Montage einer Kraftwerkspumpe.

Ein KSB-Mitarbeiter montiert eine Kraftwerkspumpe. (Bild: KSB)

Global gesehen liegt vor dem Ziel der Treibhausgasneutralität noch ein gewaltiger Marsch, wie Laurence Tubiana, ehemaliger Klimabotschafter für Frankreich und CEO der Europäischen Klimastiftung, anlässlich der Weltklimakonferenz ‚COP27‘ 2022 in Sharm el-Sheik konstatierte: „Das Pariser Abkommen ist von zentraler Bedeutung für die Bewältigung der Klimakrise, aber seine jährlichen Gipfeltreffen können nicht wie gewohnt weitergehen. Die Kluft zwischen Zielen und realen Emissionen ist gefährlich groß. Wir müssen dem COP-System neue Ziele und Impulse geben, sonst wird es seine Relevanz in der kritischsten Zeit verlieren.“

Laut VDMA agiert der Maschinenbau hierzulande dabei als Enabler und bietet klimafreundliche Technologien und Lösungen an. Fakt ist aber auch: Für das große Ziel der Klimaneutralität reicht dies nicht. Unternehmen müssen ihr Tun und Handeln im Sinne des Klimaschutzes analysieren, hinterfragen und dann auch entsprechend verbessern. Dabei kann auch ans Tageslicht kommen, dass das eigene Unternehmen zwar innovative und klimafreundliche Technologien bereitstellt, aber was den Klimaschutz anbelangt, nicht so gut aufgestellt ist.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION freuen sich, wenn Sie auch 2025 in Berlin dabei sind!

 

Hier geht es zur Website des Maschinenbau-Gipfels.

Matthias Zelinger, Leiter CC Klima&Energie beim VDMA, gibt sich optimistisch: „In erster Linie ist der Maschinen- und Anlagenbau der große Ermöglicher von Klimaschutz. Mit den heute bekannten Technologien könnten die Emissionen der OECD- und BRIC-Staaten um etwa 85 Prozent reduziert werden", sagt er.

Und das Innovationstempo sei sehr hoch. „Wenn man sich die Veränderungen bei den Erneuerbaren Energien, bei der Batterieproduktion oder auch bei der systemischen Optimierung von Produktionsprozessen, auch über IT anschaut, ist es tatsächlich ein Eldorado für ambitionierte Ingenieurinnen, Ingenieure und Fachkräfte im Team Maschinenbau."

Matthias Zelinger, Leiter CC Klima&Energie VDMA.
Matthias Zelinger: „Es ist auch notwendig, dass bei Technologien, die gute Zukunftsaussichten haben, der Markthochlauf begleitet wird.“ (Bild: VDMA)

Nachhaltigkeit: Produkte werden langliebiger

Auch für Philip Storch, Vice President und Sales Management Water bei KSB, ist der Maschinenbau Treiber für den Klimaschutz: „Wir sehen den Maschinenbau als Teil der Lösung für die Energiewende sowie das nachhaltige Produzieren und Wirtschaften", erklärt er. Die Industrie habe sich in den vergangenen Jahren verstärkt mit den Auswirkungen des Klimawandels auseinandergesetzt. „Der Maschinenbau hat begonnen, verstärkt nachhaltige Technologien und Lösungen zu entwickeln. Diese zielen darauf ab, den Energieverbrauch zu reduzieren, erneuerbare Energien zu nutzen und die Treibhausgasemissionen zu minimieren.“

Es besteht kein Zweifel, dass der Maschinenbau Geräte und Anlagen entwickelt, die (immer) weniger Energie verbrauchen und somit weniger Treibhausgase emittieren. Dazu bringt Philip Storch eine Zahl aus dem Bereich Pumpen ins Spiel: „Weltweit werden etwa zehn Prozent des jährlichen Stromverbrauchs nur für den Betrieb von Pumpen verwendet. Durchschnittlich 40 Prozent der bestehenden Pumpenanlagen werde nicht optimal betrieben: Diese haben ein Energieeinsparpotential, welches in der Größenordnung von 89 Kohlekraftwerken mit einer Leistung von je 600 Megawatt liegt.“ Nachholbedarf besteht vor allem bei den Stoffkreisläufen.

