China-Abhängigkeit minimieren, Cyberbedrohungen abwehren

Antriebstechnik zwischen Krise und Innovation

Die deutsche Antriebstechnik stockt – wirtschaftlicher Stillstand, globale Handelshemmnisse und Rohstoffabhängigkeiten bremsen. Doch innovative Technologien, neue Motorenkonzepte und Cybersecurity-Offensiven eröffnen ungeahnte Chancen.

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Beschaffungsprobleme von Seltenen Erden und Cybersicherheitsstandards prägen die aktuellen Produktentwicklungen in der Antriebstechnik. Langfristig verheißen die Megatrends Automatisierung und Elektrifizierung Wachstum.
Beschaffungsprobleme von Seltenen Erden und Cybersicherheitsstandards prägen die aktuellen Produktentwicklungen in der Antriebstechnik. Doch langfristig verheißen die Megatrends Automatisierung und Elektrifizierung Wachstum.

Die deutsche Antriebstechnik durchlebt schwierige Zeiten. „In diesem Jahr herrscht bei den Antriebsherstellern ein Null-Wachstum", berichtet Bernhard Sattler, Geschäftsführer des Fachbereichs Elektrische Antriebe im ZVEI-Fachverband Automation. Die Zeiten für die Branche sind nicht einfach. Dennoch gibt es durchaus Bereiche mit größerer Performance, insbesondere in der Intralogistik und Logistik. „Überall dort, wo Getriebemotoren in Losgröße 1 gefertigt werden, läuft das Geschäft gut“, so Sattler. Produkte für Flughäfen, Förderbänder oder Hochregallager werden stark nachgefragt.

„Es passieren viele spannende Dinge in der Branche. Motoren werden effizienter, weitere Materialeinsparungen werden realisiert", sagt Bernhard Sattler, Geschäftsführer des Fachbereichs Elektrische Antriebe im ZVEI-Fachverband Automation.

Warum steht die Antriebstechnik wirtschaftlich unter Druck?

Ebenfalls im energienahen Bereich zeigt sich eine bessere Geschäftsentwicklung. Je näher man jedoch zum klassischen Maschinenbau kommt, desto kälter wird die Auftragslage. Hinzu kommen Handelshemmnisse in einem der wichtigsten Zielmärkte. „Gegenüber Amerika ist die Unsicherheit groß. Das ist fatal für die Planungssicherheit“, so Sattler.

In den Unternehmen werden inzwischen eigene Taskforces gebildet, die sich ausschließlich mit dem Thema Zölle beschäftigen. Dabei geht es um Details wie die Frage, wie man den Anteil von Aluminium an einem Gehäuse herausrechnen kann – ein Dilemma zwischen Transparenzpflicht und Geschäftsgeheimnissen entsteht. Dennoch zeigt sich der Branchenexperte zuversichtlich – und das aus gutem Grund.

Bilderstrecke: Neue Trends bei Motoren

Die Nachfrage nach magnetlosen Motoren steigt. Der Reluktanzmotor SynRM von ABB beinhaltet keine Seltenen Erden. Da beim Mining Seltener Erden die Umweltbelastungen hoch sind, spricht vieles für diese Art von Motor.
Die Nachfrage nach magnetlosen Motoren steigt. Der Reluktanzmotor SynRM von ABB beinhaltet keine Seltenen Erden. Da beim Mining Seltener Erden die Umweltbelastungen hoch sind, spricht vieles für diese Art von Motor.
Die kontaktlose Energieübertragung, wie sie am Institut für Elektrische Energiewandlung der Universität Stuttgart entwickelt wurde, könnte eine Schlüsselrolle spielen, um die Automobilindustrie unabhängiger von seltenen Erden und geopolitischen Risiken zu machen.
Die kontaktlose Energieübertragung, wie sie am Institut für Elektrische Energiewandlung der Universität Stuttgart entwickelt wurde, könnte eine Schlüsselrolle spielen, um die Automobilindustrie unabhängiger von seltenen Erden und geopolitischen Risiken zu machen.
Die neue DSC2-Servomotoren-Reihe von Baumüller zeichnet sich durch hohe Drehmomentdichte, geringes Eigengewicht und kompakte Abmessungen aus.
Die neue DSC2-Servomotoren-Reihe von Baumüller zeichnet sich durch hohe Drehmomentdichte, geringes Eigengewicht und kompakte Abmessungen aus.
Besondere Sicherheitsfunktionen für vernetzte Komponenten: Der Frequenzumrichter ACS380 von ABB verfügt über Benutzer- und Parametersperrfunktionen, die – sobald aktiviert – unbefugten Zugriff auf Antriebsparameter verhindern.
Besondere Sicherheitsfunktionen für vernetzte Komponenten: Der Frequenzumrichter ACS380 von ABB verfügt über Benutzer- und Parametersperrfunktionen, die – sobald aktiviert – unbefugten Zugriff auf Antriebsparameter verhindern.
Die drivePLC von Baumüller soll dafür sorgen, dass viele Maschinen noch effizienter und schneller laufen - auch bei sehr großen Datenmengen.
Die drivePLC von Baumüller soll dafür sorgen, dass viele Maschinen noch effizienter und schneller laufen - auch bei sehr großen Datenmengen.

