Die Kapazitätsauslastung der Elektrobranche liegt mit 73 Prozent deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt.

Die Kapazitätsauslastung der Elektrobranche liegt mit 73 Prozent deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. (Bild: metamorworks - stock.adobe.com)

Die deutsche Elektro- und Digitalindustrie ist in der Krise. „Die preisbereinigte Produktion ist massiv eingebrochen“, sagte ZVEI-Präsident Gunther Kegel auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes. Das vergangene Jahr war geprägt von erheblichen Rückgängen in allen wichtigen Bereichen.

So ist die Produktion von Januar bis November 2024 dem ZVEI zufolge um neun Prozent zurückgegangen. Damit wurden auch die im Herbst 2024 korrigierte Prognose von minus sieben Prozent verfehlt. Zu Beginn des Jahres ging der Verband noch von einem Rückgang von nur zwei Prozent aus.

Kegel erklärte, die Schwere des wirtschaftlichen Einbruchs werde, deutlich, wenn man sich den Rückgang während der Corona-Pandemie anschaue: „In der Hochphase der Pandemie, als die Lieferketten teilweise rissen, betrug der Produktionsrückgang nur etwa sechs Prozent in 2020“, so der ZVEI-Präsident.

Der Umsatz lag 2024 bei rund 223 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es 238 Milliarden Euro.

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(Bild: SV Veranstaltungen)

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So ist die Lage in der Elektrobranche

Und die Lage bleibt weiter angespannt. Die Kapazitätsauslastung liegt mit 73 Prozent deutlich – rund zehn Prozent – unter dem langjährigen Durchschnitt und „sicherlich mehr als 15 Prozent unter unserem Ziel“, sagt Kegel.

Derzeit sind rund 38.000 Beschäftigte der Branche in Kurzarbeit. „Das ist im Vergleich zur Coronazeit mit über 180.000 Menschen eher moderat und deutet darauf hin, dass die Phänomene eben nicht nur konjunkturell bedingt sind“, so der ZVEI-Präsident weiter.

Die Zahl der Beschäftigten ist mit rund 892.000 relativ stabil geblieben. Hier gab es einen Rückgang von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Export: Keine Impulse aus dem Ausland

Es gibt derzeit keine positiven Impulse aus dem Auslandsgeschäft, was die schwierige Lage der Branche zusätzlich verschärft.

China und die USA bleiben für die exportabhängige Branche jedoch weiter wichtige Märkte. Die beiden Länder decken mehr als die Hälfte des globalen Elektromarktes ab.

Allerdings gingen auch hier die Geschäfte zurück. Die Ausfuhren sanken insgesamt um knapp vier Prozent. China liegt dabei mit Exporten von 23,3 Milliarden Euro knapp vor den USA (23 Milliarden Euro). Frankreich ist mit 13 Milliarden Euro der größte europäische Abnehmer.

Der ZVEI geht davon aus, dass die Branche in den USA nicht im direkten Fokus von möglichen Zollerklärungen oder Handelshemmnissen stehen wird. Zollmaßnahmen würden dem Verband zufolge die deutschen Unternehmen genauso hart treffen, wie die amerikanischen. Der Grund: Beide sind auf internationale Lieferketten angewiesen.

Das hemmt die Elektrobranche in Deutschland

Auch der heimische Markt steckt in der Krise. Der Inlandsabsatz ist um über sieben Prozent zurückgegangen. Der ZVEI sieht die Ursachen hierfür nicht nur in der Konjunktur, sondern auch in strukturellen Problemen.

Diese Herausforderungen gibt es den ZVEI zufolge unter anderem:

  • Wettbewerbsfähigkeit: Die Standortbedingungen in Deutschland sind dem Verband zufolge nicht wettbewerbsfähig. Der ZVEI spricht von "hausgemachten" Problemen.
  • Überregulierung: Die übermäßige Bürokratie und Regulierung belasten die Unternehmen erheblich. So liegen die Bürokratiekosten für die deutsche Wirtschaft jährlich bei 65 Milliarden Euro. Allein die Umsetzung der CSRD-Richtlinie kostet 1,6 Milliarden Euro jährlich. Über die Hälfte der Unternehmen haben 2022 und 2023 geplante Investitionen nicht umgesetzt, weil der bürokratische Aufwand zu hoch war.
  • Hohe Kosten: Die Unternehmen leiden unter hohen Arbeitskosten, hohen Energiepreisen und einer hohen Unternehmensbesteuerung.

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Das fordert die Elektrobranche von der deutschen Politik

Der ZVEI fordert deshalb von der neuen Bundesregierung eine grundlegende Effizienzwende, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu sichern. Dazu zählt zum Beispiel der Bürokratieabbau. „Die Bürokratie ist eine große Belastung für die Industrie“, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung.

Die Regulierungsflut muss gestoppt und bürokratische Hürden abgebaut werden, so der Verband. Dazu gehört die Anpassung des Lieferkettengesetzes sowie eine Whitelist für unbedenkliche Beschaffungsregionen.

Zudem sollen Investitionsanreize geschaffen werden, etwa durch beschleunigte Abschreibungsmöglichkeiten und Investitionsprämien. Auch die Energiewende müsse konsequent vorangetrieben werden. Eine weitere Forderung: Die Senkung der Unternehmenssteuer und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

Was Horn, Lapp, Grob sowie der VDMA und VDW von der Politik fordern, lesen Sie hier:

Ausblick: Reformen dringen notwendig

Für 2025 erwartet der ZVEI weiter einen Produktionsrückgang, allerdings nur von zwei Prozent. Es braucht mutige und disruptive Maßnahmen, damit Deutschland im globalen Wettbewerb wieder mithalten kann, so Kegel.

Der ZVEI sieht die Politik in der Pflicht, durch eine umfassende Effizienzwende die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken.

Sollte es nicht gelingen, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken, drohe ein weiteres Rezessionsjahr, der Verlust von Marktanteilen und ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen. Laut ZVEI hat bereits jetzt jedes dritte große Industrieunternehmen seine F&E-Tätigkeit ins Ausland verlagert oder zieht dies zumindest in Erwägung.

Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Die Autorin: Anja Ringel

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen.

Nach Stationen bei diversen Tagezeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Daneben ist sie einer der Podcast-Hosts von Industry Insights.

Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken.

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