
Sabine Scheunert auf einer Veranstaltung von Dassault Systèmes in München. (Bild: Dassault Systèmes)
Von der Automobilindustrie zum Softwareunternehmen: Nach Stationen unter anderem bei BMW und Mercedes und mehr als 20 Jahren in der Autobranche hat Sabine Scheunert quasi die Seiten gewechselt. Seit Mitte vergangenen Jahres verantwortet sie das Zentraleuropa-Geschäft von Dassault Systèmes. Sie habe viele Technologiekonzerne aus der Perspektive einer CIO-Anwenderin kennengelernt, erklärte Scheunert auf einer Konferenz ihres neuen Arbeitgebers. „Die Geschwindigkeit und die Innovationskraft, mit der diese Unternehmen arbeiten, haben mich immer fasziniert.“
Als Dassault Systèmes auf sie zukam, sei das "Living Heart Project" ein Schlüsselmoment für ihre Entscheidung gewesen. „Diese Vision einer besseren Welt durch Technologie hat mich überzeugt“, so Scheunert weiter. Denn: „Wenn wir ein menschliches Herz präzise simulieren können, dann können wir auch Tumore modellieren, Prothesen optimieren und medizinische Innovationen vorantreiben.“
In ihrer Rolle bei Dassault Systèmes gehe es genau darum: die digitale Transformation vorantreiben, Innovation beschleunigen und Brücken zwischen Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft bauen.
Kongress Digitale Fabrik

Auf dem Kongress "Digitale Fabrik" treffen sich jährlich Expertinnen und Experten der digitalen Produktions- und Fertigungsplanung zum intensiven und vor allem persönlichen Austausch.
Der nächste Kongress findet am 10. und 11. April 2025 in Neckarsulm statt.
Weitere Informationen zum Kongress gibt es hier: Alles zur Digitalen Fabrik!
Digitaler Zwilling: Potentiale bleiben ungenutzt
In ihrem Jahresstatement erklärt Scheunert, sie habe seit ihrem Einstieg bei Dassault Systèmes neue Perspektiven auf Zukunftstechnologien und die Bedeutung industrieller Vernetzung und Digitalisierung gewonnen. Ein zentrales Thema für Scheunert ist dabei natürlich der digitale Zwilling, den sie als "Schlüsseltechnologie, die für Unternehmen gleichermaßen ein Werttreiber wie Gamechanger ist" bezeichnet . Die Technologie ermögliche es, Prozesse vorab zu simulieren, zu verbessern und fundierte Entscheidungen zu treffen - dank Echtzeit-Daten aus IoT-Sensoren, Maschinen und Systemen sowie dynamischen Anpassungen durch maschinelles Lernen und autonome Systeme.
Viele Unternehmen – unter anderem aus der Automobil-, Luft- und Raumfahrtbranche sowie dem Gesundheitswesen – setzen bereits auf digitale Zwillinge. Dennoch bleibt Scheunert zufolge ein beträchtliches Potenzial ungenutzt. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben und nachhaltige Fortschritte zu erzielen, ist es jedoch erforderlich, dass Unternehmen in Europa die vielfältigen Potenziale dieser Technologie voll ausschöpfen“, erklärt sie.
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Automobilindustrie: Das ist der Schlüssel zum Erfolg
Über ihren alten Arbeitgeber – die Automobilindustrie – sagt sie, die Branche sei sich der prekären Situation bewusst. „Ein radikaler Wandel ist notwendig – das steht außer Frage. Die Herausforderungen sind vielschichtig und lassen sich nicht auf eine einzelne Ursache reduzieren“, so Scheunert.
Jeder Automobilhersteller stehe vor einer individuellen Ausgangslage. „Die Automobilindustrie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, von neuen Antrieben bis zur Software-Integration in Fahrzeugen.“ Aber: Die Transformation sei noch lange nicht abgeschlossen.
„Der Schlüssel für langfristigen Erfolg liegt in einer konsequenten Digitalisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, ist Scheunert überzeugt. Die Werkzeuge dafür seien digitale Zwillinge, datengetriebene Simulation und KI-gestützte Entwicklung. Diese Technologien ermöglichen nicht nur Tests von innovativen Designs und die Verbesserung von Produktionsprozessen, sondern bieten auch entscheidende Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Elektromobilität.
