Die Referenten des MBG-Salon bei SEW Eurodrive samt Moderator Claus Wilk, Chefredakteur bei mi connect (ganz links). Rechts daneben stehen  Dieter Friedrich Sauer, Senior Director bei Dassault, Guido Reimann, stellvertretender Geschäftsführer und Koordinator Kompetenznetzwerk Künstliche Intelligenz beim VDMA und Heiko Füller, Head of Market and Analytics bei SEW Eurodrive.

Die Referenten des MBG-Salon bei SEW Eurodrive samt Moderator Claus Wilk, Chefredakteur bei mi connect (ganz links). Rechts daneben stehen Dieter Friedrich Sauer, Senior Director bei Dassault, Guido Reimann, stellvertretender Geschäftsführer und Koordinator Kompetenznetzwerk Künstliche Intelligenz beim VDMA und Heiko Füller, Head of Market and Analytics bei SEW Eurodrive. (Bild: Ivo Casagranda)

Der Digitale Zwilling gilt in Kombination mit KI als Ausgangsbasis für einen Innovationsschub. „Damit sind wir erstmals in der Lage, wirklich auch Daten mit einem Produkt zu sammeln und weiterführend darauf eine KI aufsetzen, Simulationen fahren oder Vorhersagen treffen zu können – was wir wiederum für die Kreislaufwirtschaft brauchen“, erläuterte Heiko Füller, Head of Market and Analytics bei SEW Eurodrive. Man nutze den Digitalen Zwilling, um etwa die Auslegung von Getrieben in der Entwicklung zu optimieren oder Energie in Prozessen zu reduzieren, nicht zuletzt mit Blick auf CO2-Auflagen und Berichtspflichten.

Zu den wichtigsten Voraussetzungen, so war man sich in der Salon-Runde nach einer Werksbesichtigung bei SEW Eurodrive einig, gehört das Schaffen der nötigen Datenqualität. „Wenn man eine entsprechende Menge an Daten und – zum Beispiel auch synthetisch erzeugten – Modellen hat, dann lässt sich die generative KI auch effektiv einsetzen, ohne Halluzinationen“, erklärte Dieter Friedrich Sauer, Senior Director bei Dassault.

GenAI: Transformation und Umdenken

Die Diskutanten stimmten auch in anderen Punkten überein: So steht generative KI in einigen Bereichen für Disruption, sie erfordert aber immer eine Transformation, die nicht von heut auf morgen zu haben ist. Gerade im Mittelstand gehe die Auseinandersetzung mit der neuen Technologie noch zu langsam. Erst einmal Abwarten und Zuschauen, wie der Wettbewerber davon profitieren kann, sei keine Lösung, auch weil die Einführung Zeit braucht.

„Man muss sich mit der Technologie beschäftigen und dann wirklich überlegen, wo bringt sie mich und mein Geschäftsmodell weiter“, konstatierte Füller. „Tatsächlich fehlt es im Maschinen- und Anlagenbau oft noch an einer klaren Vision und Vorstellung. Wir müssen in den Unternehmen anders denken“, sagte Guido Reimann, stellvertretender Geschäftsführer und Koordinator Kompetenznetzwerk Künstliche Intelligenz beim VDMA. Die Diskussion darüber, dass die Datenqualität in den Unternehmen schlecht ist, werde schon seit ewigen Zeiten geführt. Generative KI (GenAI) biete jetzt die Chance zu erkennen, „was man wirklich mit guten Daten und einer guten Datenbasis erreichen kann“, so der VDMA-Experte.

EPTS Conference: Gestalten Sie die Zukunft der Elektromobilität!

EPTS
(Bild: Ultima Media Germany)

Aus drei wird eins: Die drei renommierten Konferenzen E|DPC, EPT (RWTH Aachen) und E|PTS (FAPS) haben sich zur EPTS zusammengeschlossen und sind nun die führende Branchenveranstaltung für Elektromobilität.

