Podium auf dem ersten Maschinenbau-Gipfel Salon in München zum Thema Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups

Wie arbeiten etablierte Unternehmen und Start-ups so zusammen, dass beide davon profitieren? Das war eine der großen Fragen auf dem ersten Maschinenbau-Gipfel Salon in München. (Bild: Michaela Rehle)

Die 1.976 Start-ups wurden von 4.815 Gründerinnen und Gründern in Leben gerufen und beschäftigen insgesamt 34.539 und im Durchschnitt 18 Mitarbeiter. 36,4 Jahre alt sind die Gründerinnen und Gründer im Schnitt. Eine Zahl, die weit unter dem Schnitt der typischen Erwerbsbevölkerung liegt. Und typischerweise sind Start-ups eher im Bereich der Zukunftstechnologien vor Ort – sprich bei KI, Internet of Things oder Industrie 4.0 und heften sich selbst zu fast 46 Prozent das Prädikat ‚ökologisch’ ans Revers.

Zwei Drittel der Start-ups wollen ein digitales Geschäftsmodell etablieren und rund 29 Prozent der von Statista in einer Online-Erhebung befragten GründerInnen und GeschäftsführerInnen beurteilen ein schnelles Wachstum als sehr wichtige. Nach Angaben des Start-up-Monitors 2022 suchen Start-ups Kooperationen, häufig die Nähe zu etablierten Unternehmen.

Was das Interesse von Start-ups am klassischen Maschinenbau anbelangt, kann Dr. Laura Dorfer, Projektleiterin Start-up Machine beim VDMA, nur bestätigen: „Ich würde sagen, der Maschinen- und Anlagenbau ist für Start-ups extrem interessant. Das sehen wir eigentlich tagtäglich. Wir bekommen sehr viele Anfragen– aus ganz unterschiedlichen VDMA-Clustern.“ Und tatsächlich zeigen VDMA-Studien, dass der Maschinenbau hier progressiv unterwegs ist: „Mehr als die Hälfte der Unternehmen - aus einer doch sehr mittelstandsgeprägten Industrie - arbeiten schon mit Start-ups zusammen“, so Dorfer weiter.

Dr. Laura Dorfer, Projektleiterin Start-up Machine beim VDMA
(Bild: PRODUKTION)

"Ich würde sagen, der Maschinen- und Anlagenbau ist für Start-ups extrem interessant." - Dr. Laura Dorfer, Projektleiterin Start-up Machine beim VDMA

„Innovationen und Beweglichkeit sind bei Start-ups heftiger“

Doch gibt es die besonderen Herausforderungen von sogenannten asymmetrischen Partnerschaften. Zwar lassen sich in den Frühphasen von Kooperationen wichtige Anpassungen vornehmen, um ein späteres Scheitern auf ganzer Ebene zu vermeiden oder weitere Potenziale für mehr aufdecken. Dennoch waren, sind und bleiben Kooperationen mit Start-ups risikoreich, weil Start-ups generell mit Unsicherheiten behaftet sind. Die Kombination aus Agilität, Experimente und schnelles Lernen ist ihre eigene Lösung, diesen zu begegnen. Diese Attitüde lässt sich auch auf etablierte Unternehmen und asymmetrische Kooperationen übertragen. Das Risiko lässt sich jedoch niemals vollständig ausblenden. Das sollten etablierte Unternehmen zu jeder Zeit wissen und lernen, damit umzugehen. Kontrollierte Risiken einzugehen, ist wichtig und Scheitern ist erlaubt, solange es möglichst früh erfolgt.

Christian Kissling, Director Sales & Business Developement im Start-up Kraftblock
Christian Kissling, Director Sales & Business Developement im Start-up Kraftblock. (Bild: PRODUKTION)

Diese Mentalitätsunterschiede können zu einem Problem werden, müssen es aber nicht, wie Christian Kissling, Director Sales & Business Developement im Start-up Kraftblock, ausführt: „In dem Großkonzern, in dem ich früher beschäftigt war, gab es auch – und das ist ein Vorteil eines Großkonzerns - Möglichkeiten oder die Flexibilität für so eine innovative Abteilung.“ Diese Abteilungen seien sehr umtriebig, aber trotzdem eingebunden in einen Konzernverbund. „Unternehmen, die Start-ups stärker integrieren, sind auch in alle Richtungen beweglich“, sagt Kissling.

Von der Geschäftsführung werde dann gerne in diese Abteilungen reingehört, was man vielleicht hier und da besser machen könne. „Es ist also nicht wie in einem Konzern ‚von oben nach unten’, sondern es ist mehr ein guter allgemeiner Austausch, um das Beste für das Start-up realisieren zu wollen.“ Es gebe zwar diese Innovationen oder diese Beweglichkeit auch in großen Konzernen, aber in einem Start-up seien diese nochmal – positiv gesprochen – eine Nummer heftiger.

