
Continental will wieder zum reinen Reifenhersteller werden und die Kunststoffsparte Contitech abstoßen. (Bild: Continental)
Der vor der Aufspaltung stehende Autozulieferer und Reifenhersteller Continental plant nun offenbar die Trennung von seiner Kunststofftechniksparte Contitech. Der Vorstand des Konzerns hat laut Mitteilung die Verselbstständigung des Unternehmensbereichs Contitech beschlossen. Über die genaue Ausgestaltung soll erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Nach aktuellem Stand wird der Verkauf als wahrscheinlichste Option angesehen.
Continental plant bereits die Abspaltung seiner Autozuliefersparte, die als eigenständiges Unternehmen an die Börse kommen soll. Der Börsengang der Sparte unter neuem Namen soll im September erfolgen, wenn die Aktionäre der Grundsatzentscheidung Ende April zustimmen. Ein möglicher Verkauf von Contitech solle erst danach erfolgen. Vorbehaltlich notwendiger Beschlüsse könnte eine Verselbstständigung im Laufe des Jahres 2026 erfolgen.
Conti schrumpft wieder zum Reifenhersteller
Der Verkauf von Conti hat ergeben, dass das Unternehmen künftig nur noch auf das Reifengeschäft fokussiert sein wird. Laut Mitteilung soll der Zulieferer damit wieder ein „fokussiertes globales Reifenunternehmen“ werden. Für den Konzern bedeutet dies eine signifikante Konsolidierung: Das verbleibende Reifengeschäft wird 2024 lediglich ein Drittel des Konzernumsatzes und 57.000 der insgesamt rund 190.000 Mitarbeiter umfassen.
Continental hatte bereits geplant, diejenigen Teile von Contitech, die an die Autoindustrie liefern, zum Verkauf zu stellen. An dieser Entscheidung wird festgehalten, und im Anschluss ist der Verkauf des verbleibenden Industriegeschäfts vorgesehen. Das Unternehmen beschäftigt rund 39.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Jahr 2024 einen Umsatz von rund 6,4 Milliarden Euro. Damit entfiel knapp ein Sechstel des Konzernumsatzes und jeder fünfte Beschäftigte auf diese Sparte. Die Sparte liefert unter anderem Schläuche, Antriebsriemen und Förderbänder für die Industrie.
Gewerkschaften kritisieren Spaltungs-Päne
Die Gewerkschaften IG Metall und IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) üben scharfe Kritik an den Plänen. „Die Trennung von Contitech in diesen Zeiten weltwirtschaftlicher Unsicherheit ist sozial unverantwortlich, ökonomisch waghalsig und technologisch unsinnig", kritisiert Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden IGBCE-Hauptvorstands.
Grioli forderte eine langfristige Beschäftigungs- und Standortsicherung sowie eine Investitionsoffensive für Contitech. Der bisher vereinbarte Kündigungsverzicht bis Ende 2026 reiche nicht aus. „Ohne eine deutliche Ausweitung dieser Garantien und eine verlässliche Beschäftigungssicherung werden wir dieser Abspaltung nicht zustimmen.“ Auch IG-Metall-Chefin Christiane Benner forderte für die Mitarbeiter „belastbare Zusagen für ihre Arbeitsplätze“.
Personalvorständin verlässt Continental
Personalvorständin Ariane Reinhart verlässt Continental. Die 55-Jährige werde ihr Amt Ende Juni niederlegen, teilte das Unternehmen mit. Ihr Amt werde dann Ulrike Hintze (48) übernehmen. Frau Reinhart ist seit 2014 Personalvorständin bei dem Autozulieferer und Reifenhersteller. Zuvor war sie 15 Jahre im VW-Konzern tätig, zuletzt als Vorstandsmitglied bei Bentley.
Anfänge mit Pferdeschuhen und Fahrradreifen
Der Vorstandschef des Unternehmens, Nikolai Setzer, führte aus, dass das Unternehmen Conti in den vergangenen Jahrzehnten durch Zukäufe stark gewachsen sei. Nun sei der richtige Zeitpunkt für eine tiefgreifende Neuaufstellung gekommen. „Wir schaffen drei starke, unabhängige Champions, die ihr volles Wachstums- und Wertschaffungspotenzial als selbstständige Unternehmen entfalten werden.“
Der Ursprung des Unternehmens Conti liegt im Jahr 1871, als zunächst Pferdeschuhe, Reifen für Kutschen und Fahrräder hergestellt wurden. Später wurden auch Autoreifen in das Sortiment aufgenommen. Durch mehrere Akquisitionen, darunter im Jahr 2007 die Firma VDO, wuchs das Unternehmen schließlich zum drittgrößten Autozulieferer der Welt. Im Jahr 2021 wurde die Sparte für Antriebssysteme, Vitesco, abgespalten und gehört nun zu Schaeffler.
dpa