Das Wochenendbier der "Produktion" - in diesem Webcast-Format sprechen die Chefredakteure Claus Wilk und Stefan Weinzierl meinungsstark und unabhängig über die Themen aus Maschinenbau und Industrie, die in der laufenden Woche in der Redaktion hochploppen, recherchiert werden und die Branche beschäftigen. In dieser Ausgabe: Bürokratie, das auch speziell für die Industrie leidige Thema! Was tun gegen den Regelungswahn?

Wie viele Gesetze und Normen belasten Unternehmen?

In dieser Folge ihres Webcasts „Das Wochenendbier“ diskutierten Claus Wilk und Stefan Weinzierl, die Chefredakteure der „Produktion“, ein Thema, das den beiden einen kalten Schauer über den Rücken jagt: Bürokratie. Passend zur nahenden Halloween-Zeit ging es um ein wahres Monster, das Deutschlands Wirtschaft heimsucht.

„Bürokratie“, eröffnet Claus das Gespräch mit einem gequälten Lächeln, „allein das Wort lässt schon vermuten, dass uns das heute nicht leicht von den Lippen gehen wird.“ Stefan nickt zustimmend und holt direkt die Zahlen hervor, die das Ausmaß des Bürokratie-Ungeheuers illustrieren: „Wir reden von 375 verschiedenen Regelungen auf Bundesebene, die Unternehmen erfüllen müssen – und das ist nur die Spitze des Eisbergs.“

Welche Kosten verursacht Bürokratie in der Industrie?

Wer denkt, das sei schon schlimm, den belehrt Stefan eines Besseren: „Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 1.700 Gesetze mit über 50.000 Einzelnormen. Und dazu kommen noch 2800 Rechtsverordnungen.“ Man möchte am liebsten die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Und teuer ist das Ganze auch noch: „Die Unternehmen und Behörden kämpfen mit Kosten in Höhe von 67 Milliarden Euro – und es wird nicht weniger, eher mehr!“

Claus nickt ernst. „Und was kostet der Spaß eigentlich, unseren Behördenapparat am Laufen zu halten? Ich sage nur: fast 10 Milliarden Euro. Und da sprechen wir noch nicht mal von den anderen versteckten Kosten!“

Was ist der Einfluss der EU-Bürokratie?

Wer jetzt glaubt, die Politik würde das Monster bezwingen wollen, wird enttäuscht. „Ja, wir haben ein Bürokratieentlastungsgesetz – aber das wurde natürlich von Bürokraten gemacht“, kommentiert Stefan trocken. „Und was bringt es? Ganze eine Milliarde Entlastung. Klingt gut, oder? Aber wenn man bedenkt, dass die Aufwände in den letzten zwei Jahren um 2 Milliarden gestiegen sind, ist das kaum der Rede wert.“

Das Monster Bürokratie beschränkt sich nicht nur auf nationale Vorschriften. Auch aus Brüssel droht die nächste Welle. „Die EU-Taxonomie, das Lieferkettengesetz, die CSR-Richtlinie – all das erschlägt die Unternehmen zusätzlich“, erklärt Stefan. Als ob das nicht schon reicht, kommen noch die absurden bürokratischen Details ins Spiel: „Ein mittelständisches Unternehmen muss sage und schreibe 800 Arbeitsstunden investieren, um das CO₂-Grenzausgleichsgesetz CBAM umzusetzen“, erzählt Claus. „Da fragt man sich schon, ob Unternehmen nicht lieber in Innovation und Kundengewinnung investieren sollten, anstatt die nächste bürokratische Hürde zu nehmen.“

Warum verzögern Unternehmen ihre Investitionen?

Die Folge ist klar: Die Unternehmen werden ausgebremst, und das massiv. „Über 40 Prozent der deutschen Unternehmen haben Investitionen zurückgestellt – nur wegen der Bürokratie!“, empört sich Stefan. „Es ist wirklich Wahnsinn.“

Welche Folgen hat Bürokratie auf Forschung und Entwicklung

Besonders hart trifft dies den Bereich Forschung und Entwicklung, auf den Deutschland immer besonders stolz war. „Aber selbst das wandert inzwischen in andere, bürokratisch entspanntere Regionen ab“, bedauert Claus.

Das Gespräch bleibt realistisch: „Einen Schlussstrich wird es wohl nicht geben“, sagt Claus, „aber man kann nur hoffen, dass ein gesunder Menschenverstand und etwas Pragmatismus bei den gesetzgebenden Organen einkehren.“

Die Bürokratie, so sind sich beide einig, bleibt ein Monster, das schwer zu bändigen ist. Doch vielleicht, so hoffen sie, wird sich irgendwann ein mutiger Held finden, der es zumindest etwas zähmen kann. Bis dahin aber heißt es: „Brust raus und durch – wir bleiben dran!“, schließen die beiden augenzwinkernd und erheben ihr Glas im „Wochenendbier“-Webcast auf weitere spannende Diskussionen.

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