Die Antalis Schweiz ist der führende Distributor für Papier, Verpackungslösungen, visuelle Kommunikationsmittel sowie Hygieneartikel und Anbieter individueller Logistikdienstleistungen. An den beiden Standorten Lupfig und Meyrin arbeiten rund 260 Menschen, die sich um circa 14.600 Kunden kümmern. Jeden Tag erreichen Antalis Schweiz 1.600 Bestellungen. Dafür werden im Lager 250 Tonnen Material umgesetzt.
„Wir waren bei der Einführung des Fahrerlosen Transportsystems unserer Zeit um zwanzig Jahre voraus“, schätzt Claudio Brunner, Leiter Supply Chain Management bei der Antalis Schweiz in Lupfig unweit von Zürich. „Anfang der achtziger Jahre wussten die wenigsten, was ein mobiler Transportroboter überhaupt ist“. 1982 kaufte das Unternehmen 13 Modelle eines bekannten Herstellers, die für den Transport von 1.200 Paletten pro Tag zwischen Wareneingang und Hochregallager (HLR) ausgelegt waren.
In jener Zeit war die Papierindustrie ein starker Wachstumsmarkt. Antalis hat früh erkannt, dass in die Automatisierung im Lager investiert werden muss und nahm damals für das neue System inklusive Implementierung einen einstelligen Millionenbetrag in die Hand. Die Schweizer hatten bereits zu jener Zeit große Lagerflächen mit weiten Transportwegen, die nicht länger allein mit Staplern und Handhubwagen bewirtschaftet werden konnten. Für Matthias Braun, Projektleiter Supply-Chain-Management bei Antalis Schweiz, war das ambitionierte Projekt eine technische Meisterleistung, die Umsetzung einer Vision.
Der Hersteller der alten AGVs ging bereits 1994 pleite
Visionen haben manchmal unangenehme Nebenwirkungen. Die Nachfrage nach den supermodernen Transportfahrzeugen war in den Achtzigern gelinde gesagt gering. Der damalige Hersteller meldete 1994 Insolvenz an. Fortan musste sich Antalis um den Erhalt der Flotte selbst kümmern. Das ging so weit, dass einige Fahrzeuge ausgemustert und als Ersatzteillager umfunktioniert wurden. Schließlich drehten von den einst 13 Robotern nur noch sechs ihre Runden im Lager. „Irgendwann war das Ende gekommen und es waren keine Ersatzteile oder brauchbare Supportdienstleistungen mehr vorhanden“, so Claudio Brunner. Im Frühjahr 2021 schaute er sich zusammen mit Matthias Braun nach einem Hersteller um, der sich zutraute, die ausgedienten Fahrzeuge im laufenden Betrieb durch moderne Transportroboter zu ersetzen und in das bestehende System aus Hard- und Software zu integrieren.
Die beiden identifizierten 13 potenzielle Anbieter und verschickten eine unverbindliche Anfrage, um die Machbarkeit des Projekts abzuklären. Dabei fielen acht durchs Raster. Den verbleibenden fünf wurde das Lastenheft vorgelegt, danach ging es mit drei Firmen in die Detailanalyse. Nach abschließenden Referenzbesuchen entschieden sich die Schweizer für Safelog.
Die AGVs der Spezialisten aus Markt Schwaben überzeugten Claudio Brunner vor allem durch ihre Schwarmintelligenz. Jedes AGV ist mit einer sogenannten Agenten-Software ausgestattet, mit der die Fahrzeuge untereinander kommunizieren können. Positionen werden ausgetauscht, Aufträge lassen sich automatisch verteilen und effektiv abarbeiten. Das System funktioniert ohne einen teuren Leitstand. „Jeder unserer Roboter hat einen eigenen, kleinen Computer an Bord“, so Dr. Axel Buß, Software-Entwickler bei Safelog und promovierter Atomphysiker. „Die Fahrzeuge unserer Mitbewerber sind oft mit einer einfachen SPS ausgestattet, was die Möglichkeiten erheblich einschränkt.“
Die Flexibilität war ein weiterer Punkt, warum sich die Schweizer für Safelog entschieden haben. Als Claudio Brunner und Matthias Braun nach Markt Schwaben fuhren, um das Projekt im Detail vorzustellen, überdachte Safelog danach alles noch einmal und erstellte ein neues Angebot, das besser zu den Prozessanforderungen bei Antalis passte. „Ich hatte nie das Gefühl, dass Safelog unsere Prozesse bestimmen will, die Techniker sind immer auf unsere Bedürfnisse und die Situation vor Ort eingegangen“, versichert Brunner. „Bei den Mitbewerbern war das bei weitem nicht so ausgeprägt.“
In die Jahre gekommenes Softwaresystem
Lösungsorientierung und Know-how haben die Spezialisten aus Markt Schwaben auch bei der Anbindung der neuen Technik an das Bestandssystem von Antalis bewiesen. Das Lagerverwaltungssystem (LVS) mit einem untergeordneten Materialflussrechner, der bei Antalis intern „Box3“ genannt wird, hatten mehr als zwanzig Jahre an Laufzeit und stetiger Optimierung auf dem Buckel. Für eine Software ist das eine kleine Ewigkeit. „Man hat den Programmen das Alter angesehen, vor allem an den Schnittstellen“, meint Dr. Axel Buß. „Wir mussten uns da richtig reinarbeiten, die Software war der größte Zeitfaktor in dem Projekt und hat auch für Verzögerungen beim geplanten Ablauf gesorgt.“ Durch die akribische Arbeit konnte die Kundenerwartung von 90 Paletten pro Stunde erfüllt werden. Trotz der hohen Durchsatzrate wurden Fehlpaletten nahezu ausgeschlossen. Im Betrieb kommt es somit nicht zu Verzögerungen und Staus.
