es sich bei den jeweiligen Objekten handelt. Im Anschluss können dann auch weitere Behälter mittels KI erkannt werden."
Das Bigger Picture des digitalen Zwilling: Vernetzung zwischen den Tools
Wollinsky ergänzt: "Jetzt kommt das bigger picture. Der wichtigste Punkt ist nun die Vernetzung zwischen diesen Tools. Einmal haben wir die Datenbank als Single point of Truth mit den jeweils aktuellen Informationen. Damit ist sowohl das VR-Tool 'Colab' von BMW als auch Ipolog vernetzt. Der Planer kann nun entscheiden, ob er in der VR-Welt oder in 2D und 3D direkt in ipolog planen möchte."
Jeder Planungsschritt, egal in welchem Tool, werde mit der Datenbank synchronisiert, um eine Datenkonsistenz zu erreichen. "Anschließend können über Ipolog Berechnungen und Auswertungen gefahren werden, um schnelle Ergebnisse von Szenarien zu erhalten. Über den KPI-Monitor können anhand einzelner Kennzahlen Szenarien auf einen Blick mit einander verglichen werden. Dadurch wird der Planer und das Management in der Entscheidungsfindung massiv unterstützt", so Wollinsky.
Virtual Reality bestens für Kollaborationen in der Industrie geeignet
Ein weiterer Benefit aus Ipolog seien die Berechnungen und die Wiedergabe der Kennzahlen, um schnelle Aussagen treffen zu können – alles mittels KPI-Monitor. "Die große Vision ist der situative Einsatz der Tools deshalb, um die Vorteile der einzelnen Tools auszunutzen: VR ist hervorragend für Kollaboration, Ipolog für schnellere und aussagekräftige Planung", beschreibt Wollinsky. Der Nutzen für die Unternehmen sei demnach hoch.
Kammlinienzahl nach SOP durch digitale Modelle schnell erreicht
Daraus verspricht sich Wollinsky folgende Potenziale und Effizienzen: "Durch die Algorithmen und die Automatisierung lässt es sich effizienter und schneller planen und man kommt nach 'Start of Production' schneller auf die Kammlinienzahl." Außerdem sei es das Ziel, einen digitalen Schatten zu schaffen - und zwar nicht nur in Montage und Logistik sondern auch für die Montageplanung übergreifend auf die Logistikplanung und die Materialflussplanung.
Digitale Transformation liefert verschiedene Vorteile für die Unternehmen
"Das alles ist ein digitaler Schatten und jeder kann seinen Nutzen daraus ziehen - im situativen Einsatz dem Planer je nachdem was ihm lieber ist. Als letzten Punkt erhalten wir noch die direkte Transparenz über Kosten und Ressourcenbedarfe durch den KPI-Monitor und die automatisierten Berechnungen", sagt Wollinsky.
Produktion durch die smarte Fabrik mit eingebunden
Doch inwieweit gibt es auch eine Schnittstelle zur Produktion? Dazu meint Wollinsky: "In Ipolog haben wir auch die Möglichkeit, die Montage mit auszuplanen – das ist eben der Gedanke von einem digitalen Zwilling. Somit gibt es nur einen Zwilling für die Montage sowie die Logistik und vor allem auch für die Bereitstellplanung in sehr enger Interaktion mit der Montage."
Dazu ergänzt Winzer: "Die Datenbank, die wir gerade aufbauen, hat genau so eine Schnittstelle und damit alle Informationen zu unserem Produktionsnetzwerk und zu den Produktionsstückzahlen."