Hier kann der Maschinenbau dazu beitragen, dass Produkte langlebiger sowie leichter recycelbar sind, um den Ressourcenverbrauch zu verringern und Abfall zu reduzieren. „Im Bereich der Förderung von Forschung und Innovationen sehen wir auch einen Nachholbedarf. Eine Vereinfachung von Förderprogrammen sowie eine stärkere Verknüpfung von Forschung und Wirtschaft können dazu beitragen. Auch die Erhöhung der öffentlichen und privaten Forschungsausgaben würden die Entwicklung neuer Technologien beschleunigen“, so Storch weiter.

Philip Storch, Head of Sales Management Water, KSB.
Philip Storch: „Nachhaltige Geschäftsmodelle können nicht nur zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen. Langfristig schaffen sie auch Wettbewerbsvorteile für Maschinenbau-Unternehmen, die sich frühzeitig auf innovative, technische Lösungen, klimaneutrale Produkte und nachhaltige Praktiken ausrichten.“ (Bild: KSB)

Für Matthias Zelinger ist das Tempo der Innovationen Segen und Fluch gleichermaßen: „Mein Eindruck ist, dass wir bei den Grundlagen und den technologischen Konzepten sehr gut aufgestellt sind. Aber ein kritisches Thema, im Heimatmarkt Europa ist ‚Time to market‘ und das breitere Ausrollen von Technologien. Wir verstricken uns in der überbordenden Regulatorik. Während die EU noch verhandelt, welche ‚Farbe‘ Wasserstoff haben darf, wird in den USA kräftig investiert. Das zieht dann Know-how und Geld ab“, sagt er.

Podcast: Lisa Reehten (Bosch Climate Solutions) über Nachhaltigkeit im Maschinenbau

Klimawandel: VDMA und Politik verfolgen ein Ziel

Matthias Urban, Geschäftsführer von Voss Fluid, sieht die Politik und den VDMA in der Box: „Klimawandel und Klimaschutz ist ein allgegenwärtiges Thema in allen Bereichen des Maschinenbaus. Der VDMA und die Politik verfolgen ein Ziel: die Rahmenbedingungen für den Klimaschutz müssen bestmöglich definiert werden."

Dabei sei es aber wichtig, dass Deutschland als Industriestandort attraktiv bleibe. „Das können wir sicherstellen, indem wir auf Krisen reagieren und uns zukunftssicher aufstellen. Mit Blick auf die Hochwassermaßnahmen an unserem Standort bedeutet das unter anderem mobile Hochwasserschutzwände, permanente Pegelmessung des anliegenden Flusses und die Installation einer unabhängigen Energieversorgung.“

Für Voss-Chef Urban ist der deutsche Maschinenbau sehr innovationsstark und deshalb auch in der Lage, „das Thema Klimawandel zukünftig unter den richtigen Rahmenbedingungen zu bewältigen“. Aus seiner Sicht müssten daher Themen wie Fachkräftemangel, Energiesicherheit bei gleichzeitig wettbewerbsfähigen Preisen sowie Investitionsfördermaßnahmen für neue Technologien stärker einbezogen werden.

Matthias Urban, Geschäftsführer Voss Fluid.
Matthias Urban: „Klimawandel und Klimaschutz ist ein allgegenwärtiges Thema in allen Bereichen des Maschinenbaus. Der VDMA und die Politik verfolgen ein Ziel: die Rahmenbedingungen für den Klimaschutz müssen bestmöglich definiert werden.“ (Bild: Voss)

Der deutsche Maschinenbau als Vorbild

Was Vorbild- und Verstärkerfunktion des Maschinenbaus für andere Industrien betreffen, ist sich KSB-Mann Storch sicher: „Der deutsche Maschinenbau kann als beides angesehen werden: als Enabler für alle anderen Industrien und als Vorbild in Bezug auf technologische Innovationen und Effizienz.“ Als Enabler stelle der Maschinenbau hochwertige und innovative Maschinen, Anlagen und Ausrüstungen her, die in nahezu allen Wirtschaftszweigen eingesetzt werden könnten. „Ohne die leistungsfähigen Maschinen und Anlagen aus Deutschland wäre die Effizienz und Produktivität vieler anderer Industrien möglicherweise nicht so hoch.“

Gerade die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung von Produktionssystemen ist gutes ein Beispiel dafür, wie der deutsche Maschinenbau als Vorbild für andere Industrien fungieren und zukunftsweisende Ansätze entwickeln kann. „Das Zusammenspiel von Enabler und Vorbild trägt dazu bei, dass Deutschland als Innovationsstandort anerkannt ist und eine wichtige Rolle in der internationalen Wirtschaft spielt.“