Trotz schwieriger Zeiten: Die Branche bleibt optimistisch

Der Grund für den Optimismus in der Branche liegt in den Megatrends unserer Zeit: „Die Trends Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung können in vielen Bereichen nur mit der elektrischen Antriebstechnik umgesetzt werden, das stimmt uns zuversichtlich", sagt Sattler.

Der Megatrend Digitalisierung bedeutet für die Hersteller elektrischer Antriebstechnik, dass bereits auf Feldebene größere Datenmengen anfallen. Der Feldbus wird zum Flaschenhals, die Produktivität der Maschine sinkt. Grund dafür sind die vielen Daten, die einen längeren Feldbuszyklus zur Folge haben. Als Antriebssystempartner hat sich Baumüller eine Lösung überlegt, die diese Herausforderung meistert: eine Verlagerung der Intelligenz in den Antrieb.

Wie verändert Drive Intelligence die Maschinenwelt?

„Mit der Drive Intelligence verlagern wir Steuerungsfunktionalitäten in den Servoantrieb. Dadurch lassen sich Kosten reduzieren und die Maschinensoftware modular aufbauen. Wir reduzieren die Kommunikation über Feldbus, indem wir beispielsweise durch eine virtuelle Leitachse nur noch die Synchronität der Antriebsachsen sicherstellen. Die Berechnungen für die Bewegungen der Maschine erfolgen im Antrieb. Dies führt zu einer höheren Genauigkeit in der Maschine, da wir bis in den Regelkreis der Antriebe Einfluss nehmen können“, erklärt Karlheinz Wirsching, Leiter Produktmanagement bei Baumüller.

Für den Maschinenbau bedeutet dies reduzierte Zykluszeiten, gesteigerte Produktivität und verbesserte Produktqualität. Baumüller bietet zwei verschiedene Drive-Intelligence-Lösungen an, die flexibel auf die jeweilige Kundenanforderung anpassbar sind. „Die drivePLC wird dafür sorgen, dass viele Maschinen noch effizienter und schneller laufen und das auch bei sehr großen Datenmengen“, freut sich Wirsching.

„Mit synchroner Direktantriebstechnologie anstelle von Hydraulikantrieben können enorme Energieeinsparungen erzielt werden. Daher werden wir auch in Zukunft an energieeffizienten Motorentwicklungen arbeiten“, sagt Karlheinz Wirsching, Leiter Produktmanagement bei Baumüller.

Abschied von Seltenen Erden

Im April dieses Jahres erschütterte die Abhängigkeit von Seltenen Erden die Branche. Als China die Ausfuhr von Magneten einstellte, standen Hersteller ohne ausreichende Vorräte vor ernsthaften Problemen. Laut Sattler wollte China nach eigenen Angaben ein neues System der Ausfuhrlizenzen etablieren, um zu verhindern, dass Produkte für militärische Nutzung an die USA verkauft werden.

Doch auch ohne Ausfuhrstopps führt die Abhängigkeit von China zu negativen Auswirkungen auf dem Markt. „94 Prozent der Permanentmagnete stammen aus China. Die Preisschwankungen sind enorm", erklärt Andreas Bähr vom Institut für Elektrische Energiewandlung (IEW) der Universität Stuttgart.

