Datenräume vernetzen Europas Industrie

Manufacturing-X: Mittelstand startet in die Praxis

Vom Konzept zur Anwendung: Manufacturing-X zeigt in ersten mittelständischen Use Cases, wie digitale Wertschöpfung grenzüberschreitend funktioniert.

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Resiliente mittelständische Industrie: Manufacturing-X geht in die konkrete Anwendung.
Resiliente mittelständische Industrie: Manufacturing-X geht in die konkrete Anwendung.

Mit der zunehmenden Vernetzung von Produktionssystemen, Lieferketten und Dateninfrastrukturen befindet sich die europäische Industrie in einem tiefgreifenden Wandel. Und sie steht unter Druck, denn die Geschwindigkeit der internationalen Konkurrenz nimmt immer weiter zu. Die Initiative Manufacturing-X soll die industrielle Transformation beschleunigen, indem sie ein vernetztes Daten-Ökosystem entstehen lässt.

Der Schlüssel dafür liegt jedoch in offenen Standards, kompatiblen Datenräumen, einer effizienten Kommunikationsinfrastruktur und der engen Zusammenarbeit von Industrie, Technologieanbietern und Multiplikatoren – das zeigt das gemeinsame Pressegespräch des Smart Systems Hub mit Partnern aus dem Mittelstand wie N+P Informationssysteme oder der ULT AG, der Forschung und Verbänden wie dem VDMA sowie dem ZVEI im Rahmen der Hub:disrupt.

Im Mittelpunkt des Gesprächs in der Gläsernen Manufaktur Dresden stehen dabei Erfolgsgeschichten aus der mittelständischen Praxis und das Zusammenspiel von Forschung, Multiplikatoren, Technologiepartnern und Industrieunternehmen.

Bei der schnellen und effektiven Übertragung einzelner Manufacturing-X-Transformationsprojekte und Ansätze in die industrielle Praxis zählen der Smart Systems Hub und seine Partner zu den Vorreitern. In der Learn-&-Explore-Umgebung des Hub werden etwa reale Use Cases aus mittelständischen Industrieunternehmen gemeinsam mit Technologieanbietern getestet und adaptiert. Das sichert Co-Innovation, vom ersten Ansatz bis hin zur produktiven Umsetzung im Geschäftsalltag.

„Unsere digital-analoge Testumgebung fungiert als eine Brücke zur mittelständischen Praxis. Über den virtuellen Datenraum und die Verbindung mit einer realen Modell-Anlage können Ideen für neue Geschäftsansätze oder die Digitalisierung der Lieferkette erprobt, weiterentwickelt und umsetzungsreif gemacht werden. Das hat es in den letzten Monaten ermöglicht, gemeinsam mit Technologie- und Industriepartnern reale Anwendungen für den produktiven Betrieb unter dem Dach von Manufacturing-X zu entwickeln“, erklärt Michael Kaiser, Geschäftsführer des Smart Systems Hub.

Innovationskraft und Co-Innovation: von der Idee zur industriellen Umsetzung

Konkret konnte der Partner Sitec sein Angebot connACT Services durch die Testumgebung weiter erproben und zusätzliche Funktionalitäten in die Anwendungsreife führen. „Mit connACT und unseren digitalen Services bieten wir Kunden die Möglichkeiten einer datengetriebenen Prozessoptimierung, vorausschauender Wartung ihrer Anlagen oder auch neuer Nutzungsmodelle an. Wir konnten unsere Lösung in der virtuell-analogen Testumgebung im Rahmen von Manufacturing-X neuen Bedingungen und Use Cases aussetzen. Das hat die Entwicklungszeit und Risiken für unsere neuen Funktionen deutlich reduziert“, berichtet Nico Nebel, Geschäftsführer der Sitec Industrietechnologie GmbH.

Auch Technologiepartner des Smart Systems Hub bestätigen den Mehrwert eines gemeinsamen Test- und Entwicklungsraums: „Wir digitalisieren seit 1990 die Prozesse unserer Kunden und schaffen systemübergreifende Wertschöpfungsketten. Durch die neuen technologischen Möglichkeiten von Cloud-Plattform und neue Standards zum unternehmensübergreifenden Datenaustausch, wie zum Beispiel Manufacturing-X, spüren wir eine neue Komplexität für unsere Kunden. Umso wichtiger ist, mittels branchenübergreifenden Co-Innovationsprojekten einfache und unkomplizierte Erprobungsmöglichkeiten zu schaffen. Ein Beispiel dafür ist das Manufacturing-X-Testbed des Smart Systems Hub", erklärt Till Hertwig, Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung des mittelständischen Digitalisierungsexperten N+P Informationssysteme.