Bei Voss, einem Anbieter hydraulischer Verbindungstechnik, tragen beispielsweise eine Photovoltaikanlage und der Einsatz von grünen Energien sehr viel zum Klimaschutz bei. So gibt es klar definierte CO2-Reduktionsziele, bei denen es das Bestreben ist, die Emissionen Scope 1 und Scope 2 um 60 Prozent der Werte von 2019 bis zum Jahr 2035 zu reduzieren. „Unser Hauptsitz in Wipperfürth ist beispielsweise seit 2022 klimaneutral“, erläutert Matthias Urban. „Ein Kernbeitrag unserer Produkte zur Nachhaltigkeit ist ihre Langlebigkeit. Unsere inhouse hergestellte Oberflächenbeschichtung Voss coat macht sie sehr robust gegenüber Umgebungsbedingungen, sodass sie in den seltensten Fällen aufgrund korrosionsbedingter Beschädigungen durch neue Produkte ersetzt werden müssen.

Den Maschinenbau sehe ich als prinzipiell gut aufgestellt.“ Aufgrund der schieren Größe und Bedeutung des Maschinenbaus sei das Engagement eines jeden Unternehmens in dem Industriesektor mit großer Sicherheit ein Zugpferd für andere. Für Klima&Energie-Experte Zelinger kann dabei der Mittelstand mit seiner ‚Macher-Mentalität‘ Akzente setzen: „Gerade im industriellen Mittelstand werden aktuell sehr viele Entscheidungen getroffen, die nicht haargenau den traditionellen Wirtschaftlichkeitskriterien entsprechen, die aber Unternehmen, Technologien und oft auch Regionen voranbringen.“

Alles Wissenswerte zum Thema CO2-neutrale Industrie

Sie wollen alles wissen zum Thema CO2-neutrale Industrie? Dann sind Sie hier richtig. Alles über den aktuellen Stand bei der klimaneutralen Industrie, welche technischen Innovationen es gibt, wie der Maschinenbau reagiert und wie die Rechtslage ist erfahren Sie in dem Beitrag "Der große Überblick zur CO2-neutralen Industrie".

Um die klimaneutrale Industrie auch  real werden zu lassen, benötigt es regenerative Energien. Welche Erneuerbaren Energien es gibt und wie deren Nutzen in der Industrie am höchsten ist, lesen Sie hier.

Oder interessieren Sie sich mehr für das Thema Wasserstoff? Viele Infos dazu gibt es hier.

Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung

Aber regional alleine reicht eben nicht, denn der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, die sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene vielfältige Auswirkungen hat, dazu Philip Storch: “Auf nationaler Ebene sehen wir die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die Energiewende als die wichtigsten Treiber. Auf internationaler Ebene sind es die Zusammenarbeit, der Technologietransfer, die Finanzierung und die Umweltmigration.“ Um den Klimawandel wirksam anzugehen, seien sowohl nationale als auch internationale Anstrengungen und Kooperationen erforderlich. Die Umsetzung ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen und die Förderung nachhaltiger Praktiken auf allen Ebenen sind also entscheidend, „um die Folgen des Klimawandels zu mildern und eine klimaresistente Zukunft zu gestalten", Storch.

Auch für Voss-CEO Urban ist der Klimawandel ein globales Thema: „Allerdings ist es aus meiner Sicht unabdingbar, dass wir in Deutschland bei richtigen Rahmenbedingungen vorangehen, ohne unseren Industriestandort zu gefährden. Das sollte andere Nationen motivieren, denn allein kann Deutschland den Klimawandel nicht aufhalten.“

Um dem Klimawandel wirksam zu begegnen, sind also eine Vielzahl von Technologien und Strategien entscheidend, die auf verschiedenen Ebenen wirken. Dazu zählen die Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden, Industrieanlagen, Verkehrsmitteln und anderen Sektoren. Dies alles kann den Energieverbrauch reduzieren und somit den CO₂-Ausstoß senken; wie Philip Storch ausführt: „Die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien ist entscheidend, um den Ausstoß von Treibhausgasen aus fossilen Brennstoffen zu reduzieren und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Energieerzeugung zu ermöglichen. Eine Kreislaufwirtschaft, die den Stoffverbrauch reduziert, Rohstoffe recycelt, kann Ressourcen schonen und damit die Effekte auf die Umwelt mindern."

Er erklärt weiter: "Maßnahmen zur Anpassung an die bereits stattfindenden Auswirkungen des Klimawandels, wie Hochwasserschutz, Küstenschutz und nachhaltige Wasserversorgung (Schwammstädte), sind entscheidend, um die Widerstandskraft gegenüber klimabedingten Risiken zu stärken.“ Eine erfolgreiche Bekämpfung des Klimawandels erfordere das gemeinsame Engagement von Regierungen, Unternehmen, Forschungseinrichtungen und der Zivilgesellschaft auf globaler, nationaler sowie lokaler Ebene.