Kein Malus: „Aus dem Scheitern vielmehr gestärkt hervorgehen“

Heftiger ist aber auch die Quote gescheiterter Start-ups. Laut aktueller Statistiken scheitern 80 Prozent aller Start-ups in den ersten 3 Jahren. Über nennenswerte Erfolge kann sogar nur eines von zehn Start-ups nach drei Jahren berichten. Start-up zu sein, heißt also auch automatisch mit einem Scheitern rechnen zu müssen? „Ja“, sagt Marco Karber, CEO AES Autonome Energiesysteme.

Marco Karber, CEO AES Autonome Energiesysteme
Marco Karber, CEO AES Autonome Energiesysteme. (Bild: PRODUKTION)

„Der Begriff ‚Scheitern’ ist ein deutsches Phänomen: Wenn irgendwas schiefgeht oder ein Start-up oder eine Idee nicht klappt, ist man direkt gescheitert.“ Das sei so ein harter Begriff. „Ich nehme von den vier Jahren Start-up-Erfahrung lieber mit, dass ich intensive Einblicke in die Prozesse erhalten habe und viel Selbstvertrauen sammeln konnte.“ Und selbst, wenn jetzt in sechs Monaten AES Autonome Energiesysteme Geschichte sein sollte, hieße das nicht unbedingt: „Ich bin ein gescheiterter Gründer! Vielmehr weiß ich, wie ich es besser machen kann.“

Dem kann Christian Kissling nur zustimmen: „Ich denke, man muss das Positive rausnehmen. Wir sehen das bei unseren technischen Entwicklungen, wo eine Idee angedacht und dann geplant wird – und man dann versucht, das im Detail ingenieurmäßig zu lösen: “ Dann stelle man fest, dass vielleicht die eine oder andere Annahme nicht so laufe. „Das ist vielleicht ein ingenieurmäßiges Scheitern, aber die Kreativität ist dann eben auch da, um Lösungen zu erarbeiten und zu finden und aus diesem Scheitern quasi gestärkt herauszugehen“, so Kissling weiter.

„Im Netzwerk an der Entwicklung einer Idee gemeinsam arbeiten“

Große Erfahrung, um ein Scheitern unter um Ständen zu verhindern, bringt Dr. Darko Sucic mit, Senior Director, Dassault Systèmes Deutschland. Dassault Systèmes betreibt weltweit vier Start-up-Hubs. Im Rahmen eines zweijährigen Programms erhalten Gründer zudem Zugang zur Plattform von Dassault Systèmes sowie zu deren cloudbasierten Softwarelösungen – zusätzlich zur technischen Ausstattung. Darüber werden die Erfinder in geschäftsrelevanten Bereichen wie Vertrieb oder Marketing unterstützt. Zudem steht den Start-ups ein Inkubator-Partnernetzwerk zur Seite.

Dr. Darko Sucic, Senior Director, Dassault Systèmes Deutschland
Dr. Darko Sucic, Senior Director, Dassault Systèmes Deutschland (Bild: PRODUKTION)

Sieht sich Dassault Systèmes hier in der Rolle eines Intermediär? Dazu Dr. Darko Sucic: „Was hier sehr wichtig ist, dass bei dieser Zusammenarbeit ein gewisses Netzwerk entsteht. Wir wollen vermitteln.“ Wenn man sehe, dass ein Start-up bestimmte Herausforderungen habe und Dassault Systèmes jemanden kenne, der an der Stelle etabliert sei, dann versuche man die Unternehmen aufeinander aufmerksam zu machen. „Und ich glaube, davon lebt die Start-up-Szene, dass sie die Unternehmen kennen und wissen, wer von denen helfen kann und wie man ihnen genau helfen kann.“ Dann entstehe eben so ein Netzwerk unterschiedlicher Unternehmen, die sich an der Entwicklung einer Idee gemeinsam beteiligten.

So habe Dassault Systèmes beispielweise auch von Start-ups gelernt: „Wir haben Gemeinschaftsräume geschaffen, wo die Leute in ganz normalem Austausch sich über Ideen unterhalten, die das Unternehmen weiterbringen“ berichtet Darko Sucic. Dabei sei es auch kein Problem, wenn mit einer Spielkonsole eine halbe Stunde rumgespielt werde und man sich dann wieder der Arbeit widme. „Vielleicht ist das die gewisse Entspannung, die die jungen Leute brauchen“ und die sie zu der Kreativität führt, die Innovationen in Deutschland beschleunigt.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

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