Sebastian Bachinger

Sebastian Bachinger, Leiter Industrial Engineering bei der TDK-EPC AG & Co. KG. - (Bild: TDK-EPC AG & Co. KG)

Herr Bachinger, der Bereich Industrie 4.0 ist ein weites Feld. Welche Themen waren Ihnen bei der Qualifizierung wichtig? Und warum fiel die Wahl auf Xpertiso?

Sebastian Bachinger: "Wir wollten in unserem Industrie 4.0-Kernteam mit Vertretern mehrerer Disziplinen zum einen auf eine gemeinsame Gesprächsbasis kommen, aber auch Trainingsschwerpunkte bei der vertikalen Integration, Praxisbeispielen und Big Data setzen. Derzeit arbeiten wir an einem Pilotprojekt, das sich zunächst auf einen Anlagenkomplex bezieht.

Ziel ist jedoch, insgesamt die digitale Produktion zu unterstützen, indem wir einen digitalen Schatten für Anlagen und Maschinengruppen schaffen. Im Rahmen dieses Pilotprojekts denken wir natürlich auch darüber nach, welche IT-Strukturen wir in Zukunft neu aufsetzen müssen, denn mit Industrie 4.0 wird ein anderer Blickwinkel auf die IT-Landschaft nötig. Unser Fokus liegt dabei auf dem Thema Effizienzsteigerung im operativen Bereich, also darauf, aus vorhandene Daten und potentiellen Datenquellen das Beste zu machen.

Da wir schon früher mit ROI im Bereich Lean-Weiterbildung zusammen gearbeitet haben, wussten wir, dass auch bei Xpertiso eine hohe Flexibilität vorhanden ist, bei den Inhalten auf unsere konkreten Bedürfnisse einzugehen. Ich sehe ein solches Training durchaus als Alternative zur Beratung, es trägt nicht nur zur Qualifikation der Mitarbeiter und eigenen Ansätze bei, sondern bietet auch eine Richtschnur für die eigenen Aktivitäten an."

Sie haben den Schwerpunkt Big Data gewählt. Warum?

Bachinger: "Unser Pilotprojekt beschäftigt sich mit dem digitalen Schatten von ausgewählten Anlagen, Big Data wird uns also weiter begleiten. Wir wollen die nötige Infrastruktur im Hintergrund so aufbauen, dass sie dauerhaft trägt. Big-Data-Datenbanken unterscheiden sich stark von den klassischen Datenbankstrukturen. Im Training wurde konkret geschaut, wie so eine Struktur von der Sensorebene über die Datenbank mit Hadoop bis hin zur Analyseebene zum Beispiel mit Tableau aussieht.

Speziell die Fachleute aus dem IT-Bereich konnten nach typischen Hürden fragen, zum Beispiel bei der Anbindung von Altsystemen. Besonders wichtig war uns die Vorgehensweise bei der Auswahl von Plattformen und dem Manufacturing Execution System – wie offen sollen beispielsweise die Systeme aufgebaut werden? Aber es ging auch um die Frage, welche Anwendungen erneuert, welche Individualsoftware abgelöst werden muss, wenn in Zukunft die klassische Automatisierungspyramide zugunsten von Plattformen und Services immer mehr zusammenbricht."

Wie lief das Training ab, welches waren die für Sie wichtigsten Elemente?

Bachinger: "Entscheidend war für uns die Verknüpfung von Theorie mit Beispielen aus der Praxis. In der interaktiven Runde in der Lernfabrik München ging es für uns darum, unsere eigenen Ideen und das, was man so in der „Produktion“ liest (lacht), bestätigt zu bekommen – zu prüfen, ob wir in der richtigen Richtung unterwegs sind. Und auch zu schauen, wie sich unsere Ideen bestmöglich umsetzen lassen.

Es war spannend zu erfahren, wie andere Unternehmen diese Thematik angehen. Wir haben so ein tieferes Grundverständnis entwickelt, wie eine Umsetzung und ein Roll-out aussehen können. Besonders hilfreich war dabei, in kleiner Runde so lange „nachbohren“ zu können, bis man auch noch das kleinste Detail, das man wissen wollte, verstanden hat. Da entsteht ein echter Lernerfolg."

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie aus dem Training gewonnen haben?

Bachinger: "Wir haben viele weitere Ideen, aber wir wollen Schritt für Schritt gehen, die Erfahrung  aus der Schulung hat uns auch darin bestätigt, dass die Basis stimmen muss, um den Industrie 4.0-Ansatz tragfähig in der Breite umzusetzen. Am zweiten Tag ging es deshalb auch intensiv darum, über den Tellerrand zu schauen , wie die IT-Landschaft in der Zukunft vor allem im Hinblick auf Big Data aussehen wird, wie sich die Datenquellen erweitern lassen, aus denen wir Wissen beziehen. Wir konnten klären, welche Standards man für einen konsequenten Roll-out braucht, um nicht immer wieder von Neuem zu beginnen.

Natürlich haben alle Anlagen und Projekte grundsätzlich eine unterschiedliche Natur, aber wenn die Grundlagen einmal erarbeitet sind, geht es danach schneller und Themen können auch parallel angegangen werden. Nach der vertikalen Integration stehen auch horizontale Themen wie Kunden und Geschäftsbeziehungen auf dem Plan. Als Automobilzulieferer gehen wir davon aus, dass es zunehmend gemeinsame Entwicklungsplattformen und Dokumentenstandards geben wird, darauf bereiten wir uns vor. Industrie 4.0 bringt derzeit frischen Wind herein, man spürt eine gute Aufbruchsstimmung unter den Ingenieuren."

Welche Empfehlung würden Sie anderen Unternehmen geben, die sich im Bereich Industrie 4.0 weiterentwickeln möchten?

Bachinger: "Meiner Ansicht nach wird es keinen Katalog mit Industrie 4.0-Standardlösungen geben. Wie auch beim Thema Lean wird eher das 'Kapieren', als das Kopieren den Erfolg ausmachen. Weiterbildung dient dabei auch dazu, den Blickwinkel für das Wesentliche zu schärfen,  denn die echte Verbesserung muss aus dem internen Team heraus geboren werden, von außen kommen dafür nur die Impulse und Anregungen. Deshalb ist es wichtig, die echten Probleme aus den Teams in der Fertigung zu holen. Wissensmanagement und die Einbindung der Mitarbeiter sind dabei entscheidend.

Industrie 4.0 lässt sich auch als Lean-'Booster' nutzen, denn Lean ist eine Voraussetzung. Es ist klar erkennbar, wie diese Themen miteinander verschmelzen. Man hat ja immer noch die gleichen Anlagen, es muss auch ein gewisser Retrofit erfolgen und Konzepte entstehen, wie man ältere Anlagen zum Beispiel mittels smarter Sensoren in neue Strategien mit einbinden kann."

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