Boeing-Maschine

Erster Seeaufklärer P-8A Poseidon an Marine übergeben

Vier Jahre nach Vertragsunterzeichnung erreicht der erste Seefernaufklärer P-8A Poseidon die deutsche Marine. Die Bundeswehr nutzt damit auf ein System, das taktisch und technologisch neue Maßstäbe setzt.

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Die erste P-8A Poseidon der deutschen Marine steht bei der feierlichen Übergabe auf dem Flugfeld von Boeing in Seattle/USA.
Die erste P-8A Poseidon der deutschen Marine steht bei der feierlichen Übergabe auf dem Flugfeld von Boeing in Seattle/USA.

Nach nur vier Jahren zwischen Vertragsabschluss und Lieferung hat die Bundeswehr am Standort des US-Herstellers Boeing in Seattle das erste von insgesamt acht Seefernaufklärungsflugzeugen vom Typ P-8A Poseidon übernommen. Ein bemerkenswert schneller Ablauf für ein Rüstungsvorhaben dieser Größenordnung. Die Maschine wird voraussichtlich im kommenden Monat an das Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ in Nordholz übergeben.

Die ersten fünf Maschinen wurden bereits im Juni 2021 beauftragt, nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestags grünes Licht gegeben hatte. Im November 2023 folgte die Zustimmung zur Beschaffung von drei weiteren Flugzeugen. Die Bestellung erfolgte über das sogenannte Foreign Military Sales (FMS) Programm – ein Verfahren der US-Regierung zur Abwicklung militärischer Exportgeschäfte mit Partnerstaaten. Damit folgt Deutschland einem bewährten Modell, das bereits von anderen NATO-Staaten genutzt wird.

Das Projekt hebt sich nicht nur durch die kurze Realisierungszeit hervor. Auch technologisch markiert es eine Zäsur für die Deutsche Marine. „Die Deutsche Marine macht mit der P-8A sowohl technologisch als auch in den operativen Fähigkeiten einen riesigen Sprung nach vorne“, so der zuständige Projektverantwortliche im BAAINBw, Fregattenkapitän Björn M.

Die P-8A wird mittelfristig die veraltete P-3C Orion ersetzen. Die Umstellung bedeutet keinen Bruch im Fähigkeitserhalt – im Gegenteil: Mit einem vollständig digitalisierten System, das Informationen in nahezu Echtzeit an die militärischen Lagezentren weiterleiten kann, wird die Effizienz in der Seeraumüberwachung maßgeblich gesteigert. Die Kombination aus moderner Sensorik, automatisierten Prozessen und hoher Reichweite – inklusive Luftbetankungsmöglichkeit – qualifiziert die P-8A nicht nur für U-Boot-Jagd und Aufklärung, sondern auch für Such- und Rettungseinsätze auf hoher See.

Die Entscheidung für ein Serienprodukt auf Basis der Boeing 737 bringt zusätzliche Vorteile. Wartung, Ersatzteilverfügbarkeit, Schulung und Logistik profitieren von einer vorhandenen globalen Infrastruktur. Zudem wird die deutsche Industrie durch Kooperationen mit Boeing aktiv in Betrieb und Instandhaltung eingebunden. Damit wird nicht nur die Einsatzfähigkeit, sondern auch die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gestärkt.

Technische Details der P-8A Poseidon

Die P-8A Poseidon ist ein maritimes Mehrzweckflugzeug, das auf der zivilen Boeing 737-800 basiert, jedoch umfassend militärisch modifiziert wurde. Die wichtigsten technischen Eckdaten im Überblick:

  • Triebwerke: Zwei CFM56-7B Turbofan-Triebwerke mit je rund 121 kN Schub

  • Höchstgeschwindigkeit: ca. 907 km/h (Mach 0,8)

  • Reichweite: Über 7.500 km mit Zusatztanks, über 2.200 km bei voller Nutzlast

  • Besatzung: Neun Crewmitglieder (zwei Piloten, sieben Missionsspezialisten)

  • Bewaffnung: Torpedos (z. B. Mk 54), Wasserbomben, optionale Marschflugkörper; interne Waffenbucht und externe Pylone

  • Sensorik:

    • AN/APY-10 Radar für Oberflächen- und Unterwasserziele

    • Sonobuoys (Sonarbojen) zur Unterwasseraufklärung

    • MAD-Boom (Magnetanomaliedetektor) zur U-Boot-Ortung

  • Avionik und Kommunikation:

    • Modernste Satelliten- und Datenlink-Kommunikation

    • Volldigitalisiertes Cockpit

    • Echtzeit-Datenweitergabe an Kommandozentralen

  • Luftbetankung: Möglich für signifikant verlängerte Einsätze

  • Strukturverstärkungen: Zur Aufnahme militärischer Lasten, Landung auf unbefestigten Pisten eingeschränkt möglich

Die Maschine ist für Langzeitmissionen über See konzipiert. Ihre Sensorik und die Möglichkeit zur Live-Kommunikation mit Marineeinheiten oder internationalen Partnern machen sie zu einem der leistungsfähigsten Aufklärungssysteme ihrer Klasse.