„Die Industrie wird diese Technologie aufgreifen. Die Hersteller wollen eine Alternative zur PMSM in der Hinterhand haben", sagt Andreas Bähr, Forschungsgruppenleiter für induktives Laden am Institut für Elektrische Energiewandlung (IEW) der Universität Stuttgart.

Ein weiterer Nachteil entsteht durch die Abbauweise des Rohstoffs. „Bereits beim Mining der Seltenen Erden entstehen hohe Umweltbelastungen", erklärt Bähr. Da die Gewinnung der Seltenen Erden den Einsatz starker Säuren und Laugen erfordert, entstehen große Mengen an toxischem Abfallschlamm und saurem Grubenwasser. Außerdem werden Seltene Erden oft zusammen mit radioaktiven Elementen wie Thorium und Uran abgebaut, was wiederum radioaktive Rückstände hinterlässt.

Aktuelle Motorentechnologie mit Permanentmagneten

Die ökologischen Ansprüche und die unkalkulierbaren Risiken setzen die Hersteller von Elektrofahrzeugen unter Druck. „In Elektrofahrzeugen werden heute fast ausschließlich permanentmagnetisch erregte Synchronmaschinen (PMSM) eingesetzt", berichtet Andreas Bähr, Forschungsgruppenleiter für induktives Laden am IEW. Bei PMSM erzeugen Permanentmagnete auf dem Rotor ein Gleichfeld. Dieses Gleichfeld sorgt dafür, dass sich der Rotor immer mit der gleichen Geschwindigkeit wie das Drehfeld des Stators dreht – also synchron. „Diese Motoren sind sehr verbreitet, da sie die höchste Effizienz und Leistungsdichte aufweisen", erklärt Bähr.

Auch in der Industrie hat der Schock über den Ausfuhrstopp die Suche nach Alternativen intensiviert. Reluktanzmotoren erleben eine Renaissance, auch wenn sie nicht für alle Anwendungen geeignet sind – etwa wenn im Anlauf hohe Drehmomente erforderlich sind.

ABB hat mit seinen SynRM-Motoren (Synchronous Reluctance Motors) solch eine Alternative im Portfolio. „Die Kunden schätzen es, dass unsere SynRM-Motoren keine Seltenen Erden benötigen", berichtet Ralf Peschel, Product Marketing Manager bei ABB Motion. Das Unternehmen hat seit 2011 kontinuierlich an der Technologie gearbeitet und den Wirkungsgrad von IE4 bis zu IE6 gesteigert.

Zum SynRM-Produktportfolio des Herstellers gehören wassergekühlte Motoren, Motoren für den Ex-Bereich und weitere Sondermotoren. „Der Vorteil des SynRM ist der Motorbetrieb am Umrichter und dann speziell im Teillastbereich“, so Peschel. Über moderne Frequenzumrichter kann der SynRM-Motor geregelt werden. Damit ist sein Einsatz in fast allen industriellen Anwendungen möglich.

„UnsereKunden schätzen es, dass unsere SynRM-Motoren keine Seltenen Erden benötigen", sagt Ralf Peschel, Product Marketing Manager IEC LV Motors, ABB Motion.

SynRM & EESM – Motoren für die neue Zeit

In der Automobilindustrie gilt die elektrisch erregte Synchronmaschine (EESM) als Alternative für PMSM für den Einsatz als Traktionsantrieb. Das magnetische Gleichfeld auf dem Rotor wird bei der EESM nicht durch Permanentmagnete, sondern durch eine bestromte Rotorspule erzeugt. Dadurch erhält man auch einen zusätzlichen Freiheitsgrad zur Regelung der Maschine. Bei hohen Drehzahlen und im Teillastbetrieb kann die EESM sogar höhere Wirkungsgrade erzielen als die PMSM. Diese Betriebsbereiche sind von besonderer Bedeutung, da der Motor während eines Fahrzyklus überwiegend dort betrieben wird.

