Offshore-Windfundamente heben oder nicht heben?

Offshore-Gigant setzt auf Ringkran statt RoRo

Starke Gezeiten, enge Tidenfenster und tonnenschwere Konstruktionen: Beim Offshore-Großprojekt „Greater Changhua“ in Taiwan entschied sich Ørsted für eine unkonventionelle Hebe-Lösung – mit weitreichenden Folgen für Zeit, Kosten und Sicherheit.

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Der SK350-Ringkran mit einer Tragfähigkeit von 5.000 Tonnen hob die Jacket-Fundamente (Stahlkonstruktionen für Offshore-Windkraftanlagen) vom Deck und platzierte diese auf Betonstützen am Kai im Hafen von Taichung.
Der SK350-Ringkran mit einer Tragfähigkeit von 5.000 Tonnen hob die Jacket-Fundamente (Stahlkonstruktionen für Offshore-Windkraftanlagen) vom Deck und platzierte diese auf Betonstützen am Kai im Hafen von Taichung.

In der Theorie gilt das Roll-on/Roll-off-Verfahren (RoRo) als die bevorzugte Methode beim Umschlag großer Gründungsstrukturen für Offshore-Windparks. Doch Theorie und Realität driften im Offshore-Bereich oft weit auseinander. Ein Praxisbeispiel aus Taiwan beweist, wie gravierend dieser Unterschied ausfallen kann.

Im Fokus: die beiden Windpark-Projekte „Greater Changhua 2b“ und „Greater Changhua 4a“, realisiert vom dänischen Energieunternehmen Ørsted. Für die Gründungsstrukturen der insgesamt 920 MW starken Windkraftanlagen kamen sogenannte Suction-Bucket-Jackets (SBJ) zum Einsatz – eine Premiere für die gesamte Asien-Pazifik-Region. Die tech-nische Besonderheit: Statt sich mit Pfählen im Meeresboden zu verankern, saugen sich die Fundamente durch Unterdruck fest.

Ein Suction-Bucket-Jacket (SBJ) ist ein dreibeiniger Stahlrahmen mit Becherfundamenten, die nicht über einen Rammvorgang, sondern mithilfe eines (Vakuum-)Saugverfahrens im Boden verankert werden. Nicht nur die Demontage ist einfacher. Bei der Installation der Windturbinen schützen wir durch die beinahe nicht vorhandenen Geräuschemissionen zudem die Meeresbewohner.

Ørsted war das erste Unternehmen, das diese Technik für Windturbinen nutzte, als es im Jahr 2014 im Windpark Borkum Riffgrund 1 (BKR01) einen Prototyp einsetzte und testete. Im Windpark BKR02 wurden 20 der 56 Turbinen mithilfe der SBJ-Technik installiert. Damit ist Ørsted der erste Offshore-Windparkentwickler, der diesen innovativen Fundamenttyp in großer Stückzahl verwendet hat.

Hebekraft statt Rampenfahrt: Mammoets Lösung unter Extrembedingungen

SK350-Ringkran
Für den Umschlag der 80 Meter hohen und 2.400 Tonnen schweren Jacket-Elemente setzte Ørsted auf die Expertise von Mammoet Giant. Das Schwerlastunternehmen schlug eine unkonventionelle Methode vor, um typische Herausforderungen im Hafen von Taichung zu umgehen: den Einsatz eines SK350-Ringkrans mit einer Kapazität von 5.000 Tonnen.
Entladen der Windkraftanlagen-Elemente
Entladung: Mit dem SK350 wurden die Windkraftanlagen-Elemente direkt vom Schiff auf vorbereitete Betonstützen am Kai gehoben.
SPMT-Achslinien unter den Fundamenten
Anheben der 3 Beine der Windkraftanlagen-Elemente auf Stützen. Anschließend fuhren 32 SPMT-Achslinien unter jedes Fundament und hoben es mithilfe ihres Hubs an. Insgesamt kamen 96 SPMT-Achslinien für das Projekt zum Einsatz.
Ringbahn des SK350 Krans
Optimierung: Dank der zentralen Ballastmasse des Krans musste nur ein Teil der Ringbahn aufgebaut werden – was Zeit und Raum sparte.
Rücktransport der Jackets
Rücktransport: Vor der finalen Installation wurden die Jackets erneut mit dem Kran auf das Schiff gehoben und zur Offshore-Plattform gebracht.

