Insolvenzrecht & Arbeitsverhältnisse

Insolvenz: Das gilt jetzt für Arbeitnehmer

Steigende Unternehmensinsolvenzen verunsichern Beschäftigte. Welche Rechte Arbeitnehmer im Fall der Insolvenz wirklich haben, zeigt dieser Überblick.

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Egal, ob es sich um einen Konzern oder ein kleines Unternehmen handelt – mit dem Insolvenzantrag beginnt für die Mitarbeitenden regelmäßig die Angst um den Arbeitsplatz
Egal, ob es sich um einen Konzern oder ein kleines Unternehmen handelt – mit dem Insolvenzantrag beginnt für die Mitarbeitenden regelmäßig die Angst um den Arbeitsplatz

Insolvenz trifft Arbeitnehmer – was jetzt zählt

Mit jedem Insolvenzantrag beginnt für Mitarbeitende die Sorge um Arbeitsplatz und Lohn. Doch Insolvenz bedeutet nicht Rechtsfreiheit: Arbeitsverträge, Gehälter und Urlaubsansprüche bleiben grundsätzlich bestehen.

1. Insolvenzverfahren einfach erklärt

Ein Insolvenzverfahren gliedert sich in zwei Phasen:

  • Vorläufiges Verfahren: dauert meist drei Monate.

  • Eröffnetes Verfahren: ab diesem Zeitpunkt ist der Insolvenzverwalter offiziell Arbeitgeber.

Je nach Gerichtsbeschluss gibt es:

  • Starken vorläufigen Verwalter: übernimmt Arbeitgeberrolle sofort.

  • Schwachen vorläufigen Verwalter: Arbeitgeber bleibt das Unternehmen, Verwalter stimmt mit ab.

2. Wer ist im Insolvenzfall mein Arbeitgeber?

Wird das Verfahren eröffnet, geht die Arbeitgeberstellung auf den Insolvenzverwalter über.
Bei Eigenverwaltung oder Schutzschirmverfahren bleibt das Unternehmen selbst Arbeitgeber, kontrolliert durch einen Sachwalter.

3. Insolvenzgeld: Wer zahlt mein Gehalt?

Für ausstehende Löhne springt die Bundesagentur für Arbeit ein – mit Insolvenzgeld für drei Monate rückwirkend.
Dieses deckt:

  • Nettogehalt und Überstunden

  • Zuschläge und Fahrgeld

  • vermögenswirksame Leistungen

  • ggf. Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Provisionen)

Wichtig: Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Verfahrenseröffnung stellen!

4. Nach der Eröffnung: Gehalt als Masseverbindlichkeit

Nach Insolvenzeröffnung werden Löhne zur sogenannten Masseverbindlichkeit – sie müssen vorrangig aus der Insolvenzmasse bezahlt werden.
Fehlt Geld, darf der Insolvenzverwalter Beschäftigte freistellen; Betroffene können Arbeitslosengeld nach 157 SGB III beantragen.

5. Arbeitszeitkonto und Urlaub in der Insolvenz

  • Arbeitszeitguthaben: Forderungen vor Eröffnung gelten als Insolvenzforderung – häufig mit Verlusten.

  • Urlaub: bleibt grundsätzlich erhalten. Urlaubsabgeltung nach Beendigung gilt als Masseverbindlichkeit.

6. Kündigungsschutz bleibt bestehen

Eine Insolvenz allein ist kein Kündigungsgrund.
Kündigungen sind nur bei betrieblichen Gründen (z. B. Stilllegung) möglich.
Die Kündigungsfrist wird auf max. drei Monate zum Monatsende verkürzt.
Längere Fristen aus Arbeits- oder Tarifvertrag entfallen.

7. Kündigung durch Arbeitnehmer

Auch Beschäftigte können mit drei Monaten Frist zum Monatsende kündigen. Eine fristlose Kündigung ist nur bei wichtigem Grund zulässig.

8. Schadensersatz bei verkürzter Kündigungsfrist

Wer durch eine verkürzte Kündigungsfrist Einkommen verliert, kann diesen Betrag als Insolvenzforderung anmelden. Ersatzfähig ist nur der tatsächliche Lohnausfall – anderweitiges Einkommen wird angerechnet.

9. Freistellung: Wann sie zulässig ist

Eine Freistellung ist erlaubt, wenn sie sozial gerechtfertigt ist.
Dabei sind Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten zu berücksichtigen.
Verdienst in der Freistellungsphase wird verrechnet.

10. Sozialplan: Was bleibt, was entfällt

Ein vor der Eröffnung geschlossener Sozialplan kann widerrufen werden.
Nach Eröffnung gilt:

  • Begrenzung auf ein Drittel der Insolvenzmasse

  • Maximal 2,5 Bruttomonatsgehälter pro betroffenen Mitarbeiter

  • Höhe abhängig von Alter, Dauer und sozialer Lage

Wichtige Erkenntnisse

  • Arbeitsverhältnisse bleiben zunächst bestehen.

  • Insolvenzgeld schützt Lohnansprüche.

  • Kündigungen nur mit Grund und Fristverkürzung möglich.

  • Urlaub bleibt erhalten.

  • Arbeitnehmer haben Vorrang vor anderen Gläubigern.

FAQ: Häufige Fragen zur Insolvenz

Was passiert mit meinem Arbeitsvertrag bei Insolvenz?
Er bleibt gültig – bis zur eventuellen Kündigung durch den Insolvenzverwalter.

Wie schnell bekomme ich Insolvenzgeld?
Nach Eröffnung des Verfahrens, rückwirkend für drei Monate.

Verliere ich meinen Urlaub?
Nein, Urlaubsansprüche bleiben erhalten.

Darf der Arbeitgeber mich einfach freistellen?
Nur nach sozialen Kriterien und mit fairer Abwägung.

Kann ich selbst kündigen?
Ja, mit drei Monaten Frist zum Monatsende – fristlos nur aus wichtigem Grund.

Mit Material der Schultze & Braun GmbH & Co. KG