Ein weiterer, internationaler Partner des Hub teilt diese Einsicht: „Daten entfalten ihren Wert in der industriellen Wertschöpfungskette oft erst dann vollständig, wenn sie über System-, Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg nutzbar werden. Kooperation und offene Standards sind dafür die Grundlage. Sie machen aus einzelnen Projekten ein lernfähiges industrielles Ökosystem. Die gemeinsame Learn-&-Explore-Umgebung mit dem Smart Systems Hub ist ein Hebel für Adaption und Co-Innovation“, sagt Dr. Michael Ameling, President SAP Business Technology Platform, Member of the Extended Board, SAP. Das Softwareunternehmen stellt Werkzeuge zum Betrieb des Datenraumes für die Testumgebung zur Verfügung.

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Interoperabilität als Hebel für die industrielle Zukunft

Neben diesem praktischen Erfolgsbeispiel zeigt das Dresdner Pressegespräch auch, dass nur durch standardisierte und interoperable, kompatible Datenräume Unternehmen Informationen sicher und branchenübergreifend austauschen, KI-Anwendungen skalieren und nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln können.

„Der Mittelstand und vor allem die industrielle Wertschöpfung stehen massiv unter Zugzwang. Die internationalen Spannungen, Zollstreitigkeiten, der Nachfragerückgang im angelsächsischen Raum oder die rasante Entwicklung der Zulieferer in Fernost erfordern zukunftstaugliche Lösungen. Nur wenn Deutschland und Europa Daten künftig souverän teilen und interoperabel nutzen, werden die Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben“, betont Alexander Jakschik, Vizepräsident des VDMA.

Wie relevant Interoperabilität auf technischer Ebene ist, zeigt die Forschung: „In unserem Projekt Semiconductor-X im Rahmen der Manufacturing-X-Initiative zur Digitalisierung der Lieferketten in der Halbleiterindustrie sehen wir in der Zusammenarbeit mit anderen Datenräumen aus verschiedenen Branchen, dass nur ein nahtloser Datenaustausch über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg wirkliche Resilienz schafft“, erklärt Prof. Dr. Dirk Reichelt, Leiter der Professur für Informationsmanagement an der HTW Dresden.

Der anwesende Datenraum-Experte aus der Automotive-Branche schlägt in eine vergleichbare Kerbe: „Aus der Erfahrung mit dem produktiven Datenraum Catena-X in unserem Sektor wissen wir, dass Rückwärtskompatibilität innerhalb eines Datenraums und Versionskompatibilität zwischen Datenräumen entscheidend sind. Nur so finden die Lösungen das Vertrauen der Anwender und damit eine breite Akzeptanz und Verwendung“, so Thomas Obermeyer, Lead Dataspace Architect, Catena-X Automotive Network e. V.

Vom Pilot zum Produktivbetrieb: Transfer und Umsetzung in die Breite

Die Manufacturing-X Projekte wie Semiconductor-X, Factory-X oder Aerospace-X schaffen die technischen Grundlagen für interoperable Datenräume. Das Know-how ist in Deutschland somit bereits vorhanden. Doch erst durch das gemeinsame Vorgehen von Transferprojekten wie Scale-MX unter der Leitung der Industrieverbände VDMA und ZVEI, Digitalhubs und den entsprechenden Wirtschaftsförderungen werden diese Lösungen in den Mittelstand und in den produktiven Breitenbetrieb getragen.

„Unser Ziel ist es, Anwendern, Anbietern und Multiplikatoren den Nutzen des industriellen Datenökosystems praxisnah zu vermitteln und sie zum Mitmachen zu motivieren. Dazu stehen wir im engen Austausch mit den X-Projekten, bereiten deren Anwendungsfälle zielgruppengerecht auf und bringen sie durch Kongresse, Workshops und Foren gezielt in den Mittelstand“, erklärt Dr. Angelina Marko, Projektleitung SCALE-MX, Geschäftsführerin der ZVEI-Plattform Digital Ecosystems & Smart Services ZVEI. Damit würden die zentralen Herausforderungen bei der Umsetzung adressiert: Interoperabilität, Standardisierung und Vertrauensbildung.

