Florian Deter und Ludwig von Reiche.

Florian Deter, Geschäftsführer Microsoft Deutschland (links) und Ludwig von Reiche, Geschäftsführer Nvidia. (Bild: Microsoft / Nvidia)

Herr Deter, Herr von Reiche, warum werden die Themen Metaverse und KI momentan so unglaublich gehyped?

Florian Deter: Modernste digitale Technologien wie generative KI lassen sich heute so einfach, intuitiv und kostengünstig nutzen wir nie zuvor: Wir können in natürlicher Sprache mit Maschinen kommunizieren, ohne Programmiercode oder technische Details beherrschen zu müssen. Das hat eine regelrechte Euphorie ausgelöst. Unsere Cloud stellt die Rechenleistung für das Training und die Nutzung dieser Algorithmen bereit und wir machen komplexe vortrainierte KI-Modelle für alle Unternehmen zugänglich. Damit überwinden wir die technischen Hürden der Vergangenheit.

Gleichzeitig hat das Industrial Metaverse eine kleine Revolution ausgelöst: Geräte wie Microsoft Hololens 2 ermöglichen die Verschmelzung unserer Realität mit virtuellen Welten. So schaffen wir neue Formen der immersiven Zusammenarbeit: kollaborative Maschinen, digitale Zwillinge, Fernwartung, autonome Systeme und vieles mehr. Diese Lösungen sind vorhanden und verfügbar und werden schon von vielen Unternehmen genutzt.

Ludwig von Reiche: Das Thema KI hat in den letzten Monaten die Schlagzeilen beherrscht. ChatGPT kann wohl als so etwas wie der “iPhone-Moment” für KI bezeichnet werden, der die Aufmerksamkeit der Welt auf diese transformative Technologie gelenkt hat. KI steht im Mittelpunkt, wenn es darum geht, das Potenzial des industriellen Metaversums und der Digitalisierung zu erschließen.

Das industrielle Metaverse ist die 3D-Evolution des Internets - es ermöglicht die Interoperabilität zwischen Software-Ökosystemen und die Konnektivität zwischen der realen und der virtuellen Welt. Das industrielle Metaverse ermöglicht es Industrieunternehmen, schwierige reale Prozesse zu digitalisieren und dann zeitnah und präzise besser zu managen, zum Beispiel den Entwurf und die Entwicklung realer Produkte oder die Planung und den Betrieb realer Fabriken und Lagerhäuser.

Florian Deter und Ludwig von Reiche sind auch Teil einer Diskussionsrunde zum Thema "KI, Open AI und Industrial Metaverse" auf dem Maschinenbau-Gipfel in Berlin. Mehr zur Veranstaltung lesen Sie hier:

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION freuen sich, wenn Sie auch 2025 in Berlin dabei sind!

 

Hier geht es zur Website des Maschinenbau-Gipfels.

Was ist denn dran an den beiden Themen, was ist neu und wie weit bringen uns KI und Metaverse?

Deter: Mit der jetzt verfügbaren generativen KI haben wir eine neue Stufe erreicht: Sie kann nicht nur datenbasierte Entscheidungen erleichtern, sondern auch Kreativprozesse enorm beschleunigen. Auf Knopfdruck liefert sie Texte, Meeting-Zusammenfassungen oder Analysen umfangreicher Tabellen. Unsere Microsoft-365-Tools unterstützen diese Entwicklung, indem wir die KI jetzt als Copilot für die tägliche Arbeit in die Software integrieren. Ebenfalls auf Knopfdruck wird generative KI auch Programmiercode für Robotik-Lösungen oder Ideen für neue Services und Produkte liefern.

Gleichzeitig wird das Industrial Metaverse durch dialogfähige KI-Modelle zu einem echten Interaktionsraum für Mensch und Maschine. Durch KI sprechen Maschinen endlich unsere Sprache und können sich verständlich machen. Einer unserer Kunden, ein großer Maschinenbauer, nutzt beispielsweise generative KI mit unserem Azure OpenAI Service, damit man über einen Chatbot den Maschinen Fragen über ihren Zustand oder die Bedienung stellen kann. Das erleichtert das Finden von Fehlern, beschleunigt die Problemlösung und reduziert Ausfallzeiten.

