Rückgang bei Umsatzerwartungen und Exporten
US-Zölle bremsen Baden-Württembergs Maschinenbau
Die Maschinenbauindustrie in Baden-Württemberg rutscht tiefer in die Krise. Exportflaute, US-Zölle und eine lähmende Bürokratie bringen das Rückgrat der Industrie ins Wanken – und lassen kaum Raum für Optimismus. Doch es gibt erste Lichtblicke.
Im Produzierenden Gewerbe, speziell auch im Maschinenbau, blickt man aktuell aufgrund sinkender Produktion etwas sorgenvoll in die Zukunft.
(Bild: stockmotion - stock.adobe.com - KI-generiert)
Der Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württemberg steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Vor allem die anhaltenden Unsicherheiten im internationalen Handel belasten die stark exportorientierte Branche spürbar. Hauptursachen sind die protektionistische Zollpolitik der USA und die weiteren geopolitischen Konflikte. „Diese Faktoren beeinträchtigen die Investitionsbereitschaft und die Planungssicherheit der Unternehmen. Aber auch struktureller Ballast in Form von Überregulierung und zu hoher Kostenbelastung wirken wie eine angezogene Handbremse auf die Wachstumschancen“, kommentiert Dr. Mathias Kammüller, Vorsitzender des VDMA Baden-Württemberg.
Was steckt hinter dem Rückgang im Auslandsgeschäft?
Die Bilanz für das laufende Halbjahr fällt für den Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württemberg ernüchternd aus. Die Auftragseingänge sind in den ersten acht Monaten des Jahres im Vergleich zum bereits schwachen Vorjahreszeitraum real um vier Prozent zurückgegangen. Im Inlandsgeschäft deutet ein leichtes Minus von einem Prozent darauf hin, dass zumindest die Talsohle erreicht ist. Es fehlt jedoch weiterhin an klaren Wachstumsimpulsen, sodass sich eine mögliche Erholung nur äußert zögerlich vollziehen dürfte. Auf den Auslandsmärkten wurde hingegen ein Auftragsrückgang von fünf Prozent verzeichnet. Nach dem Jahreswechsel hatte sich zwar zunächst ein positiver Trend angedeutet, jedoch kam es infolge der US-Zölle zu einem starken Rückgang der Orders allein aus den Nicht-Euro-Ländern in Höhe von elf Prozent.
Hoffnung 2026 – erste positive Signale in Sicht
Zudem zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage mit Blick auf die Umsatzerwartungen ein deutlich eingetrübtes Stimmungsbild: Nur rund ein Drittel der Unternehmen rechnet nach dem dritten Quartal mit einer nominalen Umsatzsteigerung im laufenden Jahr – und das meist im niedrigen einstelligen Bereich. Weitere 28 Prozent erwarten zumindest eine Stagnation. Auf Basis dieser Einschätzungen dürfte der Maschinenbauumsatz 2025 in Baden-Württemberg bereits im zweiten Jahr in Folge sinken und mit rund 80 Milliarden Euro fünf Prozent nominal unter dem Vorjahresergebnis liegen. Für 2026 zeigt sich ein verhaltener Optimismus: 55 Prozent der Betriebe rechnen mit einem Umsatzplus, nur noch jeder zehnte mit einem Rückgang. Auch Frühindikatoren wie eine Belebung des Ersatzteilgeschäfts deuten darauf hin, dass sich der Markt nach dem Jahreswechsel langsam erholen könnte.
US-Zölle hinterlassen deutliche Spuren beim Export
„Viele Unternehmen hatten ihre Hoffnungen auf ein positives zweites Halbjahr 2025 gestützt. Jedoch werden knapp 80 Prozent der Maschinenbauumsätze im Exportgeschäft erwirtschaftet. So ist es nicht verwunderlich, dass die unberechenbare Zollpolitik der USA als wichtigstem Handelspartner deutliche Spuren im Absatz hinterlässt und damit die Wirtschaft bremst“, erklärt der Vorsitzende Dr. Mathias Kammüller. Insgesamt verzeichnete der baden-württembergische Maschinen- und Anlagenbau im ersten Halbjahr 2025 einen deutlichen Rückgang im Exportgeschäft von nominal sechs Prozent auf rund 22,8 Milliarden Euro. Davon wurden gut 15 Prozent, beziehungsweise 3,5 Milliarden Euro in den USA erwirtschaftet. Jedoch bedeutet dies allein im US-Geschäft einen Exportrückgang von etwa 10 Prozent (minus 0,5 Milliarden Euro) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Warum trifft die US-Zollpolitik den Maschinenbau so hart?
Das Zollabkommen zwischen der EU und den USA ist aus Sicht des Maschinen- und Anlagenbaus kein Verhandlungserfolg, sondern trifft die Branche empfindlich. Die pauschale 15-Prozent-Regelung wird durch den 50-prozentigen Zollsatz auf Stahl- und Aluminiumprodukte faktisch ausgehebelt. „Das bedeutet erhebliche finanzielle Belastungen sowie einen enormen bürokratischen Aufwand, der für viele Unternehmen kaum zu stemmen ist“, erklärt Dr. Kammüller.
Für die Berechnung des korrekten Zollsatzes müssen Zusammensetzung, Gewicht, Herkunft und Kosten sämtlicher Stahl- und Aluminiumteile einer Maschine einzeln erfasst werden – Fehler können zu hohen Strafzahlungen und zur Aufnahme auf Watchlists der US-Behörden führen. Die EU-Kommission müsse daher dringend nachverhandeln und den USA verdeutlichen, dass für deren Produktion die europäischen Maschinen große Relevanz hätten. Daher müsse man diese von den Strafzöllen ausnehmen und auch höhere sektorale Zölle ausschließen, fordert der VDMA-Landesvorsitzende.
