
Die aktuellen Herausforderungen in der Werkzeugmaschinenindustrie sind vielfältig. Nicht nur die Unternehmen müssen 2025 ihre Hausaufgaben machen, sondern auch die Politik. Was die Branche bewegt und fordert, lesen Sie im Artikel. (Bild: Kzenon - stock.adobe.com)
In der Werkzeugmaschinenbranche stehen deutsche Hersteller schon seit Jahrzehnten an der Spitze. Doch das wirtschaftliche und politische Umfeld macht es den Unternehmen momentan nicht leicht, diese Spitzenposition zu halten. Vertreter der Branche sind trotzdem positiv gestimmt: „Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie sieht sich im internationalen Wettbewerb sehr gut aufgestellt, dies trotz der zahlreichen Herausforderungen“, berichtet Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) auf der Jahrespressekonferenz des Verbands. Die Branche investiere kontinuierlich in Forschung und Entwicklung sowie in gut ausgebildete Fachkräfte, um auch zukünftig auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Welchen Herausforderungen müssen sich Werkzeugmaschinenhersteller aktuell stellen?
Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie ist trotz ihrer starken Position im globalen Markt aktuell mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Einige der wichtigsten globalen Herausforderungen, die die Branche laut VDW beeinflussen, sind:
- Mögliche Handelskriege: Vor allem ein Handelskrieg zwischen den USA und China könnte die Weltwirtschaft beeinträchtigen und die europäische und deutsche Industrie, einschließlich der Werkzeugmaschinenindustrie, treffen.
- Wettbewerb aus China: Chinesische Hersteller holen technologisch auf und werden sowohl im Inland als auch in Drittmärkten zunehmend wettbewerbsfähiger. Das zeigt sich schon jetzt in einer geringeren Abnahme von deutschen Werkzeugmaschinen in China.
- Transformationsprozess in der Automobilindustrie: Der Übergang von Verbrennungsmotoren zu Elektroantrieben hat zu Unsicherheiten und Strukturveränderungen bei Zulieferern und Ausrüstern geführt. Das betrifft auch die Werkzeugmaschinenhersteller. Die Automobilbranche ist nicht mehr der größte Abnehmer für Werkzeugmaschinen, sondern der Maschinenbau.
- Fachkräftemangel: Das Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte stellt weiterhin eine Herausforderung für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie dar. Die Suche nach geeigneten Arbeitskräften bindet zu viele Ressourcen. In konjunkturell schwachen Phasen ist es außerdem schwierig, die Fachkräfte zu halten.
- Überbordende Bürokratie: Die zunehmende Bürokratie stellt eine Belastung für die Unternehmen dar. Dazu gehören beispielsweise neue Gesetze und Verordnungen wie das Lieferkettengesetz oder der Cyber Resilience Act. Bürokratie und Dokumentationspflichten verursachen hohe Kosten und drücken die Umsatzrendite der Branche.
Wie entwickelt sich die Werkzeugmaschinenbranche in Deutschland?
Trotz der Herausforderungen hält sich die Branche im internationalen Vergleich gut. 2024 belegten deutsche Werkzeugmaschinenhersteller in der Produktion Platz 2 hinter China und im Export Platz 1 gleichauf mit China.
Die Zahlen zeigen allerdings deutlich die herausfordernde wirtschaftliche Lage: Die Produktionsleistung sank 2024 Schätzungen von Oxford Economics zufolge um rund vier Prozent auf 14,8 Milliarden Euro. Für 2025 erwartet der VDW ein weiteres Minus von 10 Prozent auf zirka 13,3 Milliarden Euro.
Denn auch der Auftragseingang, der als Frühindikator gilt, sinkt weiterhin. Bis November waren es 22 Prozent weniger Aufträge als im Vorjahr. Das Inland verlor ein Zehntel, das Ausland hingegen mit 27 Prozent Minus fast dreimal so viel.
Der Export sank bis Oktober 2024 um fünf Prozent. Innerhalb der Triade war der Rückgang in Europa mit 16 Prozent am stärksten. Amerika hingegen entwickelte sich positiv, mit einem Plus von 17 Prozent. Damit haben die USA China als wichtigsten Absatzmarkt überholt.
Die Beschäftigung in der Branche ist bis November 2024 leicht gestiegen, auf rund 65.300 Mitarbeitende. Das zeigt, dass die Unternehmen versuchen, ihre Belegschaft trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen zu halten.
Wie entwickeln sich die verschiedenen Märkte?
Vor allem die Krise in der Automobilindustrie sowie die Unsicherheiten in den beiden großen Abnehmermärkten USA und China machen sich bemerkbar: Der Verbrauch von Werkzeugmaschinen ist 2024 im Hauptabnehmermarkt Europa um 18 Prozent gesunken. Dabei verloren die beiden größten Märkte Deutschland und Italien 12 beziehungsweise 28 Prozent. China stagnierte, in den USA schrumpfte der Markt um 7 Prozent.