Deutschland muss Hot-Spot der Kreislaufwirtschaft werden

In diesem Kontext ist es für VDMA-Mann Zelinger der stärkste Ansatz, einen Markt so zu organisieren, „dass Technologien nach Wirtschaftlichkeit und Effizienz eingesetzt werden, nicht nach politischen Festlegungen. Der Emissionshandel in Europa ist ein sehr guter Rahmen.“ Es zeige sich aber, dass dieser nicht so isoliert funktioniere, wie dies das Ökonomen-Lehrbuch nahelege. Matthias Urban glaubt nicht, „dass es heute schon eine klare Definition der ‚einzig wahren Technologien‘ gibt oder geben sollte“. Für ihn müssten Offenheit, Agilität und Flexibilität für verschiedene Technologien der Zeitgeist sein.

Matthias Zelinger ist überzeugt, dass das Dauerthema Klimawandel auch auf das Geschäftsmodell Deutschland Einfluss hat: „Klimawandel und Klimaschutz verändern Gesellschaft und Industrie. Dabei werden einige Industriebereiche an Bedeutung verlieren, andere werden wichtiger, sowohl für die eigene Gesellschaft, aber auch als Exportgut.“

Bisher habe man fossile Rohstoffe wie Öl, Gas und Kohle importiert, mit viel Know-how seien sie die Grundlage erfolgreicher Exportprodukte gewesen. „Die Perspektive ist, dass wir als rohstoffarmes Land nun klimaneutrale Energieträger und wesentliche Grundstoffe importieren und diese zu neuen Produkten veredeln. Wir sehen aber, dass andere auch Wissen aufgebaut haben und dass wir weg vom reinen Import-Export hin zu mehr Partnerschaften steuern - also mehr Energie- und Rohstoffpartnerschaften und mehr Produktion in den Märkten vor Ort.“

Gleichzeitig müsste Deutschland aber auch ein Hot-Spot der Kreislaufwirtschaft werden. „Wir haben mit unserem Prozess- und Material-Wissen und Produktionskompetenzen fantastische Chancen hier führend zu sein. Das spart einerseits Rohstoffkosten und vermindert Abhängigkeiten, gleichzeitig bekommen wir damit eine Industrie, die das Zeug zum Exportschlager hat.“

Nachhaltige Geschäftsmodelle schaffen auch Wettbewerbsvorteile

Für KSB-Vertriebschef Philip Storch sollten Geschäftsmodelle nicht nur auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet sein. „Sie können auch einen positiven Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und zum Schutz der Umwelt leisten, nicht nur in Deutschland. Nachhaltige Geschäftsmodelle können nicht nur zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen. Langfristig schaffen sie auch Wettbewerbsvorteile für Maschinenbau-Unternehmen, die sich frühzeitig auf innovative, technische Lösungen, klimaneutrale Produkte und nachhaltige Praktiken ausrichten.“

Die Digitalisierung eröffne die Möglichkeit, smarte Produkte und Services anzubieten. Maschinen könnten mit Sensoren ausgestattet werden, um ihre Leistung zu überwachen und Wartungsbedarf vorherzusagen.

KSB-Hauptsitz in Frankenthal.
Seit 1871 ist der KSB-Hauptsitz in der Johann-Klein-Straße 9 in Frankenthal das Zentrum aller KSB-Aktivitäten. (Bild: KSB)

„Wir können unseren Kunden datenbasierte Dienstleistungen anbieten, wie Fernwartung, Predictive Maintenance und Leistungsanalysen. Kundenanforderungen können besser erfasst und in die Produktentwicklung einbezogen werden. Die additive Fertigung (3D-Druck) wird sich weiterentwickeln und im Maschinenbau eine größere Rolle spielen", erklärt Storch.

Dies ermögliche die Herstellung komplexer Bauteile, Prototypenentwicklung und die lokale Fertigung, was zu kürzeren Lieferzeiten und individuellen Produktlösungen führen könne. „Kunden werden immer stärker maßgeschneiderte Lösungen erwarten. Der Maschinenbau wird darauf reagieren, indem er flexiblere Produktionstechnologien und individuell angepasste Produkte anbietet“, so Storch weiter.

(Bearbeitet von Anja Ringel und Sabine Königl.)

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