Das europäische Daten-Ökosystem braucht die nötige Infrastruktur

Die Industrie benötigt nicht nur interoperable Datenräume, sondern auch eine sichere und leistungsfähige Kommunikations-Infrastruktur. Denn ohne entsprechende Rechen- und Übertragungsleistung gibt es keinen digitalen Echtzeit-Austausch zwischen den Unternehmen. Das IPCEI-CIS (Important Project of Common European Interest – Cloud and Edge Infrastructure and Services) stärkt dabei Europas Resilienz, indem es eine sichere, leistungsfähige und anbieterunabhängige Cloud- und Edge-Infrastruktur aufbaut. Dabei werden lokale Recheneinheiten mit zentralen Rechenzentren unterschiedlicher Anbieter vernetzt, um den effektiven Austausch zwischen den Datenräumen zu ermöglichen. Werden Vorhaben wie IPCEI-CIS eng mit Manufacturing-X verknüpft, bilden sie die Grundlage für digitale Souveränität und die künftige globale Wettbewerbsfähigkeit Europas.

„Im Rahmen von IPCEI-CIS wurden bisher zahlreiche Projekte genehmigt, die von der Grundlagenforschung bis zur konkreten Industrieanwendung reichen. Die enge Vernetzung von Kompetenzen von der Forschungseinrichtung über den Mittelstand bis zum Konzern sowie über Ländergrenzen hinweg sorgt dabei für ein hohes Entwicklungstempo und starkes Innovationsmoment. In spätestens anderthalb Jahren dürften hier erste konkrete Erfolge zu verzeichnen sein. Jetzt heißt es, weitere Projekte im IPCEI-Kontext wie IPCEI-CIC und IPCEI-AIvoranzubringen“, erklärt Ralf Pechmann, CEO bei Telekom MMS, einem zentralen deutschen Projektpartner.

IPCEI-CIC zielt dabei auf den Aufbau eines souveränen, verteilten Rechen-Kontinuums in Europa als Grundlage für Cloud- und KI-Anwendungen ab. IPCEI-AI fördert daneben Forschung und industrielle Umsetzung von KI-Technologien zur Stärkung europäischer Wettbewerbsfähigkeit. Gemeinsam schaffen beide eine integrierte digitale Infrastruktur, in der KI auf einer europäischen Cloud- und Edge-Architektur fußt.

Quelle: hub:disrupt

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FAQ – Manufacturing-X in der industriellen Anwendung

1. Was ist Manufacturing-X und welches Ziel verfolgt die Initiative?

Manufacturing-X ist eine branchenübergreifende Initiative zur Digitalisierung der industriellen Wertschöpfung. Ziel ist der Aufbau eines offenen, interoperablen Daten-Ökosystems, das Unternehmen erlaubt, Produktions- und Lieferketten digital zu vernetzen. Damit sollen Innovationsfähigkeit, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit – besonders im europäischen Mittelstand – nachhaltig gestärkt werden.

2. Wie unterstützt der Smart Systems Hub die Umsetzung von Manufacturing-X?

Der Smart Systems Hub fungiert als Schnittstelle zwischen Mittelstand, Forschung und Technologiepartnern. In der eigens entwickelten Learn-&-Explore-Umgebung werden reale Use Cases mit digitalen Technologien verbunden, getestet und für den produktiven Einsatz vorbereitet. Diese virtuelle Testumgebung beschleunigt Entwicklung, reduziert Risiken und macht neue Anwendungen marktreif.

3. Welche Unternehmen und Technologien profitieren konkret von der Testumgebung?

Beispielsweise konnte das mittelständische Unternehmen SITEC seine digitalen Services unter realitätsnahen Bedingungen weiterentwickeln – etwa im Bereich vorausschauender Wartung und datengetriebener Prozessoptimierung. Auch N+P Informationssysteme nutzt die Plattform, um unternehmensübergreifende Wertschöpfungsketten zu erproben. Softwarepartner wie SAP stellen Werkzeuge für den Betrieb der Datenräume bereit.

4. Warum sind offene Standards und Interoperabilität für Manufacturing-X so wichtig?

Nur durch kompatible Datenräume können Unternehmen sicher und effizient Informationen austauschen – über Branchen- und Unternehmensgrenzen hinweg. Interoperabilität ist die Basis für skalierbare KI-Anwendungen, resiliente Lieferketten und nachhaltige Geschäftsmodelle. Ohne sie bleiben viele Digitalisierungsvorhaben im Pilotstadium stecken.

5. Welche Rolle spielt der Mittelstand bei der Umsetzung von Manufacturing-X?

Der Mittelstand ist zentrale Zielgruppe und aktiver Treiber zugleich. Manufacturing-X zeigt anhand konkreter Anwendungsbeispiele, wie auch kleinere und mittlere Unternehmen den Wandel aktiv gestalten können. Unterstützt durch Transferprojekte wie SCALE-MX, digitale Hubs und Wirtschaftsförderungen, gelingt der Schritt vom Testfeld in den industriellen Alltag.