„Oft wurden bestehende Prozesse lediglich ins Digitale übertragen, anstatt sie grundlegend neu zu denken“, erklärt die Managerin weiter. Genau hier liege eine zentrale Chance für die Zukunft. „Die Herausforderung besteht darin, neue Technologien nicht nur als Ergänzung bestehender Prozesse zu sehen, sondern sie als Chance zu nutzen, um den gesamten Entwicklungsprozess smarter und agiler zu machen.“ Ihr Ziel sei es, diese digitale Evolution mit den Kunden und Partnern von Dassault Systèmes aktiv zu gestalten.
Einen Kunden aus der Automobilbranche hat Dassault kürzlich schon bekanntgegeben. Die beiden Unternehmen wollen gemeinsam die Fahrzeugentwicklung optimieren. Mehr dazu lesen Sie hier!
Scheunert mahnt an, dass es für die deutsche Automobilindustrie wichtiger denn je sei, ihrer einstigen Vorreiterrolle wieder gerecht zu werden und den digitalen Wandel aktiv zu gestalten, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Mit Blick in die Zukunft erklärt sie, diese werde aus Mut gemacht und mit Technologien gestaltet. „Wir stehen an einem entscheidenden Punkt, an dem nicht nur technologische Innovationen, sondern auch der Mut zu klaren, entschlossenen Entscheidungen notwendig ist.“
So unterstützt Sabine Scheunert Frauen in der Industrie
„Vor zwei Jahren habe ich mit meiner Co-Initiatorin den ersten Female CIO Circle ins Leben gerufen – eine Initiative, die aktuelle und ehemalige CIOs im deutschsprachigen Raum vernetzt. Unser Ziel war es, einen Raum für den Austausch zu schaffen und gemeinsam darüber nachzudenken: Wo stehen wir? Wie erleben wir unsere Rolle? Und vor allem – wie können wir junge weibliche Führungskräfte und Studierende gezielt unterstützen? Netzwerke sind entscheidend, gerade für Frauen in Technologiebranchen.
Die Initiative wächst stetig, weil sie auf einem einfachen Prinzip beruht: Wir brauchen mehr Vorbilder, die sichtbar machen, dass Frauen in IT und Industrie nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein sollten. Jede erfolgreiche Frau, die ihre Erfahrungen weitergibt, öffnet Türen für die nächste Generation. Das ist der Wandel, den wir brauchen. Es ist inspirierend zu sehen, wie viele großartige Frauen sich engagieren und unsere Zukunft mit Technologie mitgestalten.“
Europas Rolle im globalen Wettbewerb
Das Jahr 2025 werde für viele Unternehmen ein richtungsweisendes Jahr, in dem strategische Entscheidungen über Erfolg oder Misserfolg bestimmen werden. Die digitale Transformation schreite schneller voran als je zuvor und das sei gut so. Scheunert erklärt: „Rasante Entwicklungen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Automatisierung und Virtual Twin-Technologie werden Geschäftsprozesse grundlegend und schnell verändern. Und so neue Maßstäbe für Effizienz und Nachhaltigkeit setzen.“
Sie sei davon überzeugt, dass Europa im globalen Wettbewerb eine führende Rolle übernehmen kann – „wenn wir den Mut haben, in unsere Stärken zu investieren und uns nicht scheuen, selbstbestimmt Innovationen voranzutreiben“. Um technologische Standards zu setzen, Silodenken zu überwinden und nachhaltige Lösungen voranzutreiben, werden starke Netzwerke und kluge Kooperationen von entscheidender Bedeutung sein – sowohl zwischen Unternehmen als auch zwischen Staaten, so Scheunert. „Nur wenn wir entschlossen zusammenarbeiten und unsere Stärken vereinen, kann Europa eine führende Rolle einnehmen für eine nachhaltige und innovative Zukunft.“

Die Autorin: Anja Ringel
Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen.
Nach Stationen bei diversen Tagezeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Daneben ist sie einer der Podcast-Hosts von Industry Insights.
Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken.