"Das Werk vieler Hände" - Festo-CEO Thomas Böck im Interview
Im Chefredakteurs-Interview spricht Thomas Böck, CEO von Festo, über Innovationskraft und die Zukunft des Automatisierungspioniers. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens gewährt er spannende Einblicke in Geschichte, Meilensteine und strategische Ausrichtung des Familienunternehmens.
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums von Festo gewährt CEO Thomas Böck spannende Einblicke in die Geschichte, die Meilensteine und die strategische Ausrichtung des Familienunternehmens – von den Anfängen als Maschinenbauer über die Erfindung der Ventilinsel bis hin zu den Chancen durch Digitalisierung, KI und globale Märkte.
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Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums von Festo gewährt CEO Thomas Böck spannende Einblicke in die Geschichte, die Meilensteine und die strategische Ausrichtung des Familienunternehmens – von den Anfängen als Maschinenbauer über die Erfindung der Ventilinsel bis hin zu den Chancen durch Digitalisierung, KI und globale Märkte.
Ein Jahrhundert Automatisierung vom Feinsten
Festo feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen – ein Meilenstein, der in der Industrie Seltenheitswert hat. Im Gespräch mit den Chefredakteuren Claus Wilk und Stefan Weinzierl blickt CEO Thomas Böck auf die Geschichte des Unternehmens, seine Innovationskraft und die Herausforderungen der Gegenwart.
„Das ist das Werk vieler Hände,“ sagt Böck gleich zu Beginn. „Wir haben große Freude, diese Erfahrungen, diese Erinnerung mit den Kunden zu teilen. Auch unseren Mitarbeitenden danke zu sagen. Es ist ein ganz besonderes Jahr. 100 Jahre wird man nur einmal.“
Vom Holzbearbeitungsmaschinenhersteller zum Automatisierungspionier
Die Geschichte Festo ist eine Geschichte der Transformation. „Der Schwenk von einem Hersteller für Holzbearbeitungsmaschinen zu einem Anbieter für industrielle Automatisierungstechnik in den 1950er-Jahren war für uns ein großer Meilenstein,“ erklärt Böck. „Das war ein Pivot Moment, wie man heute sagen würde. Wir haben die industrielle Automatisierung konsequent weitergetrieben und sind damit global gewachsen.“
Ein weiterer Meilenstein war die Entwicklung der Ventilinsel, die bis heute eine Schlüsseltechnologie für Festo darstellt. „Sie ist im Hause Festo entwickelt worden, zusammen mit unseren Kunden, und wird bis heute erfolgreich eingesetzt,“ betont Böck. „Mehr und mehr nimmt bei uns auch die Software und Digitalisierung die Oberhand. Alle Arten von Automatisierung in beliebiger Kombinatorik sind die Themen, die uns heute treiben.“
Ein Jubiläum mit globaler Strahlkraft
Das Jubiläumsjahr nutzt Festo, um weltweit Präsenz zu zeigen. „Wir wollen danke sagen unseren Mitarbeitenden, aber auch unseren Kunden und Partnern,“ so Böck. „Das heißt, wir sind an jedem Standort der Welt präsent – mit Familienfesten, Innovationstagen, Kundenevents und Messeauftritten. Man merkt dieses Wir-Gefühl, gemeinsam über die Industrien hinweg Dinge geschaffen zu haben. Das verbindet und gibt sehr viel Kraft.“
Globale Märkte im Wandel
Doch das Jubiläum fällt in eine herausfordernde Zeit. Böck blickt nüchtern auf die geopolitischen Entwicklungen: „Der ganze Markt östlich Weißrusslands ist komplett weggebrochen. Das haben wir versucht, in anderen Märkten zu kompensieren – China, Nordamerika, aber auch in anderen Weltregionen. Durch die verschärfte Zollpolitik ist auch dort wieder einiges in Bewegung gekommen.“
Besonders der amerikanische Markt sei schwieriger geworden. „Gleichzeitig sehen wir die verstärkten Bemühungen Chinas, in Europa noch stärker Fuß zu fassen. Das erhöht den Wettbewerb. Indien ist ein interessanter Markt für uns.“ Festo richte sich derzeit auf drei große Weltregionen aus – Amerika, Asien und Europa.
Regulierung, Lieferketten und Wettbewerbsfähigkeit
Neben geopolitischen Risiken belasten auch administrative Hürden. „Wir haben einiges investieren müssen, um Dokumentationspflichten nachzugehen – Lieferkettenbewertungen, Berichtspflichten an die EU-Kommission oder nach Amerika. Das kostet Geld, lässt sich aber nicht an den Kunden weitergeben,“ erklärt Böck. „Die Wettbewerbsfähigkeit leidet dadurch ein Stück weit, weil wir mehr Aufwand betreiben als andere Hersteller, die vielleicht an Europa vorbei liefern. In Summe wird sich das aber wieder einpendeln.“
Stabilität in bewegten Zeiten
Trotz der Herausforderungen bleibt Festo wirtschaftlich solide. „Das Jahr 2024 war kein leichtes. Wir hatten einen leichten Umsatzrückgang, sind aber mit einem soliden Ergebnis herausgegangen – wirtschaftlich stabil und stark geblieben,“ sagt Böck. „In bestimmten Märkten, etwa der Halbleiterindustrie oder der Nahrungsmittelindustrie, konnten wir sogar wachsen. Amerika war ein guter Wachstumsmarkt, ebenso Indien und China.“
Auch für die Zukunft bleibt der CEO optimistisch: „Nordamerika bleibt der größte Industriemarkt. China und Indien sind ebenfalls Wachstumsmärkte. Aber auch Europa und Deutschland bleiben wichtig. Wir müssen wettbewerbsfähig sein – das ist unser größtes Credo.“
Künstliche Intelligenz als Innovationsmotor
Einen besonderen Stellenwert misst Böck der Künstlichen Intelligenz (KI) bei. „Wir lernen mit unglaublicher Geschwindigkeit, was über KI alles möglich scheint,“ so Böck. „Wir haben sie bereits im Einsatz – etwa bei der Produktauswahl über virtuelle Assistenten. Kunden können Fragen stellen und bekommen passende Lösungen, die direkt in Entwicklungswerkzeuge integriert werden.“
Auch in der Produktentwicklung spiele KI eine wachsende Rolle. „Wir nutzen sie, um schneller Produkte zu entwickeln, zu testen und zu validieren. Wir generieren sogar Software damit – natürlich unter Kontrolle des Menschen. Die KI läuft nicht alleine. Sie wird überwacht und geprüft,“ betont Böck.