Dennoch sieht der VDW in Europa gute Chancen für Maschinenhersteller. Mit 450 Millionen kaufkräftigen Konsumenten allein in der EU und einer beginnenden Erholung der Industrieinvestitionen bleibe Europa ein interessanter und attraktiver Absatzmarkt. Dort seien deutsche Hersteller bestens etabliert, genießen einen sehr guten Ruf und sind nahe beim Kunden. „Dieses Potenzial kann in Zukunft noch stärker ausgeschöpft werden“, empfiehlt der VDW-Vorsitzende Bernhard. Das europäische Investitionsgeschehen sei breit gefächert. Besonders dynamisch investiert die Luftfahrt- und Rüstungsindustrie in Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Investitionen in den Ausbau der Solarenergie sowie in die Wasserstoff- und Batteriefertigung fokussieren Spanien, Italien und Portugal. In Skandinavien, Großbritannien und den Niederlanden dominiert die Windenergie. In Italien werden weitere Steuergutschriften für Investitionen in der Industrie erwartet. Die Nachfrage sollte daher im laufenden Jahr wieder etwas anziehen.
Die USA zeigen aufgrund günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen großes Potenzial als Wachstumsmarkt. Deutsche Unternehmen können von den neuen Investitionsprogrammen in den USA profitieren, so der VDW. „Die niedrigen Energiepreise und Steuern, weniger Bürokratie und Ausgabenprogramme wie der Inflation Reduction und der Chip Act ziehen die Investitionen ins Land“, so Bernhard. „Dies wird sich unter der neuen Regierung Trump mit America First weiter verstärken.“ Der Vorteil sei, dass deutsche Hersteller Technologien liefern, die vor Ort nicht hergestellt werden, aber zur Industrialisierung dringend benötigt würden. „Grundsätzlich würde ein stärkerer Protektionismus mit generell höheren Importzöllen auch die europäische und deutsche Industrie und somit unsere Kunden und natürlich dann auch uns als Werkzeugmaschinenbranche treffen“, ergänzt der VDW-Vorsitzende.
China ist der zweitgrößte Markt für deutsche Werkzeugmaschinen, aber die Nachfrage ist 2024 gesunken. Gründe dafür sind Überkapazitäten, Deflation, Konsumzurückhaltung und sinkende Investitionen in traditionelle Industrien. Der Fokus liegt aktuell stärker auf Elektromobilität, Windkraft und Solarenergie. Die chinesische Regierung hat den sogenannten Large Scale Equipment Renewal Plan aufgesetzt. Mit günstigen Krediten und Subventionen soll die industrielle Ausrüstung erneuert werden. Dazu gehört auch der Ersatz von Werkzeugmaschinen, die älter als zehn Jahre sind. Zusammen mit Maßnahmen zur Stützung des Konsums könnten sich im laufenden Jahr in China daraus wieder erste Impulse ergeben. „Um bestehen zu können, müssen die deutschen Hersteller ihren technologischen Vorsprung jedoch konsequent durch Innovationen sichern und weiter ausbauen“, weiß Bernhard.
Indien hat sich zu einem wachstumsstarken Markt entwickelt und die Exporte sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie die Automobilindustrie in Indien planen hohe Investitionen, was Chancen eröffnet.
Auch die kleineren Märkte in Südostasien bieten Potenzial, aber der Wettbewerb ist dort groß. Verstärkte Anstrengungen lohnen sich laut VDW dennoch, da sich internationale Konzerne in diesen Ländern engagieren, auch als Standortalternative zu China. Zu diesen Märkten gehören Thailand, Malaysia, Vietnam und Indonesien.

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2025 geht es weiter! Die Branche trifft sich am 16. und 17. September 2025 in Berlin.
Was fordert die Branche von der Politik?
Der VDW fordert von der Politik mutige Reformen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland zu stärken. Es gehe darum, „nach der Bundestagswahl am 23. Februar zügig einen überzeugenden Fahrplan für mehr Wirtschaftswachstum aufzustellen“, sagt Bernhard. „Weiteren Zeitverlust können wir uns schlichtweg nicht mehr leisten.“
Ganz oben auf der Liste der To dos sollte der Abbau der „überbordenden Bürokratie mit den zahlreichen Dokumentationspflichten“ stehen. Der bürokratische Aufwand koste die Unternehmen aktuell zwischen 1 und 3 Prozent ihres Umsatzes – Geld, das für Investitionen fehlt.
Außerdem leide Deutschland im internationalen Vergleich unter hohen Steuerbelastungen sowie hohen Energie- und Lohnkosten. Auch bemängelt der VDW den schlechten Zustand der Infrastruktur in Deutschland. Ein weiteres Problem sei die fehlende Planbarkeit des Transformationsprozesses in der Automobilindustrie, in der Energieversorgung und beim Klimaschutz. In diesen Bereichen müsse die Politik nun dringend handeln.

Die Autorin Julia Dusold ist Technik-Redakteurin bei mi connect. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Fertigungstechnologien, zum Beispiel der Zerspanung, der Lasertechnik und dem 3D-Druck. Außerdem in Julias Portfolio: Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie. Gemeinsam mit der Wirtschaftsredakteurin Anja Ringel produziert und moderiert sie den Interview-Podcast Industry Insights.
Vor ihrer Arbeit bei mi connect hat Julia zuerst Physik und dann Wissenskommunikation studiert. In ihrer Freizeit ist sie gerne am, im und auf dem Wasser unterwegs oder reist auf diverse Weisen in fiktive Welten.