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Produktion und Kapazitätsauslastung unbefriedigend
Auch die Produktion im Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württemberg hat in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres mit einem Minus von knapp vier Prozent die Erwartungen deutlich verfehlt. Infolge des Auftragsmangels ist Kapazitätsauslastung im Juli 2025 auf einen Wert von 77,6 Prozent gesunken und liegt damit deutlich unter dem langjährigen Mittel von 86 Prozent. Für das Jahr 2026 sei vor diesem Hintergrund auch nur mit einem kleinen Plus von einem Prozent zu rechnen.
Weniger Beschäftigte im Maschinen- und Anlagenbau
Die wirtschaftliche Schwächephase zeigt nun auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im Maschinen- und Anlagenbau. Bis zum Jahreswechsel blieb die Zahl der Beschäftigten mit über 330.000 weitgehend stabil. Doch inzwischen mussten einige Unternehmen anstelle von Kurzarbeit konkrete Personalanpassungen durchführen. So ist im laufenden Jahr die Beschäftigtenzahl inzwischen um 2,7 Prozent gesunken. Ein Grund zur Sorge ist auch das Ergebnis der aktuellen VDMA-Konjunkturumfrage: Trotz des drohenden Fachkräftemangels, der sich aufgrund der demografischen Entwicklung weiter verschärfen wird, gab jedes Dritte Unternehmen an, selbst die Stammbelegschaft nicht mehr vollständig halten zu können.
Zurückhaltung bei Investitionen infolge schlechter Standortbedingungen
Angesichts des massiven Reformstaus treten auch die Investitionsplanungen der Unternehmen auf der Stelle. Etwa 60 Prozent der 220 Unternehmen, die an der aktuellen Konjunkturumfrage teilgenommen haben, rechnen in diesem und im nächsten Jahr mit stagnierenden oder sogar rückläufigen Investitionen. Damit wächst die Sorge um die schwindende Wettbewerbsfähigkeit. Bürokratie, Steuern, Lohnnebenkosten und Energiepreise belasten die Unternehmen massiv.
Erste Maßnahmen der neuen Bundesregierung wie die Sonderabschreibungen aus dem „Investitionsbooster“ oder die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren im Rahmen der Modernisierungsagenda gingen in die richtige Richtung, aber würden nicht ausreichen. „Wenn sich die Abgabenquote immer weiter der 50-Prozent-Marke nähert, ist der Sozialstaat auf Dauer nicht tragfähig. Statt teurer Wahlgeschenke wie der Mütterrente oder der Stabilisierung des Rentenniveaus braucht es eine klare Strategie mit wirksamen Maßnahmen. Nur dann kann es gelingen, den Wirtschaftsstandort zu stärken und so Arbeitsplätze und den gesellschaftlichen Wohlstand zu sichern“, so der Vorsitzende Dr. Mathias Kammüller.
Quelle: VDMA
FAQ: Maschinen- und Anlagenbau Baden-Württemberg 2025/2026
1. Welche Faktoren belasten aktuell den Maschinenbau in Baden-Württemberg?
Haupttreiber sind geopolitische Unsicherheiten, US-Zölle, eine schwache Inlandsnachfrage sowie strukturelle Belastungen wie Bürokratie und hohe Standortkosten.
2. Wie stark ist der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen?
Die Auftragseingänge sind in den ersten acht Monaten des Jahres real um 4 % gesunken – im Auslandsgeschäft sogar um 5 %.
3. Welche Auswirkungen hat die US-Zollpolitik auf den Export?
Die US-Zölle führen zu einem Exportrückgang von rund 10 % in die USA – besonders durch zusätzliche Belastungen auf Stahl- und Aluminiumkomponenten.
4. Wie entwickelt sich die Produktion im Maschinenbau 2025?
Die Produktionsprognose wurde auf ein Minus von 5 % gesenkt, die Kapazitätsauslastung liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt.
5. Wie hoch ist die aktuelle Kapazitätsauslastung der Branche?
Im Juli 2025 sank die Auslastung auf 77,6 % – deutlich unter dem historischen Mittelwert von 86 %.
6. Wie wirkt sich die Krise auf die Beschäftigung aus?
Die Beschäftigtenzahl ist im laufenden Jahr um 2,7 % zurückgegangen. Unternehmen sehen sich gezwungen, trotz Fachkräftemangel Stellen zu streichen.
7. Welche Rolle spielen Investitionen in der aktuellen Lage?
Rund 60 % der Unternehmen rechnen mit stagnierenden oder sinkenden Investitionen – das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich.
8. Welche Maßnahmen fordert der VDMA von der Politik?
Der Verband verlangt unter anderem Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und eine Überarbeitung des EU-USA-Zollabkommens.
9. Gibt es Hoffnung auf Besserung für 2026?
Ja, rund 55 % der Betriebe erwarten für 2026 wieder ein Umsatzplus. Auch Frühindikatoren wie das Ersatzteilgeschäft zeigen erste positive Impulse.
10. Was bedeutet das neue Zollabkommen für die Branche?
Die 15-Prozent-Regelung wird durch einen faktischen 50-Prozent-Zoll auf Stahl/Aluminium ausgehebelt – verbunden mit massivem Bürokratieaufwand und finanziellen Risiken.