Bildung als Fundament der Transformation
Mit Festo Didactic engagiert sich das Unternehmen auch im Bildungsbereich. „Je mehr sich Industrien transformieren, desto wichtiger wird Bildung,“ sagt Böck. „Wir unterstützen Ausbildung und Weiterbildung direkt beim Kunden – Skilling, Reskilling, Upskilling. Das ist ein zentraler Baustein für Transformation und Wettbewerbsfähigkeit.“
Innovationskultur und Fachkräfte
Wie bleibt ein Traditionsunternehmen innovativ? Böck hat eine klare Antwort: „Es ist wichtig, dass wir weiterhin dem Kunden gut zuhören, verstehen, welche Probleme auf ihn zukommen, und Lösungen anbieten, die ihn begeistern. Wir müssen uns permanent hinterfragen: Sind wir gut genug, schnell genug?“
Dabei spielt auch das Thema Fachkräftemangel eine große Rolle. „Die Arbeitgebermarke ist extrem wichtig. Ausbildung und Weiterbildung sind essenziell. Wir sind gerade Europameister im Bereich Mechatronik geworden – das zeigt, welchen Stellenwert Bildung für uns hat,“ betont Böck.
Ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland
Trotz globaler Produktion bekennt sich Festo klar zu seinen Wurzeln: „Deutschland ist unser Heimatmarkt, dort liegen unsere Wurzeln. Wir werden mit unseren deutschen Standorten wettbewerbsfähig bleiben. Das ist ein ganz klares Ja zum Standort Deutschland,“ sagt Böck.
Blick in die Zukunft
Zum Schluss wagt der CEO den Blick nach vorn: „Ich würde mich freuen, wenn Festo global weitergewachsen ist, den Anspruch als Technologieführer gerecht wird, in neuen Märkten erfolgreich ist – und gleichzeitig in den Stammgebieten weiter die Kunden begeistert. Vernetzte, intelligente Produkte in unterschiedlichen Anwendungen – das ist unsere Zukunft.“
FAQ-Kasten: Festo – Geschichte, Größe, Hauptprodukte
Wer ist Festo?
- Festo ist ein unabhängiges deutsches Familienunternehmen und globaler Anbieter von Automatisierungstechnik sowie von Lösungen für die technische Bildung (Festo Didactic). Das Unternehmen gliedert sich in die Bereiche Automation und Didactic
Seit wann gibt es Festo – und woher kommt der Name?
- Gegründet wurde Festo im April 1925 in Esslingen am Neckar von Albert Fezer und Gottlieb Stoll als „Fezer & Stoll“. Der Markenname Festo leitet sich aus den Nachnamen der Gründer ab.
Wie hat sich Festo historisch entwickelt?
- Aus dem Hersteller für Holzbearbeitungsmaschinen wurde ab den 1950er-Jahren ein Pionier der Pneumatik und später auch der elektrischen Automatisierung – begleitet von starker Internationalisierung.
Wie groß ist Festo heute?
- Festo ist in rund 60 Ländern mit Gesellschaften vertreten und erzielte im Geschäftsjahr 2024 einen Konzernumsatz von etwa 3,45 Mrd. €. Weltweit arbeiten rund 20.600 Mitarbeitende für das Unternehmen.
Was sind die Hauptprodukte und Lösungen?
Pneumatische und elektrische Automatisierungstechnik: Ventile, Ventilinseln, Antriebe, Greifer, Motion-Control, Handling- und Systemlösungen – oft als kombinierte (pneumatisch/elektrische) Lösungen.
Festo Didactic: Trainingssysteme, Lernplattform Festo LX, Qualifizierungskonzepte für Aus- und Weiterbildung in Industrie und Bildungseinrichtungen.
Wofür investiert Festo besonders?
- Festo investiert regelmäßig > 8 % des Umsatzes in Forschung & Entwicklung; zudem fließt ein fester Anteil in Aus- und Weiterbildung.
Wo produziert und liefert Festo?
- Das Unternehmen betreibt ein globales Produktions- und Servicenetz (u. a. Global Production Centres und Service Centres) und liefert Produkte sowie Schulungslösungen für über 35 Branchen weltweit.
Was zeichnet Festo darüber hinaus aus?
- Neben der Produktinnovation gilt Festo als Impulsgeber in der industriellen Qualifizierung (Didactic) und adressiert Kund:innen in 176 Ländern über Vertriebs-/Servicepräsenz.
Hinweis: Zahlen beziehen sich auf die zuletzt veröffentlichten Unternehmensangaben (GJ 2024).