Ich bin überzeugt, dass es keinen Unternehmensbereich geben wird, der von dieser Entwicklung unberührt bleibt. Doch das erfordert mutige Entscheidungen für mehr Digitalisierung. Für Unternehmen bedeutet es, dass sie eigene KI-Projekte starten und KI-basierte Geschäftsmodelle entwickeln müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Von Reiche: Viele Unternehmen entwickeln industrielle Metaverse-Anwendungen und neue Arbeitsabläufe, wie zum Beispiel digitale Zwillinge in Echtzeit, die physikalisch exakt sind. Das Konzept des industriellen digitalen Zwillings gibt es schon seit einiger Zeit. Simulations-Technologien werden seit Jahren von Herstellern eingesetzt, um Teile ihrer Produktionslinien zu modellieren und bilden die Grundlage für die Revolution der digitalen Fertigung. Aber der digitale Zwilling war in der Vergangenheit in seinen Möglichkeiten begrenzt.

Heute können Hersteller modernste Simulations-Technologien nutzen, um digitale Zwillinge in großem Maßstab zu erstellen, zu visualisieren und zu betreiben, einschließlich ganzer Fabriken. Ein realitätsgetreuer digitaler Zwilling bedeutet, dass alles in der realen Welt ein exaktes Duplikat in der virtuellen Welt hat, bis hin zu den Schrauben und Muttern. Die Benutzer können Simulationen durchführen, um die nahe Zukunft vorherzusagen, oder mögliche Szenarien testen, um das Beste auszuwählen.

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Darüber hinaus können Daten aus der realen Welt, die über Sensoren erfasst werden, in das Modell eingespeist werden, um einen synchronisierten, funktionsfähigen digitalen Zwilling zu schaffen, der bessere Einblicke und Empfehlungen in Echtzeit liefert, um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen.

Fast jede Branche wird von der Digitalisierung profitieren. Simulationen in diesem Umfang eröffnen enorme Möglichkeiten für alle Unternehmen, ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

In welche Richtung werden sich KI und Metaverse weiterentwickeln und welchen Nutzen stiften sie für die Industrie?

Deter: Von der Analyse von Daten über Effizienzsteigerungen bis hin zu neuen Formen der Zusammenarbeit – künstliche Intelligenz und das Industrial Metaverse werden die Industrie grundlegend verändern. Künftige KI-Modelle werden noch viel leistungsfähiger sein und kommen in immer mehr Bereichen zum Einsatz: beispielsweise auch in der Materialwissenschaft, wo sich völlig neue Werkstoffe damit entwickeln lassen.

Weitere Fortschritte in der natürlichen Sprachverarbeitung und im maschinellen Lernen werden diese Trends verstärken: Durch Conversational AI mit natürlicher Sprache haben Unternehmen mehr Möglichkeiten, in den persönlichen Dialog mit ihrer Kundschaft zu gehen. Und Explainable AI hilft den Menschen, die Entscheidungen von KI-Systemen besser zu verstehen. Durch neue Schnittstellen zu immer mehr KI-Modellen wird es eine Vielzahl neuer Anwendungen geben, die uns im Alltag unterstützen.

Von Reiche: In allen Branchen sehen sich die Hersteller mit beispiellosem Druck von außen konfrontiert: Zeiten hoher Inflation, unterbrochene Lieferketten, steigende Energiepreise, Arbeitskräftemangel und die Notwendigkeit, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen stellen enorme Herausforderungen dar. Um ihnen zu begegnen, investieren Unternehmen aller Größen zunehmend in die Digitalisierung und Dekarbonisierung und nutzen dafür die Möglichkeiten des industriellen Metaversums.

In Zukunft wird jede Fabrik zuerst digital sein. Durch die Nutzung industrieller Metaverse-Anwendungen wie Simulation und digitalen Zwilling werden Hersteller in der Lage sein, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und die Geschwindigkeit, Agilität und betriebliche Effizienz in ihren Unternehmen und Wertschöpfungsketten zu steigern.

(Bearbeitet von Anja Ringel und Sabine Königl.)

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