Studie des Umweltbundesamtes

UBA: Pkw-Maut und Verbrenner-Aus schon ab 2032

Neun von zehn Neuwagen sollen bis 2030 rein elektrisch fahren – das Umweltbundesamt drängt auf einen radikalen Umbau von Industrie und Verkehr in Deutschland.

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Angesichts der beschleunigten Erderwärmung fordert das Umweltbundesamt mehr Ehrgeiz und Tempo beim Klimaschutz - und macht dazu weitreichende Vorschläge.
Angesichts der beschleunigten Erderwärmung fordert das Umweltbundesamt mehr Ehrgeiz und Tempo beim Klimaschutz - und macht dazu weitreichende Vorschläge.

Neue Zielmarken für den Straßenverkehr

Prof. Dr. Dirk Messner, der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA).
Prof. Dr. Dirk Messner, der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA).

Das Umweltbundesamt fordert ein früheres Verbrenner-Aus und die Einführung einer Pkw-Maut auf allen Straßen. In einer aktuellen Studie wird empfohlen, dass ab dem Jahr 2032 keine neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Dies wäre drei Jahre früher als der bisherige EU-Beschluss, der das Aus für Verbrenner-Neuwagen ab 2035 vorsieht. In dem Bericht heißt es: „Deutschland sollte dieses Ziel schon mindestens drei Jahre früher erreichen und spätestens ab 2032 keine Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr neu zulassen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, müsse die Transformation der deutschen Automobilindustrie konsequent vorangetrieben werden.

Ergänzend dazu wird in der Studie die Einführung einer Pkw-Maut ab dem Jahr 2030 auf allen Straßen vorgeschlagen. Diese Maut soll bis 2035 stufenweise angehoben werden und sich dabei an der individuellen Fahrleistung orientieren. Damit solle nicht nur eine Verkehrsverlagerung gefördert, sondern auch die Finanzierung der Infrastruktur langfristig gesichert werden. Parallel dazu solle die bisher nur auf Bundesfernstraßen geltende Lkw-Maut ebenfalls ab 2030 auf das gesamte Straßennetz ausgedehnt werden.

Luftverkehr und Steuervergünstigungen

Auch für den Luftverkehr schlägt das Umweltbundesamt strukturelle Änderungen vor. Die bislang bestehende Steuerbefreiung für Kerosin solle bis zum Jahr 2030 schrittweise auslaufen. Ebenso sei das Ende der Mehrwertsteuerbefreiung auf internationalen Flügen vorgesehen. Ziel ist es, auch den Flugverkehr konsequent in die Klimaschutzstrategie einzubinden und bestehende steuerliche Privilegien abzubauen.

Fossile Industrieanlagen und Kraftwerksstrategien

Auch zur Industrie gibt es konkrete Ziele. Betriebsgenehmigungen für neue Industrieanlagen auf fossiler Basis - also Öl, Gas und Kohle - dürften maximal bis 2045 befristet werden, dies erhöhe die Planungssicherheit und vermeide „gestrandete“ Vermögenswerte. Auch der Betrieb von Kraftwerken mit fossilen Energieträgern sei mit einer treibhausgasneutralen Stromerzeugung unvereinbar, "daher ist analog zum Ausstieg aus der Kohleverstromung auch das Ende der Erdgasverstromung bis spätestens 2040 zu vollziehen", heißt es. Damit eine gesicherte Kraftwerksleistung zur Verfügung steht, müssten bis 2045 Wasserstoffkraftwerke im ausreichenden Umfang installiert und umgerüstet werden.

Soziale Ausgleichsmechanismen im Fokus

In der Studie wird betont, dass die sozialen Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht vernachlässigt werden dürfen. „Ohne soziale Flankierung kann dies zu erheblichen individuellen, gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen führen“, heißt es. Die Einführung höherer CO₂-Preise soll daher von einem Ausgleichsmechanismus begleitet werden. Konkret wird vorgeschlagen, dass die Einnahmen aus dem CO₂-Preis für Verkehr und Gebäude an die Bevölkerung zurückgeführt werden.

Im Zentrum steht dabei eine sozial gestaffelte Klimaprämie, die vor allem Haushalten mit geringem und mittlerem Einkommen zugutekommen soll. Diese Maßnahme wird als Basisabsicherung beschrieben und soll helfen, soziale Schieflagen im Zuge der Klimapolitik zu vermeiden.

Kommentar: Hallo - Realität?

Die deutsche Industrie steckt in einer tiefen strukturellen Krise. Im Maschinenbau gehen die Produktionszahlen seit zwölf Quartalen ungebremst zurück, die Auftragslage bleibt instabil, und Investitionen sowie Forschung fließen vermehrt ins Ausland ab. Trotzdem treiben Behörden ihre ambitionierten Klimavorgaben immer weiter voran. Die UBA-Studie blendet zur Unzeit die wirtschaftliche Realität und die aktuellen politischen Prioritäten vollständig aus: Sie verlangt teure Umstellungen in einer Phase, in der Unternehmen und Staat jeden Euro in Modernisierung, Digitalisierung und Fachkräftebindung stecken müssen.

Die Ampel-Vorgängerregierung wurde dafür kritisiert, großspurige Ziele zu formulieren, ohne Lösungen für Bürokratie- und Finanzierungsprobleme zu bieten. Die neue Koalition versucht jetzt, mit Steuersenkungen, Investitionsanreizen und Bürokratieabbau zumindest den akuten Schaden zu begrenzen. Diese pragmatischen Maßnahmen sind für den Maschinenbau überlebensnotwendig. Die Studie des UBA konterkarriert dies in Verkennung oder Unkenntnis der Lage.

Natürlich darf das Erreichen der Klimaziele nicht aus dem Blick geraten; die Industrie selbst hat ein starkes Interesse an einer nachhaltigen Energieversorgung. Dafür braucht sie jedoch verlässliche Rahmenbedingungen, internationale Wettbewerbsfähigkeit und Technologien, die sich auch in der Praxis bewähren. Statt nationaler Alleingänge muss das UBA gemeinsam mit Industrie, Politik und Gewerkschaften realistische Wege zur Emissionsminderung erarbeiten. Ohne Technologieoffenheit, Innovationsförderung und wirtschaftliche Vernunft droht die Klimapolitik, dem Maschinenbau – eine zentrale Säule des Wohlstands – schweren Schaden zuzufügen.

Stefan Weinzierl

Mit Material der dpa

FAQ zur Studie und den Forderungen des UBA

  • Was fordert das Umweltbundesamt in Bezug auf neue Pkw mit Verbrennungsmotor? - Ab 2032 sollen keine neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden.
  • Welche Maßnahmen werden zur Finanzierung des Verkehrssektors vorgeschlagen? - Eine flächendeckende Pkw-Maut ab 2030, gestaffelt nach Fahrleistung, sowie die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen. 
  • Welche steuerlichen Änderungen betrifft der Luftverkehr? - Die Steuerbefreiung für Kerosin und die Mehrwertsteuerbefreiung im internationalen Luftverkehr sollen bis 2030 entfallen. 
  • Wie lange dürfen fossile Industrieanlagen noch genehmigt werden? - Betriebsgenehmigungen sollen nur noch bis spätestens 2045 erteilt werden dürfen.
  • Was wird für die Stromerzeugung aus Erdgas empfohlen? - Die Erdgasverstromung soll spätestens bis 2040 beendet werden. 
  • Wie sollen soziale Härten durch Klimapolitik vermieden werden? - Durch Rückerstattung der CO₂-Preis-Einnahmen in Form einer sozial gestaffelten Klimaprämie.