Die Konjunktur in Deutschland bricht aufgrund der Corona-Krise immer mehr ein. Das Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) erklärte am Donnerstag (19.3.), dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 1,5 Prozent schrumpfen könnte. Das wäre ein Rückgang um fast drei Prozentpunkte im Vergleich zu einer Wirtschaftsrate ohne Corona-Krise. Eine genaue Vorhersage konnten die Forscher jedoch nicht machen: Es bestehe eine hohe Unsicherheit über die weitere Verbreitung des Virus und inwieweit die von den Regierungen ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie greifen, erklärten sie.
Im zweiten Quartal rechnet das Institut jedoch mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um 4,5 Prozent. „Bis in die erste Jahreshälfte 2021 dürfte es dann wieder zu einer allmählichen Rückkehr der Produktion von Waren und Dienstleistungen auf ein normales Niveau kommen“, erklärte das Institut in einer Pressemitteilung.
Weltweit wird das Bruttoinlandsprodukt nach Einschätzung der Experten nur noch um 0,1 Prozent statt wie vorher erwartet um 2,6 Prozent steigen. Der Welthandel geht nach Schätzungen um 1,7 Prozent zurück.
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, erklärte, man müsse verhindern, dass die Wirtschaft durch kollabierende Unternehmen, Jobverluste und Panik im Finanzsektor in einen Abwärtsstrudel gerät. Es brauche deshalb massive Stützungsmaßnahmen. Dabei komme es auf Zielgenauigkeit und schnelles Handeln an.
Die Europäische Union, die Bundesregierung und auch einzelne Bundesländer haben bereits Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft und betroffene Unternehmen eingerichtet. Ein Überblick.
Corona-Krise: Das sind die Maßnahmen der EZB
Die Europäische Zentralbank hat am Mittwoch (18.3.) ein Notkaufprogramm für Anleihen in Höhe von 750 Millionen Euro angekündigt. Dabei soll es um Wertpapiere der öffentlichen Hand, aber auch der Privatwirtschaft gehen. Dadurch soll es auf den Finanzmärkten nicht zu weiteren Verwerfungen kommen, die die Wirtschaft zusätzlich belasten würden, schreibt die Deutsche Presseagentur.
„Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliches Handeln“, twitterte EZB-Chefin Christine Lagarde zur Maßnahme der EZB.
Staatliche Hilfen: Das hat die Bundesregierung beschlossen
Vor der EZB hat die Bundesregierung sehr schnell Hilfsmaßnahmen beschlossen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) haben dazu ein „Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“ vorgestellt. Altmaier sagte, dass kein gesundes Unternehmen wegen der Auswirkungen des Coronavirus insolvent und kein Arbeitsplatz verloren gehen soll.
Das Schutzschild beinhaltet folgende Maßnahmen:
- Das Kurzarbeitergeld wird flexibler. Das heißt, es gibt erleichterte Zugangsvoraussetzungen. Kurzarbeitergeld kann nun bereits beantragt werden, wenn zehn Prozent der Beschäftigten vom Ausfall betroffen sind. Außerdem erstattet die Bundesagentur für Arbeit die Sozialversicherungsbeiträge komplett. Ob Kurzarbeitergeld genehmigt wird, prüft jeweils die zuständige Agentur für Arbeit.
- Um die Liquidität von Unternehmen zu verbessern, hat die Bundesregierung außerdem steuerliche Maßnahmen beschlossen. Unternehmen, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre fälligen Steuern in diesem Jahr nicht zahlen können, können einen Antrag auf Fristverlängerung stellen. Betriebe, aber auch Selbstständige und Freiberufler haben außerdem die Möglichkeit, ihre Steuervorauszahlungen anpassen zu lassen. Die Anträge dazu müssen bei den zuständigen Finanzämtern gestellt werden. Einen Antrag auf Steuererleichterungen zum Herunterladen stellt die IHK München auf ihrer Seite zur Verfügung.
- Unternehmen, die aufgrund der Pandemie nun in Finanznöte geraten, soll durch ein „Milliarden-Schutzschild“ geholfen werden. Dazu werden zunächst die bestehenden Programme für Liquiditätshilfen ausgeweitet und mehr Betriebe können darauf zurückgreifen. Dadurch sollen Unternehmen leichter an Kredite kommen. Welche Maßnahmen das genau sind, lesen Sie im nächsten Punkt.
