Auch 2024 wird kein leichtes Jahr für die Industrie. In den Industrietrends sprechen (von links) Thilo Brodtmann (VDMA), Markus Heering (VDW), Andreas Gontermann (ZVEI), Stephan Mayer (Trumpf), Johannes Ketterer (Schunk) und Georg Stawowy (Bürkert) über die derzeitigen Herausforderungen.

Auch 2024 wird kein leichtes Jahr für die Industrie. In den Industrietrends sprechen (von links) Thilo Brodtmann (VDMA), Markus Heering (VDW), Andreas Gontermann (ZVEI), Stephan Mayer (Trumpf), Johannes Ketterer (Schunk) und Georg Stawowy (Bürkert) über die derzeitigen Herausforderungen. (Bild: Pcess609 - stock.adobe.com; VDMA; VDW; ZVEI/Frederik Böttcher; Trumpf; Schunk; Bürkert)

Neues Jahr, neues Glück? Für die Industrie scheint das derzeit nicht der Fall zu sein. „Konjunkturell herrscht Stillstand in Deutschland. Im Vergleich zu den meisten anderen großen Industrieländern fällt unser Land weiter zurück“, so BDI-Präsident Siegfried Russwurm im Januar. „Eine Chance auf einen raschen Befreiungsschlag 2024 sehen wir nicht.“ Die Produktion habe bislang nicht einmal das Vor-Corona-Niveau des letzten Quartals 2019 wieder erreicht.

Wie zu Beginn jeden Jahres wollte die "Produktion" wieder wissen, wie es in den Branchen und Unternehmen konkret aussieht. Für die Industrietrends 2024 haben wir deshalb erneut Verbände und Firmen befragt. Geantwortet haben der VDMA, VDW, ZVEI sowie Trumpf, Schunk und Bürkert.

Zunächst haben wir gefragt, welche Herausforderungen es 2024 für die Unternehmen gibt und welche Rolle das 60-Milliarden-Euro-Loch im Bundeshaushalt bei Überlegungen zu möglichen Investitionen spielt.

VDMA: Ausgaben müssen priorisiert werden

Die geopolitische Lage bringt für den Maschinen- und Anlagenbau zahlreiche Herausforderungen mit sich“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Es gelte Exportmärkte ständig im Blick zu haben, um bei Bedarf operativ schnell handlungsfähig zu sein. Zugleich gelte es die bürokratischen Lasten zu bewältigen.

Das Loch im Haushalt bedeute insbesondere Unsicherheit mit Blick auf Investitionen. „Es gilt jetzt Ausgaben zu priorisieren und Effizienzpotenziale zu heben.“ Investitionen in die Transformation bleiben Brodtmann zufolge im Sinne der Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland wichtig.

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ZVEI: Unsicherheit ist schlecht fürs Geschäft

„Das konjunkturelle Umfeld dürfte auch 2024 herausfordernd bleiben“, sagt ZVEI-Chefvolkswirt Dr. Andreas Gontermann. So sei die Inflation noch nicht zurück auf ihrem Zielwert von zwei Prozent. Entsprechend dürften die Zinsen für längere Zeit vergleichsweise hoch bleiben.

„Auch die Energiepreise liegen immer noch höher als vor dem Ukraine-Krieg“, erklärt Gontermann weiter. „Wir werden es weiter mit geopolitischen Spannungen zu tun haben, die auf Freihandel und offenen Märkten lasten.“ Schließlich wachse China langsamer als noch in den Jahren vor der Corona-Pandemie. In Deutschland stelle sich inzwischen wieder verstärkt die Frage nach der Standortqualität.

Die vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgelösten Haushaltsprobleme erschweren die Dinge laut Gontermann zusätzlich. Das sorge – auch über die konkret infrage stehenden Budgetpositionen hinaus – für Unsicherheit.