 

  • Durch den Zusammenschluss der Konferenzen wird Top-Expertise an einem Ort zusammengebracht, das Programm wird umfassender und deckt alle wichtigen Aspekte der Produktion elektrischer Antriebe ab.
  • Zudem wird die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie gestärkt. Die EPTS verbindet nun führende akademische Einrichtungen mit Pionieren der Industrie.

 

Die EPTS ist am 8. und 9. Oktober 2025 in Karlsruhe. Weitere Informationen und Tickets gibt es hier!

Wettbewerbsvorteile durch KI erschließen

Aus Sicht von Sauer ist erkennbar, dass die Industrie mit ihren Produkten und Services am Weltmarkt, gerade mit Blick auf Wettbewerber aus China und Challenges aus den USA, zunehmend unter Druck gerät. Er plädierte dafür, noch einmal anders, „vom Ende her“ auf das eigene Produkt zu schauen und sich dabei auf die „Experience“, die Kundenerfahrung, zu fokussieren, um die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.

„Müssen wir nicht im Prinzip das Produkt oder das Ergebnis dessen, was wir tun, einfach komplett neu denken und es mit Themen anreichern, die vorher eben nicht Bestandteil des Produktes waren? Da kann uns KI helfen, um diese Dinge komplett neu zu denken, schon sehr früh in der Entwicklung des Produktes selbst oder der Experience“, so Sauer. Man sei hierzulande sehr gut darin, Dinge immer weiter zu verbessern. Jetzt KI nur in den Prozess einzuführen, um ein bisschen schneller und besser zu werden, reiche jedoch nicht aus. Dies berge angesichts des Innovationspotenzials von KI das Risiko, „von rechts überholt zu werden von Anbietern, die etwas komplett anders machen“.

„Am Ende des Tages läuft alles darauf hinaus: Der Kunde muss mehr Marge machen. Das heißt, er muss bessere Produktivität durch uns bekommen und auch die Rentabilität muss passen. Dahingehend muss das Ganze überlegt werden. Einfach neue Tools und neue Features integrieren, wird so nicht funktionieren – das haben wir auch als SEW am Anfang lernen müssen“, bestätigte Füller.

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Warum braucht der Maschinenbau mehr Mut zur Disruption?

Herausforderungen sieht Heiko Füller insbesondere im Bereich Know-how. Im eigenen Unternehmen gebe es vornehmlich die klassische Industrieausbildung: Elektrotechnik, Maschinenbau, Mechatronik. „Die KI war jahrelang eine Domäne der IT. Wir werden jetzt mit einer Technologie konfrontiert, in die wir uns erst einmal selber alle reindenken und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigen müssen“, resümierte Füller.

Nur so könne man überhaupt dahin kommen, die Potenziale zu verstehen. Hier sei es entscheidend, Möglichkeiten zu schaffen, um die Technologie im Unternehmenskontext auszuprobieren. Es erfordere Mut, bestehende Prozesse und Systeme zu hinterfragen – gerade in der Produktion, wo die Maxime „never change a running system“ gelte.

Aus Guido Reimanns Sicht ist es wichtig, sich auf den Pioniergeist zu besinnen, auf den viele mittelständische Maschinenbauer in ihrer Gründungsphase stolz zurückblicken können. Er rät Unternehmen, „mit diesem Spirit auch jetzt in das Thema KI reinzugehen“. „Da spielt nicht mehr nur die Hardware in Verbindung mit Mechatronik und Software eine Rolle, sondern es gibt einfach noch eine etwas größere Welt, ein Ökosystem rund um meine Anlage, meine Maschine – und das ist auch für den Kunden wichtiger“, konstatierte Reimann.