Herausforderungen bei der Energieübertragung

Die Rotorwicklung der EESM wird normalerweise über Schleifringe versorgt – beispielsweise bei Traktionsmaschinen von BMW oder Renault. „Die Schleifringe müssen gekapselt sein, damit der Abrieb nicht in den Ölkühlkreislauf der Maschine gelangt. Dadurch steigt der notwendige Bauraum der EESM. ZF gibt den zusätzlichen axialen Bauraumbedarf der Schleifringe mit 90 mm an. Darüber hinaus entstehen drehzahlabhänge Reibverluste durch den Schleifring", zählt Bähr die Nachteile dieser Form der Energieübertragung auf.

Kontaktlose Energieübertragung als Lösung

Diese Nachteile können durch eine kontaktlose Energieübertragung überwunden werden. Seit über zehn Jahren beschäftigt sich das Institut für Elektrische Energiewandlung der Universität Stuttgart mit diesem Thema. „Wir übertragen die Energie induktiv – ähnlich wie bei einem Transformator mit hochfrequenten magnetischen Wechselfeldern", beschreibt Bähr das Grundprinzip. Der kontaktlose induktive Übertrager kann vollständig in die Maschine integriert werden und verursacht keine Reibverluste.

Die Technologie der Stuttgarter ist bereits praxistauglich: „Heute können wir zeigen, dass die kontaktlose Energieübertragung nicht nur technisch realisierbar ist, sondern auch hohe Wirkungsgrade von über 95 Prozent erreicht", berichtet Bähr. Unternehmen wie Mahle, Schaeffler und ZF haben das Prinzip aufgegriffen.

Woher kommt der Innovationsschub für magnetlose Motoren?

In der Automobilindustrie, wo heute fast ausschließlich permanentmagnetisch erregte Synchronmaschinen (PMSM) eingesetzt werden, ist das Interesse an magnetlosen Motoren besonders groß. „Viele Automotive-Hersteller suchen eine Alternative, um auf die Permanentmagnete zu verzichten", bestätigt Bähr. Die Forschungsaktivitäten in diesem Sektor befruchten häufig auch die Industrie. „Oft sind es die Automobilhersteller oder deren Zulieferer, die intensiv forschen und einen Innovationsschub auslösen, der dann auch in der Industrie ankommt“, berichtet Sattler.

Denn auch aus der Industrie wächst die Nachfrage: „Wir stellen fest, dass die Nachfrage wegen der Beschaffungsproblematik gestiegen ist", berichtet Peschel von ABB. Hinzu kommt, dass sich viele Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben. „Die nachhaltigere Produktion wird positiv wahrgenommen, da so negative Auswirkungen auf die Umwelt reduziert werden", so Peschel.

Energieeffizienz in der Antriebstechnik

Neben dem Verzicht auf Seltene Erden gibt es weitere wichtige Entwicklungen in der Motorentechnik, die auf weitere Steigerung der Energieeffizienz abzielen: Baumüller ist einer der Hersteller, die bei neuen Motorenentwicklungen den Fokus auf dieses Thema richten. „Bei unserer neuen DSC2-Servomotorenreihe konnten wir den Wirkungsgrad noch weiter steigern – teilweise auf über 94 Prozent", berichtet Karlheinz Wirsching, Leiter des Produktmanagements bei Baumüller.

Die Entwicklungen entspringen nicht nur technischem Ehrgeiz, sondern reagieren auf konkrete regulatorische Anforderungen. „Energieeffiziente Lösungen sind angesichts der Vorgaben durch den Europäischen Green Deal und die Corporate Sustainability Reporting Directive von großer Bedeutung", erklärt Wirsching.

Studien mit Baumüller-Kunden haben gezeigt, welch hohe Energieeinsparungen mit synchroner Direktantriebstechnologie anstelle von Hydraulikantrieben erzielt werden können. Sattler berichtet von einer aktuellen Studie, laut derer der Einsatz intelligenter und effizienter Motoren jährlich 120 Terawattstunden Energie einsparen könnte – „das entspricht dem gesamten Stromverbrauch der Niederlande", so Sattler.

Aktuelle Meldungen aus der Industrie

Energiekrise, Lieferengpässe, Fachkräftemangel: Die Industrie steht vor vielen Herausforderungen. Alle Meldungen aus Maschinenbau und Co finden Sie in unserem News-Blog. Hier klicken!

