Das Start-up Resourcly will die Kreislaufwirtschaft umkrempeln und die Profitabilität steigern.

Das Start-up Resourcly will die Kreislaufwirtschaft umkrempeln und die Profitabilität steigern. (Bild: Arshadul - stock.adobe.com)

Resourcly wurde im Juli 2023 gegründet. Wie kam denn die Idee für das Start-up?

Helena Most: Die Ursprünge der Idee sind in meiner Zeit bei SEW Eurodrive entstanden. Ich war damals global unter anderem für neue Geschäftsmodelle und Re-Manufacturing für den Bereich Maschinenautomatisierung verantwortlich.

Ich habe danach mein erstes Unternehmen gegründet und mit Firmen wie Bosch Rexroth und Carl Zeiss zirkuläre Geschäftsmodelle entwickelt. Dabei haben wir gesehen, dass die Unternehmen immer die gleiche Herausforderung haben: Zum einen zu viele Bestände, zum anderen das Thema Ressourcenknappheit und deshalb zu wenige Bestände.

Wir haben uns dann überlegt, wie wir eine Lösung schaffen können, die wirklich skalierbar ist und die diesen Firmen hilft. Denn wir haben gesehen haben, dass das grundlegende Problem, das zu den Ungleichheiten bei den Beständen geführt hat, ein Datenproblem ist. Das lag zum Beispiel an einer fragmentierten Infrastruktur, weil die Werke nicht miteinander vernetzt und so teils die Bestände nicht transparent sichtbar waren.

Deshalb haben wir gesagt, wir müssen eine Basis schaffen, mit der es einfach ist, sofort zu sehen, was verfügbar ist und wo man zu viel hat. Dadurch wird dann ein Netzwerk angelegt – sowohl innerhalb eines Unternehmens, aber auch unternehmensübergreifend. Bestände, die gerade nicht benötigt werden, können so auch von jemand anderem genutzt werden.

Dadurch spart das Unternehmen die Verschrottung, aber auch die Kosten und gleichzeitig ist es eine Effizienzsteigerung.

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Unternehmen können also Teile, die sie zu viel haben, über Resourcly weiterverkaufen?

Most: Genau. Der Startpunkt ist immer, dass wir den Unternehmen helfen, Stammdaten zu harmonisieren und Redundanzen zu erkennen, um Komplexität des Portfolios zu reduzieren. Das machen wir zum Beispiel indem Duplikate automatisch erkannt und darauf basierend entfernt werden können. Gleichzeitig können Stammdaten bereinigt und angereichert werden - mit technisch relevanten Informationen, die automatisiert aus Datenblättern gezogen werden, wie zum Beispiel Gewicht oder auch Informationen wie Zolltarifnummer, die unsere Kunden benötigen.

Wir bringen sozusagen die Produkte und Komponenten auf eine vergleichbare Ebene, mit relevanten Informationen. Diese Vergleichbarkeit dient unseren Kunden für die Entscheidungsfindung von Gleichteilen zur Reduktion von Beständen und gleichzeitig beim schnellen Auffinden von Alternativen, in Minuten nicht Stunden oder Tagen. Diese Basis ist auch notwendig dafür, zwischen einzelnen Werken oder Partnern, die bereits zusammenarbeiten, zu empfehlen, welche Teile gemeinsam im Portfolio sind, selbstverständlich anonymisiert, und so einen Partner hat, mit dem man sich Teile gemeinsam auf Lager legen kann, ohne, dass jeder diese Teile vorhalten muss.

Der große Wow-Effekt ist meist, wenn die Kunden sehen, wie viele Dubletten und unterschiedliche Varianten im Portfolio sind und wie wir quasi auf Knopfdruck Komplexität des Portfolios reduzieren können - was im Übrigen direkt Ebit-relevant ist. Wir zeigen auf,  welche Produkte eine hohe Varianz und standardisiert werden können, um die Bestände zu reduzieren. Also ähnliche Produkte, von denen man nicht von zehn ähnlichen Produkten jeweils zehn auf Lager haben muss. Sondern es reicht, wenn man drei Produkte auf Lager hat.