Aus Sicht von Dieter Friedrich Sauer stellt das Digitalisieren von Ende zu Ende, vom Design bis zum Recycling im virtuellen Zwilling, dabei einen wichtigen Schlüssel dar. Wenn dieser Layer vorhanden sei, könne man auch innerhalb der Wertschöpfungskette situativ und schnell reagieren.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Kommen Sie zum Maschinenbau-Gipfel!

Der 14. Deutsche Maschinenbau-Gipfel war ein herausragender Erfolg! Über 900 Teilnehmer versammelten sich in Berlin für den größten Gipfel aller Zeiten. Prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik bereicherten die Veranstaltung.

 

2025 geht es weiter! Die Branche trifft sich am 16. und 17. September 2025 in Berlin.

 

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Das Management muss KI treiben

In der abschließenden Gesprächsrunde kam die Frage auf, ob gerade bei mittelständischen Unternehmen bis 500 Beschäftigten die Bedeutung der Wertschöpfung in der KI fehlt, und es deshalb auch an Investitionen mangelt. So sei für eine nicht zwingend wertschöpfende SAP-Umstellung meist das Budget da, während für KI oft nur ein sehr mageres Budget ausgegeben werde. Ein Rat aus der Expertenrunde bestand darin, dass Unternehmen sich ein internes Wagniskapital geben könnten, um KI-Potenziale zu identifizieren und in Proof of Concepts auszuprobieren – auch wenn hier nicht sofort ein ROI in Sicht sei.

Auch die oft fehlende Unterstützung aus dem Management wurde beklagt. Alle Experten waren einhellig der Meinung, dass es eine zentrale Management-Aufgabe ist, KI-Innovation voranzubringen. Das sei nicht nur notwendig, um die nötigen Budgets aufzustellen, sondern auch um eine durchgängige KI-Strategie mit Standards und Daten-Governance umzusetzen. Auf der anderen Seite entstünden viele Ideen erst bei den Menschen im Prozess – beide Ebenen gelte es zusammenzubringen. Wichtig sei es vor allem, klar zu differenzieren zwischen mehr Produktivität für den einzelnen Menschen – etwa indem mit GenAI Übersetzungen von Dokumenten in unterschiedliche Sprachen oder Aufgaben in der Produktentwicklung sehr viel schneller gehen – und der Nutzung von KI im Produkt.

Aktuelle Meldungen aus der Industrie

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Wie profitieren Mittelständler konkret von GenAI-Use Cases?

Einige Teilnehmer beklagten, dass es nicht ausreichend Use Cases gäbe, an denen man sich als Mittelständler orientieren könne. Dabei verwiesen die Experten auf die VDMA-Studie „GenAI im Maschinen- und Anlagenbau – Vom Versprechen zur Profitabilität“, die erfolgreiche Einsatzszenarien aufzeigt. Reimann nannte ein aktuelles Beispiel eines Maschinenbauers aus der Baubranche, der seine Kunden jetzt dabei unterstütze, Ausschreibungsunterlagen zu analysieren. Die meist kleinen Kundenunternehmen mit um die 15 Mitarbeitenden hätten oft keine Kapazitäten dafür, komplizierte, umfangreiche Ausschreibungen für Bauprojekte anzugehen. Dafür wurde ein entsprechendes KI-Werkzeug mit bereitgestellt, das den Kunden ermöglicht, zielgerichtet Aufträge zu bekommen.

Heiko Füller berichtete zudem über die Unterstützung, die GenAI in Marketing und Vertrieb bringen kann. Im Bereich Analyse und Strategie sei die Technologie hilfreich, weil viel vor- und aufbereitet werde, mit dem sich dann weiterarbeiten lasse. „Es löst nicht meine Probleme, aber es schafft mir einen besseren Blickwinkel, sodass ich nachher effizienter bessere Lösungen finden kann“, so Füller. Auch in der Entwicklung lasse man sich KI-basiert Ideen und Möglichkeiten für Prototypen zeigen, um darauf aufzubauen.

überarbeitet von: Dietmar Poll

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