Minimale Standzeiten, maximale Effizienz

Für den Umschlag der 80 Meter hohen und 2.400 Tonnen schweren Jacket-Elemente setzte Ørsted auf die Expertise von Mammoet Giant. Das Schwerlastunternehmen schlug eine unkonventionelle Methode vor, um typische Herausforderungen im Hafen von Taichung zu umgehen: den Einsatz eines Ringkrans. Ørsted selbst zeigte sich laut Mammoet zunächst zögerlich gegenüber dem alternativen Ansatz – überzeugte sich jedoch schnell von der Effizienz des Ringkrans.

Mammoet-Giant wurde von Ørsted Taiwan mit der Montage von 66 Windturbinen-Jackets für die 920 MW-Windparks Greater Changhua 2b und 4 in Taiwan beauftragt. Das Projekt zeichnet sich durch den Einsatz von Suction Bucket Jacket (SBJ)-Fun-damenten aus und ist das erste SBJ-Projekt im asiatisch-pazifischen Raum in einem großen Offshore-Windpark.

Der Grund: In stark frequentierten Häfen mit bis zu sechs Metern Tidenhub und hoher Wellenaktivität sind RoRo-Operationen mit erheblichen Risiken behaftet, obwohl diese die bevorzugte Methode für den Transport großer und schwerer Offshore-Windfundamente auf und von Schiffen im Hafen sind. Ein steiler Neigungswinkel zwischen Schiff und Kai kann die Sicherheit und Effizienz gefährden – und zu erheblichen Verzögerungen führen.

Stattdessen wurde der 5.000-Tonnen-Ringkran SK350 verwendet, der eine wetter-unabhängige Be- und Entladung ermöglichte. Eine Entscheidung mit Folgen: Die Charterzeiten der teuren Offshore-Schiffe konnten deutlich reduziert und der Zeitplan exakt eingehalten werden.

Das Beispiel aus Taiwan könnte Vorbild für Offshore-Projekte weltweit werden. Besonders in Regionen mit stark schwankenden Gezeiten und engen Hafenplätzen bietet die Kombination aus Suction-Bucket-Jackets und Ringkranlogistik enormes Potenzial. Die Kombination aus neuer Gründungstechnologie und optimierter Hafenlogistik ergibt ein Gesamtpaket, das nicht nur Zeit und Kosten spart, sondern auch Standards neu definiert.

Eine zunehmend flexible Logistikplanung, gestützt auf individuelle Standortanalysen, wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil – nicht nur in Asien, sondern auch für den wachsenden Offshore-Markt in Europa.

Die 5 wichtigsten FAQs von Offshore-Windkraftanlagen

  1. Warum ist Offshore-Wind besonders ertragsstark?
    Auf See wehen stärkere und gleichmäßigere Winde – dadurch liefern Offshore-Anlagen deutlich mehr Strom als ihre Pendants an Land.
  2. Wie wirkt sich die Standortwahl auf die Flächennutzung aus?
    Da Offshore-Anlagen im Meer errichtet werden, entsteht keine Konkurrenz zu landwirtschaftlichen Flächen, Siedlungen oder Naturschutzgebieten.
  3. Welche Rolle spielt die Größe der Anlagen?
    Offshore ermöglichen größere Turbinen mit mehr als 15 MW Leistung – ohne Beschränkungen durch Bebauungspläne oder Anwohnerinteressen.
  4. Gibt es Vorteile bei Lärm und Sichtbarkeit?
    Da Offshore-Windparks weit vor der Küste stehen, entstehen keine direkten Lärmemissionen oder optischen Beeinträchtigungen im Wohnumfeld.
  5. Welche Bedeutung hat Offshore-Wind für die Energiewende?
    Offshore-Windkraft ist grundlastfähig, skalierbar und prädestiniert für die Kombination mit Wasserstoff – ein Schlüsselelement der klimaneutralen Stromversorgung.

Quelle: Mammoet Global