Nach Abschluss der Qualitätsprüfung durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr wird die erste deutsche P-8A in den operationellen Betrieb überführt. Dieser Schritt markiert den Beginn einer neuen Phase für die maritimen Luftoperationen der Bundeswehr.

Besonders im Hinblick auf die aktuelle sicherheitspolitische Lage – etwa in der Ostsee, im Nordatlantik oder im Mittelmeerraum – wird die P-8A eine Schlüsselrolle spielen. Das System ermöglicht die frühzeitige Erkennung potenzieller Gefährdungen auf und unter der Wasseroberfläche – und kann damit nicht nur zur Abschreckung, sondern auch zur schnellen Reaktion beitragen.

Neben den technischen Fähigkeiten ist auch die Integration in bestehende NATO-Strukturen ein zentraler Aspekt. Die P-8A wird bereits von mehreren Bündnispartnern eingesetzt, darunter die USA, Großbritannien, Norwegen und Australien. Die Interoperabilität innerhalb der NATO wird somit verbessert – ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei gemeinsamen Operationen.

Auch in der industriellen Umsetzung ist das Projekt als Beispiel für gelungene transatlantische Rüstungskooperation zu werten. Boeing bindet deutsche Partnerunternehmen in Wartung und Training ein. Dadurch werden nicht nur Kenntnisse vor Ort aufgebaut, sondern auch wirtschaftliche Impulse für die Luftfahrtindustrie in Deutschland geschaffen.

Mit der Einführung der P-8A Poseidon stellt sich die Bundeswehr zukunftssicher auf – technisch, taktisch und logistisch. Die Maschine ist mehr als ein reiner Aufklärer: Sie ist Teil eines strategischen Netzwerkes, das die maritime Lageerfassung in bisher nicht gekannter Tiefe und Präzision ermöglicht.

Mit Material des BAAINBw

Der Seefernaufklärer P-8A Poseidon, mit den Insignien der Deutschen Marine, bei Boeing in Seattle/USA.
Der Seefernaufklärer P-8A Poseidon, mit den Insignien der Deutschen Marine, bei Boeing in Seattle/USA.

FAQ: Die P-8A Poseidon im Überblick

Was ist die P-8A Poseidon?
Ein maritimes Mehrzweckflugzeug zur Seefernaufklärung, U-Boot-Jagd und Oberflächenüberwachung. Entwickelt wurde es von Boeing auf Basis der zivilen Boeing 737-800.

Wer nutzt die P-8A Poseidon?
Die P-8A wird unter anderem von den USA, Großbritannien, Norwegen, Australien, Indien und nun auch Deutschland eingesetzt.

Welche Aufgaben erfüllt die Maschine?
Hauptsächlich Aufklärung und Überwachung über See, Ortung und Bekämpfung von U-Booten, Unterstützung bei Such- und Rettungsmissionen sowie Sammlung und Weiterleitung von Echtzeit-Lagedaten.

Wie viele P-8A hat Deutschland bestellt?
Insgesamt acht Maschinen: fünf über den ursprünglichen Vertrag von 2021, drei weitere über das Sondervermögen, beauftragt 2023.

Was ersetzt die P-8A in der Bundeswehr?
Sie ersetzt die veraltete P-3C Orion und stellt die Fähigkeit zur luftgestützten maritimen Aufklärung sicher.

Welche Reichweite hat die Poseidon?
Je nach Beladung und Missionsprofil über 7.500 Kilometer. Mit Luftbetankung lässt sich die Einsatzdauer deutlich verlängern.

Ist die Poseidon bewaffnet?
Ja. Sie kann unter anderem Torpedos, Wasserbomben und optional auch Marschflugkörper tragen. Die Bewaffnung ist sowohl intern als auch extern montierbar.

Wo ist die P-8A in Deutschland stationiert?
Beim Marinefliegergeschwader 3 "Graf Zeppelin" in Nordholz (Niedersachsen).

Welche Sensorik ist verbaut?
Hochleistungsradar (AN/APY-10), Sonarbojen, Magnetanomaliedetektoren (MAD), digitale Kommunikationssysteme, modernste Navigations- und Avioniklösungen.

Wie läuft die Datenverarbeitung an Bord ab?
Die P-8A ist vollständig digitalisiert. Lagebilder können nahezu in Echtzeit an militärische Führungseinrichtungen übermittelt werden.