Die Spezialisten von Safelog waren erfolgreich. Server- und Datenbank-Programme bei Antalis sind neu. Die alte Oberfläche des LVS wurde abgelöst, da sie mit dem aktuellen System nicht mehr kompatibel war und der Materialflussrechner wird künftig im LVS integriert sein. Auch das Brandmeldesignal ließ sich ohne Probleme einbinden. Matthias Braun ist mit dem Resultat zufrieden: „Der softwaretechnische Betrieb ist bis 2030 gewährleistet.“
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Nicht zuletzt hat Claudio Brunner auch das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt. Safelog ist einer der wenigen Hersteller in der Branche, der seine AGVs in Serie produziert. Im Gegensatz zu Geräten, die aus dem Sondermaschinenbau kommen, sind alle Safelog AGVs standardisiert. Das ermöglicht nicht nur schnellere Lieferzeiten, sondern auch ein günstigeres Angebot, ein unkompliziertes und zuverlässiges Ersatzteilmanagement sowie ein robustes Gesamtpaket.
Das neue System musste bei Antalis während des laufenden Betriebs implementiert werden, denn die Sicherstellung des Tagesgeschäfts hatte bei den Schweizern stets oberste Priorität. Ein Testlauf am Tag kam aufgrund des laufenden Bestands-FTS nicht infrage. „Wir definierten ein Zeitfenster von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens, in dem alle Testszenarien gefahren und Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden konnten“, erzählt Matthias Braun. So hatten beispielsweise die Förderanlagen von Antalis nicht alle die gleiche Übergabehöhe. Das hatte zur Folge, dass die AGVs an manchen Übergabestationen die Last nicht hoch genug anhoben. „Da mussten wir unsere Fahrzeuge noch ein wenig umbauen“, so Dr. Axel Buß. Und manchmal stieß die Kontournavigation der AGVs an ihre Grenzen. Dies war besonders in den Bereichen der Fall, die bei vollem Hauptlager als Zwischenspeicher genutzt werden. Dadurch wichen die Kontouren zu sehr vom Normalzustand ab. Die Spezialisten von Safelog lösten das Problem, indem diese Bereiche durch einen zusätzlichen Navigationslayer abgesichert wurden. So ließ sich die wechselnde Umgebung ausgleichen.
Mit reduzierter Geschwindigkeit sicher durch die Kurven
Am 10. August 2023 war der große Moment. Die alten Transportroboter wurden durch zwölf Geräte der Serie Safelog AGV L1 ersetzt, die sich fortan mit einer maximalen Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde durch das Lager von Antalis bewegen. Pro Tag werden nun 700 Paletten mit einer Maximallast von circa 1.000 Kilogramm vom Wareneingang zu verschiedenen Lagerbereichen transportiert, zu denen ein Hochregallager, ein Autostore-Lager sowie drei manuelle Lager gehören. Die Routenlängen liegen zwischen 40 und 220 Meter. In den Kurven wird die Geschwindigkeit aus Sicherheitsgründen reduziert. Bei den alten Modellen war das nicht möglich, die fuhren immer mit einem Meter pro Sekunde.
Es gibt bereits Ideen für Folgeprojekte
Claudio Brunner ist mit dem Verlauf des Projekts in jeder Hinsicht zufrieden. Eine Leistungssteigerung durch das neue System war nie geplant und auch nicht möglich. Wegen der neuen Sicherheitsregulierungen können nicht die gleichen Prozesszykluszeiten erreicht werden wie mit den 40 Jahre alten Geräten. Aber das gesteckte Ziel, ein sicherer Betrieb der Bestandsanlage zusammen mit den neuen AGVs, wurde perfekt umgesetzt. Der Ausfall von einem oder sogar mehreren AGVs ist kein Problem, weil der Prozess dadurch nicht gefährdet wird. Außerdem ist die Anlage jetzt erweiterbar. Claudio Brunner hat schon erste Ideen. „Wir wollen weitere manuelle Transporte in die Abläufe integrieren, bei denen die Mitarbeiter selbst Paletten aufgeben können, unabhängig von den Transporten, die vom LVS generiert wurden“, so der Antalis-Manager. Folgeprojekte sind also bereits in der Pipeline.
Quelle: Safelog