Anders als die zustandsorientierte (Condition Based Maintenance) oder die vorbeugende Instandhaltung (Preventive Maintenance) gilt die RCM laut Autor John Moubray als "Verfahren zur Bestimmung, was getan werden muss, um sicherzustellen, dass ein (technisches) System weiterhin seine Funktion in einem Betriebsumfeld erfüllt." Sprich, es wird analysiert, welche Folgen ein Fehler auf das Gesamtsystem hat und dann definiert, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit dieses Systems zu gewährleisten. Also soll die Vorgehensweise helfen, durch gezielte Instandhaltungsmaßnahmen die Anlagenverfügbarkeit positiv zu beeinflussen und die optimale Vorgehensweise zum Betrieb der Anlagen festzulegen.
Die Anfänge der Anwendung von Reliability Centered Maintenance liegen in der 1960iger Jahren. Damals entwickelte die amerikanische zivile Luftfahrtindustrie eine völlig neue Strategie der Instandhaltung auf der Basis der Betrachtung von Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Risiko. Diese Subkategorie der risikobasierten Instandhaltung etablierte sich in anderen Bereichen dann unter der Bezeichnung RCM.
Bei der Anwendung von RCM ist es einerlei, ob die betroffene Anlage einem Unternehmen aus dem Bereich des Maschinenbaus, der Lebensmitteltechnologie, der Chemie oder der Stahl-Branche angehört: Es sind immer die gleichen Probleme, welche an den Betriebsmitteln auftauchen und mit der Instandhaltungsstrategie analysiert und schlussendlich gelöst werden sollen. Generell kann die Methodik vom Engineering einer Anlage bis in den Betrieb genutzt werden - die nötigen Ressourcen vorausgesetzt.
Die Aufgabe einer RCM-Analyse besteht darin, auf der Entscheidungsgrundlage des Ausfallrisikos für jede relevante Baugruppe einer Anlage die richtige Instandhaltungsstrategie oder -maßnahme zu definieren. Das Ausfallrisiko bestimmt sich dabei als Produkt aus der Ausfallwahrscheinlichkeit und den Kosten des Ausfalls für den Betreiber, der Ausfallkonsequenz. Letzterer Faktor beinhaltet alle Folgekosten, etwa durch Produktionsminderung, Lieferausfälle oder juristische Konsequenzen bei Gefährdungen.
Ein auf den ersten Blick überraschendes Ergebnis der meisten RCM-Analysen ist die Erkenntnis, dass proaktive Instandhaltung in nur geringem Umfang zur Minimierung des Ausfallrisikos von Anlagen beiträgt. Die Statistik von Projektarbeiten nach der Methode "Technische Schwachstellenanalyse mit RCM (tSSA)" belegt, dass sich lediglich 45 Prozent der untersuchten Baugruppen von Produktionsanlagen direkt von der Instandhaltung positiv beeinflussen lassen. In 55 Prozent der Fälle, also in der Mehrzahl, sind andere Ursachen als die Instandhaltung "schuld" an Ausfällen. Zu einem ähnlichen Schluss führen übrigens auch die Erfahrungen von Heinz-Joachim Schulte, dem Leiter des OEE-Instituts (hier geht es zum entsprechenden Interview "Warum am Stillstand (fast) nie die Technik schuld ist")
Der Großteil des Ausfallrisikos und damit auch der Ausfallkosten liegt somit in anderen Bereichen: in der fehlerhaften Konstruktion durch falsches Design oder falscher Materialwahl des Equipments. Verbesserte Instandhaltung trägt also nicht unbedingt zur Senkung des Ausfallrisikos bei. Das bedeutet natürlich auch für die Verantwortlichen der Instandhaltung im anwendenden Unternehmen eine Argumentationshilfe, die gemeinhin durch Analyse-Ergebnisse und Benchmarkvergleiche gut belegt ist. Der Hauptnutzen der Schwachstellenanalyse nach RCM liegt mithin in der Erfassung und Bewertung der technik- und anlagenspezifischen Risiken und in der daraus folgenden Optimierung der Instandhaltung aus technischer Sicht. Zudem lassen sich auch Erkenntnisse zu Aspekten außerhalb des direkten Einflusses der Instandhaltung gewinnen, wie zum Beispiel in der Produktion oder im Asset Management.
Ein Vorteil der RCM-Vorgehensweise liegt in der Möglichkeit, unterschiedliche Zielgrößen wie Anlagenverfügbarkeit, Kostengesichtspunkte oder Ersatzteilmanagement zu definieren. Mit diesem Blickwinkel wird bei der RCM-Methode zuvorderst dasjenige System klar eingegrenzt, das untersucht werden soll. Dann werden die folgenden sieben Fragen geklärt und dokumentiert:
- Welche Funktionen mit welchen Leistungsanforderungen hat das betrachtete System in der Gesamtanlage?
- Welche Störungen liegen vor?
- Woher rühren diese Störungen?
- Was passiert, wenn die Störungen auftreten?
- Was sind die Auswirkungen der Störungen?
- Mit welchen Maßnahmen können die Störungen vorhergesagt oder vermieden werden?
- Welche Schritte sollten erfolgen, wenn die Störungen weder vorhergesagt noch vermieden werden können.
Besonderes Augenmerk liegt auf den Auswirkungen einer Störung. Im Blick sind dabei die Sicherheit, die Folgekosten und die Auswirkungen auf die Umwelt.
Mit Material von Erich Meyer, BIS Chemserv, Technologie, Innovation & Consulting
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