Wir packen Kreislaufwirtschaft also am Ursprung an, in der Vermeidung und Reduktion, wir harmonisieren Materialstammdaten, erkennen Redundanzen und reduzieren.

Gleichzeitig stärkt man dadurch seine Lieferkette. Denn wenn ich erkenne, das sind sehr ähnliche Teile, dann kann ich, wenn eines einmal nicht da ist, ein alternatives Produkt dazu finden. So schließen wir die Kreisläufe.

Helena Most ist Co-Founder und CEO des Start-ups Resourcly.
Helena Most ist Co-Founder und CEO des Start-ups Resourcly. (Bild: Resourcly)

Die Kunden von Resourcly sind ja die klassischen Maschinen- und Anlagenbauer. Sind das eher größere oder kleinere Unternehmen?

Most: Unsere Kunden sind vor allem der mittlere und große Mittelstand. Gerade große Firmen haben einen großen Nutzen von vernetzten Beständen und einer gemeinsamen Datenbasis. Denn da ist Infrastruktur fragmentiert. Diese Firmen können deshalb intern bereits hohe Einsparungen verzeichnen. Da werden Dinge in einem Werk bestellt, während genau diese Dinge in anderen Werken noch massenweise verfügbar sind.

Gleichzeitig sehen wir bei den kleineren Unternehmen enorm viel in der Steigerung der Transparenz  und  Datenqualität und Auffinden von kosteneffizienten Alternativen - das stärkt gerade bei den kleineren Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit.

Was sind denn die wichtigsten Merkmale der Lösung von Resourcly und wie unterscheidet sich Ihr Start-up von Mitbewerbern?

Most: Was uns ausmacht, ist, dass wir Profitabilität bei den Unternehmen von Tag eins steigern können -mit einer digitalen und zirkulären Lösung - das hat bisher noch kein Startup in dieser Industrie geschafft. Das ist auch unser USP. Unsere Ergebnisse sind direkt Ebit-relevant und fördern das Betriebskapital. Gleichzeitig ist die Steigerung der Verfügbarkeit durch die vernetzten Bestände und digitalen Supply Networks für Umsatzsteigerungen verantwortlich.

Aktuell sehen die meisten Unternehmen keinen wirtschaftlichen Vorteil in der Kreislaufwirtschaft. Ich sage aber, das ist die Zukunft. Kreislaufwirtschaft wird uns bei den Themen Reduktion und Vermeidung helfen, was Kosten reduziert.

Gleichzeitig ist die Kreislaufwirtschaft die Antwort für das Thema Lieferkettenresilienz und Stabilität. Deswegen haben wir eine Lösung, die diese beiden Themen verbindet, aber den wirtschaftlichen Fokus in den Vordergrund stellt. Das ist aus meiner Sicht einzigartig.

Warum liegt Ihnen das Thema Kreislaufwirtschaft so am Herzen?

Most: Mein Mitgründer Ian Draxten, der auch über Jahre im Maschinenbau tätig war, hat damals gesagt, Helena, Unternehmen der Zukunft müssen im Kern Profitabilität und Nachhaltigkeit vereinen können, wir müssen Verantwortung übernehmen. Genau das wollen wir mit Resourcly zeigen. Ich war über zwölf Jahre bei SEW, wo ich gesehen habe wie Kreislaufwirtschaft Umsatz und Profitabilität steigern können u.a. durch Repair, Refurb, Remanufacturing ging - also das Wiederverwenden von Komponenten oder den Lebenszyklus verlängern. Das hat mich von Tag eins bei SEW Eurodrive begleitet.

