Reformvorschlag für Unternehmensrecht
Gesellschaft mit gebundenem Vermögen geplant
Ein neuer Gesetzesvorschlag soll die Unternehmenslandschaft verändern: Gewinne im Betrieb halten, nachhaltiger wirtschaften, Nachfolgelücken schließen – das steckt hinter der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) plant eine neue Rechtsform für Unternehmen.
(Bild: Bundesregierung / Sandra Steins)
Was steckt hinter der neuen Rechtsform?
Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) plant eine grundlegende Änderung im deutschen Unternehmensrecht. Im Mittelpunkt steht dabei die Einführung einer neuen Rechtsform mit dem Namen Gesellschaft mit gebundenem Vermögen. Ziel ist es, insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen strukturell zu stärken und langfristig auszurichten. „Im Kern geht es um verantwortungsvolles und nachhaltiges Wirtschaften“, erklärte Hubig im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Der Kerngedanke: Unternehmen sollen sich künftig auf eine langfristige Vision hin ausrichten können, ohne sich vorwiegend an den Gewinninteressen von Eigentümern orientieren zu müssen. Das in der Gesellschaft erwirtschaftete Kapital soll demnach nicht einfach entnommen werden können, sondern dauerhaft im Betrieb verbleiben. Damit ließe sich nicht nur unternehmerische Stabilität fördern, sondern auch eine sinnvolle Nachfolgeregelung unterstützen.
Wie funktioniert die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen?
Die neue Rechtsform soll es Unternehmen ermöglichen, sich explizit auf nachhaltiges und langfristig orientiertes Wirtschaften zu verpflichten. Laut Hubig sind dafür bislang aufwändige und komplizierte juristische Konstruktionen notwendig. Gerade für kleinere Betriebe und Start-ups seien diese rechtlichen Umwege oft zu komplex oder wirtschaftlich nicht realisierbar.
Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen soll hier Abhilfe schaffen und ein praktikables, rechtlich solides Modell bieten. Die Besonderheit: Kapital, das innerhalb des Unternehmens erwirtschaftet wird, kann nicht ohne Weiteres ausgeschüttet oder aus dem Unternehmen abgezogen werden. Diese Einschränkung könnte maßgeblich dazu beitragen, dass Unternehmen widerstandsfähiger gegenüber kurzfristigen Marktbewegungen werden und ihre strategischen Ziele nachhaltig verfolgen können.
Welche Chancen ergeben sich für mittelständische Unternehmen?
Der CDU-Politiker und Unionsfraktionsvize Günter Krings betonte im Handelsblatt, dass insbesondere mittelständische Unternehmen ohne familiäre Nachfolge von dieser neuen Rechtsform profitieren könnten. „Besonders für mittelständische Betriebe ohne familiäre Nachfolge biete die geplante Rechtsform eine neue Perspektive“, so Krings.
Für diese Unternehmen stellt sich zunehmend die Frage nach der Zukunft: Wie lässt sich ein Lebenswerk sichern, wenn keine geeignete Nachfolge in Sicht ist? Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen könnte hier eine Lösung sein, indem sie eine Alternative zur klassischen Übergabe an Familienmitglieder oder den Verkauf an Investoren bietet. Die Kapitalbindung innerhalb der Gesellschaft sorgt für Stabilität, der nachhaltige Fokus könnte das Vertrauen von Geschäftspartnern und Mitarbeitenden langfristig stärken.
Was bedeutet Missbrauchsschutz in diesem Kontext?
Ein zentrales Thema in der Debatte um die neue Rechtsform ist der Missbrauchsschutz. Günter Krings stellte klar, dass der Gesetzgeber in diesem Punkt eindeutig und wirksam agieren müsse. Nur wenn klar geregelt sei, wie das gebundene Vermögen geschützt und die nachhaltige Ausrichtung der Unternehmen rechtssicher verankert werde, könne die neue Rechtsform ihr volles Potenzial entfalten.
Das betrifft unter anderem Fragen nach der Kontrolle der Mittelverwendung, nach Rechenschaftspflichten und möglichen Sanktionen bei Verstößen. Nur mit einem klaren gesetzlichen Rahmen lässt sich verhindern, dass das Konzept ausgehöhlt oder umgangen wird.
Wo steht das Vorhaben aktuell?
Justizministerin Hubig äußerte sich zuversichtlich über die Fortschritte: „Ich bin zuversichtlich, dass wir schon zügig erste Ergebnisse präsentieren können.“ Es ist davon auszugehen, dass die gesetzgeberische Arbeit an Fahrt aufnehmen wird, insbesondere weil das Thema Nachhaltigkeit und generationengerechtes Wirtschaften politisch wie gesellschaftlich stark im Fokus stehen.
Die Einführung einer neuen Unternehmensform ist kein alltäglicher Vorgang – entsprechend hoch sind die Anforderungen an rechtliche Ausgestaltung, politische Abstimmung und wirtschaftliche Tragfähigkeit. Der Vorstoß ist jedoch nicht nur juristisch relevant, sondern auch ein deutliches Signal an den Mittelstand und die Start-up-Szene in Deutschland.
Mit Material der dpa
FAQ: Gesellschaft mit gebundenem Vermögen
Was ist die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen?
Eine geplante neue Rechtsform, die es Unternehmen ermöglicht, nachhaltig und langfristig zu wirtschaften, indem Gewinne im Unternehmen verbleiben müssen.
Wem soll die neue Rechtsform helfen?
Vorrangig kleinen und mittelständischen Unternehmen, insbesondere solchen ohne familiäre Nachfolge oder mit nachhaltiger Ausrichtung.
Was ist das Ziel dieser Rechtsform?
Die langfristige Stabilisierung von Unternehmen und die Förderung eines verantwortungsvollen Wirtschaftens, das nicht nur auf kurzfristigen Gewinn ausgerichtet ist.
Wie wird Missbrauch verhindert?
Die genaue Ausgestaltung ist noch offen. Laut CDU-Politiker Krings sei ein klarer gesetzlicher Rahmen notwendig, um Missbrauch wirksam auszuschließen.
Wann ist mit ersten Ergebnissen zu rechnen?
Justizministerin Hubig äußerte sich optimistisch, dass zeitnah erste Ergebnisse vorgestellt werden können. Ein konkreter Zeitplan wurde jedoch noch nicht genannt.