- Zudem wollen Altmaier und Scholz auf europäischer Ebene für eine Stärkung des Europäischen Zusammenhalts eintreten. So gibt es in der Europäischen Kommission die Idee einer „Corona Response Initiative“ mit rund 25 Milliarden Euro Volumen.
Corona-Krise: Diese Kredite können Unternehmen jetzt beantragen
Unternehmen können nun leichter einen KfW-Unternehmerkredit (für Bestandsunternehmen) oder einen ERP-Gründerkredit-Universell (für junge Unternehmen unter fünf Jahren) beantragen. Dabei werden die Risikoübernahmen für Betriebsmittelkredite erhöht. Außerdem können nun auch Großunternehmen, die einen Umsatz von bis zu zwei Milliarden Euro haben, einen Kredit beantragen. Davor war die Grenze bei 500 Millionen Euro. „Durch höhere Risikoübernahmen in Höhe von bis zu 8 Prozent für Betriebsmittelkredite bis 200 Millionen Euro wird die Bereitschaft von Hausbanken für eine Kreditvergabe angeregt“, schreibt die Bundesregierung.
Der KfW-Kredit-für-Wachstum gilt nun auch für Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu fünf Milliarden Euro (bisher: zwei Milliarden Euro). Der Kredit ist außerdem nicht mehr nur auf die Bereiche Innovation und Digitalisierung beschränkt, sondern ist für alle Unternehmen zugänglich. Zudem wird die Risikoübernahme auf bis zu 70 Prozent erhöht.
Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro werden der Bundesregierung zufolge einzeln geprüft.
Welche Regelungen jetzt bei Bürgschaftsbanken gelten
Auch bei den Bürgschaftsbanken gibt es Änderungen: Hier wird der Bürgschaftshöchstbetrag auf 2,5 Millionen Euro angehoben. Bis zu einem Betrag von 250.000 Euro können Bürgschaftsbanken nun eigenständig und innerhalb von drei Tagen eine Entscheidung treffen.
Das Großbürgschaftsprogramm galt bisher nur für Unternehmen in strukturschwachen Regionen. Es gilt jetzt für alle Firmen. Zudem soll es weitere Sonderprogramme bei der KfW geben, kündigt die Bundesregierung an.
Die Bundesregierung rät allen Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern, die auf die Maßnahmen zurückgreifen wollen, sich an die jeweilige Hausbank oder an die Finanzierungspartner, die KfW-Kredite betreuen, zu wenden.
Auch die bayerische Regierung hat ein Soforthilfeprogramm
Bayerische Unternehmen und Freiberufler können außerdem von der Staatsregierung Hilfen beantragen. „Anträge können von gewerblichen Unternehmen und selbstständigen Angehörigen der Freien Berufe (bis zu 250 Erwerbstätige) gestellt werden, die eine Betriebs- bzw. Arbeitsstätte in Bayern haben“, teilt das bayerische Wirtschaftsministerium mit. Je nach Anzahl der Beschäftigten erhalten die Unternehmen zwischen 5.000 (bei bis zu fünf Erwerbstätigen) und 30.000 Euro (250 Mitarbeiter).
Um die Gelder zu erhalten, müssen Unternehmen einen Förderantrag ausfüllen und diesen an die zuständige Bewilligungsbehörde schicken. Die richtige Stelle kann auf der Seite des Wirtschaftsministeriums nachgeschaut werden.
Sofortprogramme von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg
Auch weitere Bundesländer haben Soforthilfe-Programme gestartet. So will zum Beispiel die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen das Corona-Soforthilfeprogramm des Bundes eins zu eins an die Betroffenen weitergeben. Zudem wurde der Kreis der Unternehmen auf solche mit bis zu 50 Mitarbeitern erweitert. In den ersten 44 Stunden haben mehr als 150.000 Kleinunternehmer, Freiberufler und Soloselbstständige einen Antrag gestellt, erklärte das Bundesland in einer Pressemitteilung.
Baden-Württemberg hat seit Ende März ein eigenes Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht. Die ersten Erfahrungen seien dann aus dem Landesprogramm in die Programmgestaltung des Bundes miteingeflossen, teilt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau mit. Das Landesprogramm wurde anschließend an die zu erwartenden Konditionen des Bundesprogramms angepasst.