Scrum, agiles Projektmanagement, Spectra-Physics, Beschleunigung, bessere Zusammenarbeit, Fertigung

"Scrum hilft sehr gut, neue Mitarbeiter in den Arbeitsprozess zu integrieren", sagt Martin Reischmann, Head of Operations von Spectra-Physics Rankweil.

Sie arbeiteten als Einzelkämpfer und nutzten nicht das bei anderen Mitarbeitern vorhandene Wissen, um zu einer Lösung zu gelangen. Der Head of Operations, Martin Reischmann, entschied sich deshalb, die Management-Methode Scrum bei einem Pilot-Projekt an der Fertigungslinie auszuprobieren.

Scrum ist die Umsetzung von Lean-Development für das Projektmanagement. Das Vorgehen ist bisher vor allem in der Software-Branche etabliert. Dabei arbeitet ein Team bereichsübergreifend schrittweise an der Entwicklung eines neuen Produkts. Aufgrund der Komplexität des Projekts ist dabei das Ergebnis im Voraus noch nicht exakt planbar.

Dem Entwicklungsteam kommt bei Scrum eine entscheidende Rolle zu: Es ist verantwortlich für die Realisierung der einzelnen Produkteigenschaften (Features), es priorisiert die Eigenschaften in einem langfristigen Plan (Product Backlog) und legt fest, welche Eigenschaften in einem Arbeitsschritt (Sprint) realisiert werden müssen.

Das Team kommt zu Beginn jedes Tages für ein maximal 15 Minuten dauerndes Meeting zusammen, bei dem alle Mitglieder ihre Fortschritte und nächsten Ziele (Burndown Charts) mitteilen. Ein Scrum-Master, der nicht weisungsbefugt ist, moderiert das Treffen, schützt das Team vor äußeren Störungen und kümmert sich um Probleme innerhalb des Teams.

Derzeit boomt Scrum in der Medizintechnik, weil sich dort die Zyklen verkürzt haben, in denen die Kunden neue Produkte verlangen. Bisher war die Branche eher konservativ. „Es gab keine großartigen Innovationen, weil sich die Firmen ständig mit Regulatorien auseinandersetzen mussten", erläutert der Scrum-Berater und Autor Boris Gloger. „Das hat sich aber jetzt geändert. Deswegen heißt es jetzt in der Medizintechnik-Branche: Wir müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir schneller werden können. Diese Firmen schauen plötzlich auf Scrum.

Scrum-Einführung lief nicht problemlos ab

Auch bei Spectra-Physics merkte Reischmann, dass die klassischen Verfahren für Produktentwicklung und Produktion zu langsam waren. Bevor ein Prototyp fertig war, gab es schon wieder Wünsche für Produktveränderungen.

Reischmann stellte deshalb zwei Mitarbeiter ab, die sich näher mit den Themen Scrum und Lean beschäftigten. Sie unterstützten die Scrum-Einführung, indem sie in der Anlaufphase bei allen Besprechungen des Teams dabei waren.

Jetzt wird Scrum flächendeckend in der gesamten Fertigung bei allen Teams eingesetzt. Kleine Subteams treffen sich täglich zu Meetings an einem Visualisierungs-Board, sie besprechen die Arbeitspakete und die Zielerreichung. Dabei tauschen sie sich darüber aus, was ihnen helfen kann, das Ziel zu erreichen. Auch das Team, das sich um die Produktüberführung von der Entwicklung in die Produktion kümmert, das Team Production Engineering, arbeitet jetzt mit Scrum.

Die Scrum-Einführung lief dabei nicht ganz problemlos ab. „Jede Einführung, die man macht, ist mit ein wenig Widerstand verbunden", berichtet Reischmann. „Das haben wir hinter uns. Wir konnten auch Leute, die sehr kritisch waren, mit dem Doing überzeugen, dass es funktioniert. Um Widerstände abzufedern, hatte der Manager zu Beginn auch den Berater Gloger engagiert.

Reischmann hat mit Scrum erreicht, dass die Zusammenarbeit der Mitarbeiter in der Fertigung verbessert wurde. Zudem sehen alle Beschäftigten durch eine Visualisierung in einem langen Gang tagesaktuell, wie die Situation in der Fertigung ist, welche Aktivitäten laufen und wo Probleme auftreten.

„Zum anderen hilft Scrum sehr gut, neue Mitarbeiter in den Arbeitsprozess zu integrieren", ergänzt Reischmann. „In den Meetings verstehen sie, welche Herausforderungen es geben kann und wie mögliche Lösungen dafür aussehen können."

Aktuell überprüfen die Mitarbeiter bei Spectra-Physics den Erfolg der Sprints in einem Review. Sie überlegen, wie sie das Vorgehen noch effizienter machen können. Dazu treffen sie sich auch mit Anwendern aus externen Firmen, die Scrum in anderen Unernehmensbereichen nutzen, um sich über deren Stolpersteine zu informieren. Auf diese Weise sollen die Scrum-Master nochmals sensibilisiert werden für mögliche Störungen, die sie beseitigen können. Ferner arbeiten die Scrum-Spezialisten noch daran, die Visualisierungen zu verbessern.

Welches Interesse an Scrum besteht, zeigt auch die Investition von mehr als 500 000 US-Dollar in mehr als 70 verschiedene Veranstaltungen zu dem Thema durch die Scrum Alliance. Die Non-Profit-Organisation mit 350 000 Mitgliedern unterstützt globale und regionale Veranstaltungen sowie Treffen von Scrum-User-Groups. Dabei erfahren die Teilnehmer, welche Projekte erfolgreich realisiert wurden und welche neuen Tools es gibt. Sie treffen Gleichgesinnte aus aller Welt und tauschen sich über agile Methoden aus. 2015 will die Alliance ein Learning Consortium schaffen. Das dokumentiert das Vorgehen verschiedener Firmen bei Scrum. Anschließend präsentieren Mitarbeiter der Organisation die Ergebnisse auf einer Konferenz.

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