Deswegen ist es bei mir eingebrannt. Ich habe gesehen, welche Potenziale das für die Unternehmen bringt. Wir sind mittlerweile an einem Punkt angekommen, wo ich auch beweisen kann, dass das wirtschaftlich Sinn macht: Working Capital im bis zu sechs - und siebenstelligen Bereich.

Das ist Resourcly

Resourcly ist ein Start-up, das Herstellern hilft, ungenutzte Bestände in Gewinn umzuwandeln. Mit einem KI-basierten Ansatz für geteilte Bestände will Resourcly Hersteller dabei unterstützen, das Betriebskapital zu verbessern, kostengünstige und kohlenstoffarme Materialien zu beschaffen und die Betriebszeit zu erhöhen.

 

Helena Most und ihr Mitgründer Ian Draxten haben das Unternehmen ins Leben gerufen, um die Effizienz und Nachhaltigkeit in der Fertigungsindustrie zu steigern. Durch die Verbindung von Herstellern und Partnern in der Wertschöpfungskette mit ihrer Technologie will Resourcly zur Reduzierung von Emissionen und zur Verbesserung der Ressourceneffizienz beitragen.

Wie gehen Sie das Thema Daten an? Sind die Kunden offen dafür, Daten zu teilen?

Most: Grundsätzlich ist es eine Sache der Transparenz. Wie gehen wir mit Daten um? Man muss einfach gute Antworten haben.

Am Anfang ist weniger mehr. Wir brauchen nicht direkt Zugriff auf alle Systeme. Das macht keinen Sinn. Wir können auch ohne Integration starten. Wir arbeiten also nur mit den Daten, die wir im ersten Schritt benötigen. So können wir schrittweise für Vertrauen sorgen.

Und Unternehmen bekommen schon beim ersten Schritt einen Mehrwert. Denn wir machen zunächst die Daten besser; wir erhöhen die Datenqualität. Dadurch ist die Offenheit der Unternehmen auch höher.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz dabei?

Most: Es ist eine Mischung aus smarten Algorithmen, KI und Machine Learning. Aber ich sage immer, es muss da genutzt werden, wo es sinnvoll ist. KI hat Chancen, aber auch Risiken. Gerade in der produzierenden Industrie ist es wichtig, dass wir die richtigen Daten haben, Datenqualität und -sicherheit ist das A und O in der Industrie.

Das ist etwas, das man ganz bewusst auch steuern muss. Die Vorteile, die man nutzen kann, die nutzen wir. Die Vergleichbarkeit von Spezifikationen von Millionen von Produkten ist eine gigantische Aufgabe, die kann man menschlich gar nicht mehr tun kann - hier macht eine Nutzung von KI absolut Sinn.

Podcast: Heller-CEO über KI für Werkzeugmaschinen

Sie arbeiten dann vermutlich ständig an Ihrer Software und verbessern sie?

Most: Genau, wir sind kontinuierlich in der Entwicklung. Das ist eine stetige Weiterentwicklung. Wir machen das sehr, sehr kundenzentriert. Wir haben mit unseren Kunden regelmäßig einen Austausch. Wir entwickeln eigentlich mit ihnen.

Das ist auch das Wertvolle: Wir können das Feedback direkt mit einfließen lassen. Dadurch ist der Nutzen extrem hoch für die Kunden.

Das Thema Lieferketten ist spätestens seit der Coronakrise ein großes Thema. Was spiegeln die Unternehmen denn da wider?

Most: Zu Corona-Zeiten war das sicherlich ein viel kritischerer Aspekt. Zukunftsorientierte Unternehmen wissen, dass wir immer wieder in solche Krisen rutschen können. Ich hatte gerade ein Gespräch mit einem Hersteller, der gesagt hat, wir müssen uns eigentlich schon wieder vorbereiten, zum Beispiel im Bezug auf das Thema Embargo oder Tariffs.

Was die Unternehmen gelernt haben, ist, sie müssen sich generell resilienter aufstellen. Unternehmen erzählen mir immer noch, dass sie Produkte haben, die eine Lieferzeit von einem knappen Jahr haben. Das ist eigentlich nicht tragfähig.