Cyber Resilience Act bringt neue Herausforderungen

Ein weiteres Thema mit hohem Einfluss auf die Branche ist der Cyber Resilience Act (CRA) der EU. „Wenn der beabsichtigte Nutzen eines Produkts eine Schnittstelle ins Internet erfordert, dann greift der CRA", erklärt Sattler. Die Implementierung dieser Verordnung läuft bereits auf Hochtouren, auch wenn noch verschiedene Unsicherheiten bestehen. Mit der IEC 62443 gibt es zwar eine Norm zur Cybersicherheit, „ob diese allerdings an die Erfordernisse des CRA angepasst werden kann, wird sich herausstellen", so Sattler.

ABB hat mit dem Frequenzumrichter ACS380-E bereits eine konkrete Lösung für die steigenden Anforderungen an die Cybersicherheit entwickelt. „Die ACS380-E mit integrierten Ethernet-Schnittstellen nutzen erweiterte Netzwerksicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor Cyberbedrohungen und unbefugtem Zugriff über Kommunikationskanäle", erläutert Michael Spuck, Produktmanager bei ABB Motion. Zu den Maßnahmen gehört die Unterstützung sicherer Kommunikationsprotokolle sowie Verschlüsselungs- und Authentifizierungsmechanismen. Das gewährleistet die Vertraulichkeit und Integrität der Daten während der Übertragung.

Die Risiken bei unzureichender Absicherung sind erheblich: „Bei einem Cyber-Angriff kann der angetriebene Motor, die Maschine und damit der gesamte Prozess beeinflusst, gestört oder zerstört werden", warnt Spuck. Darüber hinaus können Rückschlüsse auf die Produktivität gezogen und firmeninterne Datenbanken manipuliert werden.

„Unsere Frequenzumrichter ACS380-E nutzen erweiterte Netzwerksicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor Cyberbedrohungen und unbefugtem Zugriff über Kommunikationskanäle", sagt Michael Spuck, Produktmanager für Frequenzumrichter, ABB Motion.

Neue Anforderungen für Einkäufer und Anwender

Bernhard Kux, Referent für Cybersicherheit bei der IHK München und Oberbayern, sieht den CRA als Chance: „Der Sinn des CRA besteht darin, Anbieter von Produkten mit digitalen Elementen stärker in die Verantwortung zu nehmen." Die Verordnung gilt seit Dezember 2024, die vollständige Umsetzung erfolgt bis Ende 2027.

Für Einkäufer und Anwender steht laut Kux Stand heute die Lösung eines konkreten Problems häufig im Vordergrund, während die IT-Sicherheit vernachlässigt oder als selbstverständlich angenommen wird. Aber durch unsicher entwickelte Produkte oder falsch konfigurierte Systeme entstehen Angriffsflächen für Cyberkriminelle. In dieser Situation nimmt der Gesetzgeber einerseits die Anwender in die Pflicht – mit EU-Richtlinien wie etwa NIS2 oder DORA, andererseits die Anbieter mit dem CRA.

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„Einkäufer sollten daher wissen, welche Pflichten das Unternehmen hat - falls es zum Beispiel als ‚wichtiges Unternehmen‘ unter die NIS2-Regelungen fällt. Andererseits können Einkäufer über den CRA die Cybersicherheit eines Produktes genauer hinterfragen“, erläutert Kux. Fragen könnten etwa folgendermaßen lauten: Gibt es eine Risikobewertung des Produktes? Werden „Security by Design" und „Security by Default" berücksichtigt? Existiert eine Software Bill of Materials? „Einkäufer sollten Anbieter gezielt in die Pflicht nehmen – so zeigt sich, wie ernst diese Cybersicherheit nehmen", empfiehlt Kux.

Der digitale Produktpass als Gamechanger

Ein geeignetes Werkzeug dafür könnte der digitale Produktpass – DPP - werden. Das Thema interessiert laut ZVEI viele Hersteller brennend. Der Verband hat einen eigenen Ansprechpartner dafür etabliert. „Mit dem DPP 4.0 wollen wir Mehrwert schaffen – für Industrie 4.0, Cybersicherheit und neue Geschäftsmodelle“, so Sattler. Über einen Scan des QR-Codes kann der Produktpass neben der digitalen Betriebsanleitung künftig auch Informationen zur Kreislaufwirtschaft beinhalten.