VDW: Geschäftsumfeld ist verunsichert

Dr. Markus Heering, Geschäftsführer des VDW, erklärt, dass sowohl die Weltwirtschaft als auch die Industrie weiter in einer Schwächephase stecken. „Krieg, hohe Energiepreise, immer noch zu hohe Inflation, gestiegene Zinsen sowie das Hin und Her der deutschen Politik verunsichern die Menschen ebenso wie das Geschäftsumfeld im engeren Sinne“, so Heering.

Weltweit stocke die Güternachfrage. Die Wirtschaftslage im größten Markt China sei enttäuschend. Verunsicherung, nochmals verstärkt durch die Einspardiskussionen aufgrund des Haushaltsdefizits, belastet die Investitionen.

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(Bild: SV Veranstaltungen)

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Trumpf will seine Lieferketten stärken

Trumpf nimmt eine konjunkturell bedingte, allgemeine Zurückhaltung beim Kauf neuer Maschinen wahr, berichtet Stephan Mayer, CEO bei Trumpf Werkzeugmaschinen. „Ein Thema, dass uns über das Jahr 2024 hinaus beschäftigt, ist die Stärkung unserer Lieferketten“, erklärt Mayer weiter. Das Unternehmen beziehe zum Beispiel im Sinne einer Local-for-Local-Strategie die Komponenten für seine Maschine überwiegend von Lieferanten vor Ort in den jeweiligen Märkten.

Ein weiteres wichtiges Thema für Trumpf ist der Fachkräftemangel als Folge des demografischen Wandels. „Um langfristig die besten Köpfe für uns zu begeistern, bieten wir unserer Belegschaft exzellente Arbeitsbedingungen“, so Mayer.

Trumpf investiert Mayer zufolge nach strategischen Kriterien und losgelöst von möglichen Subventionen der Bundesregierung.

Podcast: Trumpf CEO Werkzeugmaschinen über China und Blechbearbeitung

Schunk sieht generelle Verunsicherung als Herausforderung

Genauso ist es bei Schunk: „Eine direkte Auswirkung hat das 60-Milliarden-Defizit auf Schunk nicht, denn wir verfolgen unsere strategischen Projekte unabhängig von staatlichen Förderungen“, erklärt COO/CSO Johannes Ketterer. Allerdings bleibe abzuwarten, inwieweit diese Situation Folgen für sich anbahnende Kundenprojekte hat. „Eher scheint die generelle Verunsicherung eine Herausforderung zu sein“, so Ketterer.

Das Unternehmen beschäftigt sich Ketterer zufolge intensiv mit den Chancen, die vor allem in Wachstumsbranchen wie E-Mobility, Life Science und Electronics gesehen werden. Mit weiteren Investitionen wolle Schunk seine Infrastruktur in Südamerika und Asien ausbauen, um vom Automatisierungstrend zu profitieren.

Das sind die Industrietrends 2024

Roboter in Fabrik
  (Bild: Nataliya Hora - stock.adobe.com)

Bürkert: Geopolitik beeinträchtigt Investitionsklima

Georg Stawowy, CEO der Bürkert-Gruppe, sieht in den anhaltenden Unsicherheiten der konjunkturellen Entwicklung die zentrale Herausforderung. Geopolitische Brandherde haben gravierende humanitäre Auswirkungen und beeinträchtigen das Investitions- und Konsumklima. „Wir werden lernen müssen unter solchen Umständen entscheidungs- und handlungsfähig zu bleiben“, so Stawowy.

Langfristig orientierte Unternehmen wie Bürkert, mit hoher Eigenkapitalquote und dem starken Rückhalt der Eigentümer, sieht er hier im Vorteil. „Der neue Bundeshaushalt beeinflusst unsere Investitionsentscheidungen nicht“, erklärt der CEO.

Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Die Autorin: Anja Ringel

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen.

Nach Stationen bei diversen Tagezeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Daneben ist sie einer der Podcast-Hosts von Industry Insights.

Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken.

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