Ich würde trotzdem sagen, es hat sich etwas mehr entspannt. Aber man hat auch gelernt und stellt sich nun anders auf.

Welche Rolle spielt die Datensicherheit und wie Sie das Problem?

Most: Man muss immer offen darüber reden. Wir haben natürlich ein Informationsblatt für unsere Kunden. Und natürlich die Standards, die eingehalten werden müssen, also zum Beispiel Server in Europa.

Interessanterweise finde ich gerade bei unseren Kunden, gibt es welche, die große Bedenken bei KI haben. Und dann wiederum einen klassischen Maschinenbauer, auch nicht groß, die gerade KI-Anwendungen testen und sehr offen dafür sind. Transparenz und auf die Kundenbedürfnisse eingehen ist hier wichtig.

Auf welche Herausforderungen sind Sie denn in der Zusammenarbeit mit den Kunden gestoßen?

Most: Generell ist der Maschinen- und Anlagenbau ja eine traditionelle Industrie. Da gibt es schon richtig innovative Unternehmen und auch Personen in diesen Unternehmen. Die sind aber aus meiner Sicht aber gehemmt in der Entscheidungsfähigkeit. Das hat natürlich auch mit der wirtschaftlichen Lage zu tun.

Diese Sales-Zyklen sind auch etwas, was in der Industrie von heute aus meiner Sicht negative Auswirkungen. Ich muss in gewissen Bereichen in der Lage sein, schnell Entscheidungen zu treffen. Wenn ich das nicht bin, dann bin ich an der einen oder anderen Stelle teils handlungsunfähig. Das ist etwas, was in Ländern wie den USA anders ist. Dort geht man mehr in ein Risiko ein und trifft schneller eine Entscheidung. Und das hängt uns in Deutschland an der ein oder anderen Stelle ab.

Es ist auch ein bisschen die Mentalität. Das ist natürlich schwierig. Wir sind in einer Zeit der Unsicherheit. Aber man sagt immer, in unsicheren Zeiten entsteht Innovation. Und dafür muss man bereit sein. Ich bin sehr dankbar und glücklich darüber, dass wir mit Partnern arbeiten, die genauso denken. Aber der Grundtenor der Industrie ist sehr verhaltener.

Sie sind nicht nur die Gründerin, sondern auch CEO Sales und CEO Product: Wie bringen Sie alle Rollen zusammen? Arbeiten Sie weiter aktiv an den neuen Produktentwicklungen mit?

Most: Das ist ein bisschen historisch gewachsen. Dadurch, dass ich auch Informatik studiert habe, habe ich die erste Version von Resourcly entwickelt. Ich habe täglich mit den Kunden zu tun, deshalb wurde die Übersetzung zwischen Kundenbedürfnis und Produkt bei mir zusammengeführt.

Denn in diesem frühen Stadium muss ganz viel direkt in das Produkt reinfließen von diesen Kundenbedürfnissen. So ist die Verantwortung von Sales und Product bei mir entstanden. Aber wir haben jetzt auch einen Head of Technology bei uns mit an Bord und ich habe die Tech-Verantwortung abgeben.

Wie lange hat es denn gedauert, bis Sie die erste Version fertig hatten?

Most: Ein halbes Jahr circa bis zur ersten Demo.

Was sind die Ziele mit Ihrem Start-up für das laufende Jahr?

Most: Bei uns ist der Fokus auf dem Wachstum. Wir arbeiten rein mit Marktführern und das ist für uns als sehr junges Unternehmen ein wahnsinnig positives und starkes Zeichen, was wir aufbauen wollen. Wir wollen uns einen Namen in der Dach-Region und Europa machen.

Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Die Autorin: Anja Ringel

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen.

Nach Stationen bei diversen Tagezeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Daneben ist sie einer der Podcast-Hosts von Industry Insights.

Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken.

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