Judith Gerlach spricht auf der Bühne von BayFiD.

Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach möchte mit BayFiD mehr Frauen für Digitalberufe begeistern. - (Bild: StMD)

Gerade einmal 16,5 Prozent aller IT-Fachkräfte sind Frauen. Das geht aus einer Studie des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) hervor. In der am stärksten digitalisierten Branche, der Informations- und Kommunikationstechnologie liegt der Frauenanteil bei nur rund 30 Prozent. Auch in der Chemie- und Pharma-Branche und im Maschinenbau sieht es ähnlich aus. Die Studie zeigt auch: Frauen werden in Unternehmen seltener bei der Selektion beispielsweise zum Einsatz von neuer Software beteiligt als Männer.

Um mehr Frauen für Digitalberufe zu begeistern, hat die Bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, BayFiD initiiert. Durch das eineinhalbjährige Talentprogramm sollen Frauen zwischen 18 und 30 Jahren Einblicke in digitale Berufsfelder bei Unternehmen bekommen, sich mit sogenannten Rolemodels austauchen und von einem breiten Netzwerk profitieren. Dazu gibt es verschiedene Workshops, Vorträge und Unternehmensbesuche sowie Erfahrungsaustausche mit Expertinnen und Teilnehmerinnen.

PRODUKTION: Frau Gerlach, mit BayFiD wollen Sie Mädchen und junge Frauen für Digitalberufe begeistern. Konnten Sie sich als Jugendliche vorstellen, Programmiererin zu werden?

Judith Gerlach: Zu meiner Schulzeit war das tatsächlich kein Beruf, den ich auf dem Schirm hatte. Es standen eher die klassischen Berufe zur Diskussion. So bin ich dann auch Rechtsanwältin geworden. Jetzt als Digitalministerin treffe ich aber am laufenden Band Männer und Frauen, die in digitalen Berufen arbeiten. Und regelmäßig denke ich mir: wenn ich das mal gewusst hätte, was es da für tolle Jobs gibt! 

Was hat in Ihrer Jugend an Förderung für Frauen in Digitalberufen gefehlt, was es heute vielleicht mehr gibt?

Gerlach: Es hat an Einblicken und Motivation gefehlt. Die Digitalberufe hatten eher ein Nerd-Image und man konnte sich auch gar nicht wirklich vorstellen, was dahintersteckt. Hier hätte es viel mehr Einblicke gebraucht und Programme, die einen dabei unterstützen. 

Auch heutzutage gibt es immer noch zu wenig Frauen in Digitalberufen. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe und Hürden?

Gerlach: Ich war selbst auf einer reinen Mädchenschule. Die Noten, gerade auch in den MINT-Fächern zeigen doch: Mädchen können das auch. Bei der Berufswahl spielen dann aber oft noch veraltete Klischees eine Rolle. Sehr vereinfacht bedeutet das: Männer werden Arzt, IT-Experte oder Ingenieur. Frauen werden Krankenschwester, Sekretärin oder Erzieherin. Diese Klischees müssen wir aufbrechen und Frauen auch weibliche Vorbilder im MINT-Bereich geben. Wenn man an die großen in der IT-Branche denkt, fallen einem erstmal Steve Jobs oder Bill Gates ein. Wir haben aber tolle weibliche Vorbilder wie zum Beispiel Magdalena Rogl oder Steffi Czerny, die auch bei BayFiD als Rolemodel und Patinen dabei sind.

Gibt es beim Thema Frauen in Digitalberufen ein Land, an dem sich Bayern orientieren kann? Skandinavien wird in diesem Zusammenhang ja öfter genannt.

Gerlach: Eine Studie hat herausgefunden, dass je besser die Gleichstellung der Geschlechter in einem Land ist, desto niedriger ist der Prozentsatz an Frauen mit Abschlüssen in MINT-Berufen. Werden also Frauen in einem Land benachteiligt, studieren sie häufiger beispielsweise Informatik. Denn sie merken, welche Chancen ihnen ein solches Studium bietet. Demgegenüber ist in Skandinavien die Gleichstellung von Mann und Frau besser, während die Frauenquote bei den Abschlüssen im MINT-Bereich niedrig ist. Ein ausdrückliches Vorbild sehe ich also nicht. Wir müssen für Bayern vielmehr unseren eigenen Weg finden.

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Damit mehr Frauen für Digitalberufe begeistert werden, muss sich nicht nur die Politik einsetzen, sondern auch die Unternehmen. Was raten Sie Firmen, die sich mit diesem Thema beschäftigen? 

Gerlach: Talentförderung im digitalen Zeitalter bedeutet für mich vor allem Ermutigung und positive Vorbilder. Wir müssen jungen Frauen heute einfach sagen: Traut euch, ihr könnt das auch. Es ist kein reiner Männerberuf, nur weil es mit Technik zu tun hat. Wir haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte im Bereich Familienfreundlichkeit gemacht, dürfen uns darauf aber jetzt nicht ausruhen. Wir brauchen mehr Flexibilität, so dass junge Familien die Arbeitsteilung wählen können, die ihren individuellen Ansprüchen gerecht wird. Neben Kinderbetreuung und Teilzeit-Optionen sehe ich im digitalen Zeitalter vor allem auch flexibles Arbeiten von zu Hause aus als eine Möglichkeit.

BayFiD geht bereits in die zweite Runde. Was waren Ihre bisherigen Highlights und hat sie etwas überrascht?

Gerlach: Das waren klar der Kick-Off für den ersten Jahrgang im letzten Sommer und die Deep Dive Session bei namhaften Tech-Größen und der TU in München. Bei spannenden Workshops konnten die Talente selbst in die Praxis eintauchen, z.B. bei einem Programmierkurs mit Open Roberta oder bei einem Werkstattrundgang durch den „MakerSpace“ an der TU München.

Und was erhoffen Sie sich von der nächsten Runde?

Gerlach: Gerade läuft ja noch die Bewerbungsphase. Ich erhoffe mir, dass sich wieder 50 so motivierte Talente herauskristallisieren, wie bei der ersten Runde.

Noch bis 12. Juni läuft die Bewerbungsphase für BayFiD. Weitere Informationen gibt es hier. 

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