Die britische Wirtschaft hat sich zwar den vierten Monat in Folge vom Einbruch in der Corona-Krise erholt. Im August verlor die Erholung aber überraschend stark an Schwung. Im Monatsvergleich sei die Wirtschaftsleistung (BIP) um 2,1 Prozent gestiegen, teilte das britische Statistikamt ONS am Freitag in London mit. Analysten hatten im Schnitt einen deutlich stärkeren Zuwachs um 4,6 Prozent erwartet.
In der Industrie zeigte sich im August ein ähnliches Bild: Hier verlangsamte sich das Wachstum der Produktion im Monatsvergleich auf nur noch 0,3 Prozent. Auch hier hatten Analysten im Schnitt mit einem stärkeren Zuwachs gerechnet - nämlich um 2,5 Prozent. Im Vormonat Juli war es mit der britischen Industrieproduktion noch deutlich aufwärts gegangen, um 5,2 Prozent im Monatsvergleich.
Insgesamt war die britische Wirtschaft im Vormonat noch um revidiert 6,4 Prozent (zuvor 6,6 Prozent) im Monatsvergleich gewachsen und im Juni um revidiert 9,1 Prozent (zuvor 8,7 Prozent). Die Erholung folgte nach einem drastischen Absturz der zweitgrößten europäischen Volkswirtschaft im April.
Was Marktbeobachter für Großbritanniens Wirtschaft prognostizieren
Verglichen mit dem Vorkrisenniveau von Februar lag die britische Wirtschaftsleistung im August noch 9,2 Prozent niedriger. Am stärksten Betroffen blieben laut den ONS-Angaben Teile des Dienstleistungssektors: In den Bereichen Schienentransport, sowie in der Kreativ- und Unterhaltungsbranche lagen die Niveaus demnach weiterhin 50 Prozent unter dem Vorkrisen-Wert.
Marktbeobachter sahen die Zahlen als Beweis dafür, dass der anfänglichen Erholung der Wirtschaftsaktivität die Luft ausgeht. Ruth Gregory vom Analysehaus Capital Economics geht daher für September von einer weiteren Verlangsamung aus.
Für das Schlussquartal erwartet die Expertin, aufgrund der erneut steigenden Corona-Infektionszahlen im Vereinigten Königreich, dann gar kein Wachstum mehr: Das Risiko weiterer Einschränkungen und eines drohenden harten Brexits gefährde die Erholung.
Industrieerholung schwächt sich auch in Frankreich weiter ab
Die französische Industrie hat bei der Erholung von der Corona-Krise weiter an Tempo verloren. Im August stieg die Industrieproduktion zum Vormonat um 1,3 Prozent, wie das Statistikamt Insee am Donnerstag in Paris mitteilte. Analysten hatten einen etwas stärkeren Zuwachs um 1,7 Prozent erwartet.
Im Juli hatte der Anstieg 3,8 Prozent im Monatsvergleich betragen und im Juni war die Produktion noch 12,7 Prozent gewachsen. In den Monaten März und April war die Produktion wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie drastisch eingebrochen.
Wie stark die Auswirkungen des Einbruchs im Frühjahr sind, zeigt unter anderem der Jahresvergleich: Im August lag die Produktion 6,2 Prozent niedriger als im August 2019. Verglichen mit Februar, als noch keine Corona-Einschränkungen in Kraft getreten waren, lag die Gesamtproduktion 6,3 Prozent tiefer. Der schwere Rückschlag ist also noch nicht wieder aufgeholt.