Mit der Entwicklung alternativer Motorentechnologien und der Implementierung robuster Cybersicherheitskonzepte bereitet sich die Branche auf eine Zukunft vor, die zwar herausfordernd, aber zugleich voller Möglichkeiten ist, gerade für die Antriebstechnik.

überarbeitet von: Dietmar Poll

FAQ: Aktuelle Entwicklungen in der Antriebstechnik

1. Warum steckt die deutsche Antriebstechnik aktuell in Schwierigkeiten?
Die Branche leidet unter geopolitischen Unsicherheiten, Handelshemmnissen (v. a. gegenüber den USA) und Problemen in der Rohstoffbeschaffung. Hinzu kommen steigende Anforderungen an Cybersicherheit und Nachhaltigkeit. Das führt trotz Megatrends wie Automatisierung und Elektrifizierung derzeit zu stagnierendem Wachstum.

2. Welche Segmente entwickeln sich momentan besser als andere?
Besonders positiv entwickeln sich die Intralogistik, Fördertechnik und energienahe Anwendungen. Produkte für Flughäfen, Förderbänder und Hochregallager sind stark nachgefragt. Klassischer Maschinenbau hingegen verzeichnet schwache Auftragslagen.

3. Welche Rolle spielen Seltene Erden in der Motorentechnik – und warum gibt es Probleme?
Permanentmagnete in Synchronmaschinen (PMSM) benötigen Seltene Erden, die zu 94 % aus China stammen. Der Ausfuhrstopp von Magneten im April verschärfte die Abhängigkeit und führte zu Preisschwankungen sowie Versorgungsengpässen. Zudem belastet der Abbau stark die Umwelt.

4. Welche Alternativen zu Permanentmagnetmotoren gibt es?

  • SynRM-Motoren (Synchronous Reluctance Motors) von ABB: benötigen keine Seltenen Erden und arbeiten effizient im Teillastbereich.

  • EESM (elektrisch erregte Synchronmaschinen): nutzen Rotorspulen statt Magnete, erzielen teils höhere Wirkungsgrade, benötigen aber mehr Bauraum.

  • Reluktanzmotoren: geeignet für viele Anwendungen, jedoch nicht bei hohem Anlaufdrehmoment.

5. Wie steigert die Branche die Energieeffizienz von Motoren?
Hersteller wie Baumüller entwickeln Servomotoren mit Wirkungsgraden über 94 %. Intelligente Motoren und Direktantriebe ermöglichen erhebliche Energieeinsparungen. Studien zeigen, dass jährlich bis zu 120 Terawattstunden eingespart werden könnten – so viel wie der Stromverbrauch der Niederlande.

6. Welche Innovationen gibt es im Bereich Steuerung und Automatisierung?
Mit Drive Intelligence von Baumüller werden Steuerungsfunktionen in den Antrieb verlagert. Das reduziert den Feldbus-Datenverkehr, senkt Kosten, verkürzt Zykluszeiten und erhöht Präzision und Produktivität von Maschinen.

7. Welche Bedeutung hat der Cyber Resilience Act (CRA) für die Antriebstechnik?
Der EU-CRA verpflichtet Anbieter, Cybersicherheit stärker zu berücksichtigen. Unsicherheiten bestehen noch bei der Anpassung bestehender Normen. Produkte wie ABBs Frequenzumrichter ACS380-E integrieren bereits Sicherheitsmechanismen wie Verschlüsselung und Authentifizierung, um Angriffe abzuwehren.

8. Welche neuen Anforderungen entstehen für Einkäufer und Anwender?
Einkäufer müssen künftig gezielt nach Sicherheitskonzepten fragen (z. B. Risikobewertung, „Security by Design“, Software Bill of Materials). Außerdem gewinnen Instrumente wie der digitale Produktpass (DPP 4.0) an Bedeutung, um Transparenz und Nachhaltigkeit sicherzustellen.