Maschinenbau im Spannungsfeld der Internationalisierung: Innovation, Marktdiversifizierung und Fachkräfte als Grundpfeiler der Zukunft

Der Maschinenbau steckt im Spannungsfeld der Internationalisierung: Innovation, Marktdiversifizierung und Fachkräfte gelten als Grundpfeiler der Zukunft. (Bild: NVB Stocker - stock.adobe.com)

Der Maschinenbau ist eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft und steht bekanntermaßen vor der Herausforderung, sich in einer dynamischen Welt neu zu definieren. Digitale Technologien, nachhaltige Prozesse und innovative Geschäftsmodelle bieten enorme Chancen – erfordern aber auch entschlossenen Handlungswillen. Kundenorientierung, regionale Strategien und die Entwicklung von Fachkräften werden zur Grundlage, um die Zukunft des Maschinenbaus erfolgreich zu gestalten. Die Kernaspekte sind in der Branche dabei weitestgehend korrekt identifiziert, jedoch ist die aktive Ausgestaltung oft noch unzureichend.

Die viel zitierte Digitalisierung eröffnet dem Maschinenbau konkret neue Möglichkeiten, um Kundenbedürfnisse präziser zu adressieren und gleichzeitig die eigene Effizienz zu steigern. Technologien wie Predictive Maintenance und Machine-as-a-Service (MaaS) sind hierbei von zentraler Bedeutung. Predictive Maintenance ermöglicht es, den Zustand von Maschinen in Echtzeit zu überwachen und Wartungsbedarfe vorherzusagen, bevor Ausfälle auftreten. Dies reduziert ungeplante Stillstände und senkt Wartungskosten erheblich.

Laut einer aktuellen Studie von McKinsey können Unternehmen durch den Einsatz von Predictive Maintenance ihre Wartungskosten um bis zu 30 Prozent senken und gleichzeitig die Verfügbarkeit der Maschinen um bis zu 25 Prozent erhöhen.

Podcast: Gründerin Lena Weirauch über ihr KI-Start-up und Predictive Maintenance

Machine-as-a-Service revolutioniert traditionelle Geschäftsmodelle

Ein praktisches Beispiel liefert Siemens mit seiner KI-gestützten Predictive-Maintenance-Lösung, die es ermöglicht, Wartungsprozesse interaktiver und intuitiver zu gestalten. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Internet der Dinge (IoT) können Maschinen kontinuierlich überwacht und potenzielle Probleme frühzeitig erkannt werden. Dies führt nicht nur zu Kosteneinsparungen, sondern erhöht auch die Maschinenverfügbarkeit und verlängert deren Lebensdauer.

Machine-as-a-Service (MaaS) revolutioniert traditionelle Geschäftsmodelle, indem es Kunden ermöglicht, Maschinen nicht mehr zu kaufen, sondern deren Nutzung bedarfsorientiert zu bezahlen. Dieses Modell bietet Flexibilität und reduziert die Kapitalbindung für Kunden, während Hersteller von kontinuierlichen Einnahmeströmen profitieren. Ein Beispiel hierfür ist das Unternehmen Trumpf, das mit seinem Pay-per-Part-Modell Kunden die Möglichkeit bietet, nur für tatsächlich produzierte Teile zu zahlen, wodurch Investitionshürden gesenkt werden.

Die Integration von digitalen Zwillingen in Produktionsprozesse ermöglicht es, virtuelle Abbilder von Maschinen zu erstellen, um deren Betrieb zu simulieren und zu optimieren. Dies führt zu einer verbesserten Produktionsplanung und -steuerung. Unternehmen wie Trumpf setzen digitale Zwillinge ein, um ihre Fertigungsprozesse effizienter zu gestalten und den Energieverbrauch zu senken.

Digitale Zwillinge sind nicht nur ein Werkzeug zur Optimierung, sondern auch ein Schlüssel für die Integration nachhaltiger Praktiken in den Produktionsprozess, da sie den Ressourcenverbrauch erheblich reduzieren können.

Über die Autorin

Jessica Breuer ist Direktorin der Solution Group Maschinen- und Anlagenbau bei Atreus.
Jessica Breuer ist Direktorin der Solution Group Maschinen- und Anlagenbau bei Atreus. (Bild: Atreus)

Jessica Breuer ist Direktorin der Solution Group Maschinen- und Anlagenbau bei Atreus. Sie verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in Fach- und Führungspositionen in der Automobilindustrie, in Industrie & Handel sowie in produzierenden Unternehmen und war zudem jahrelang selbstständig im Marketing- und Veranstaltungsbereich.

Die fachlichen Schwerpunkte sind die interimistische Besetzung von Fach- und Führungspositionen sowie Projektaufgaben im Bereich C-Level  und Linienfunktionen in Controlling & Finance, Vertrieb, Geschäftsentwicklung, Supply  Chain, Produktion und HR. Ihr Fokus liegt auf Projekten und Programmen in den Bereichen Reorganisation, Prozessoptimierung, ganzheitlicher Denkansatz und organisatorische Neuausrichtung sowie Change und Performance Management.

Warum regionale Netzwerke wichtig sind

Die Globalisierung hat den Maschinenbau vor neue Herausforderungen gestellt, insbesondere in Bezug auf Lieferkettenstabilität und Nachhaltigkeit. Die Diversifizierung von Produktionsstandorten und der Aufbau regionaler Netzwerke sind entscheidend, um die Resilienz gegenüber globalen Störungen zu erhöhen.

Regionen wie Südostasien und Afrika bieten nicht nur Absatzpotenziale, sondern auch Möglichkeiten zur Zusammenarbeit in der Fertigung. Siemens hat beispielsweise erfolgreich Produktionsstätten in Asien aufgebaut, um regionale Märkte besser zu bedienen und gleichzeitig Transportkosten sowie Emissionen zu reduzieren.

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der EU unterstreicht die Bedeutung nachhaltiger Produktionsprozesse. Unternehmen müssen ihre CO₂-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduzieren, um zusätzlichen Kosten und regulatorischen Hürden zu entgehen. Schaeffler setzt verstärkt auf klimaneutrale Fertigungsstrategien, um sich in diesem neuen Wettbewerbsumfeld zu behaupten.

Diese Investitionen sichern nicht nur die Compliance mit neuen Regularien, sondern stärken auch das Vertrauen der Kunden. Gleichzeitig eröffnen regionale Netzwerke die Möglichkeit, enger mit lokalen Partnern zusammenzuarbeiten, um kulturelle und marktspezifische Expertise zu nutzen.

Fachkräfte entwickeln und sichern

Der Fachkräftemangel im Maschinenbau ist eine der größten Herausforderungen der Branche. Um diesem entgegenzuwirken, sind Investitionen in Ausbildung und Weiterbildung unerlässlich. Die Bundesregierung hat im Oktober 2022 eine neue Fachkräftestrategie vorgestellt, die unter anderem die Modernisierung der dualen Berufsausbildung und die Förderung von Weiterbildungsangeboten umfasst.

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fehlen im Maschinenbau derzeit über 30.000 Fachkräfte, eine Zahl, die sich ohne gezielte Maßnahmen weiter erhöhen könnte.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Kommen Sie zum Maschinenbau-Gipfel!

Der 14. Deutsche Maschinenbau-Gipfel war ein herausragender Erfolg! Über 900 Teilnehmer versammelten sich in Berlin für den größten Gipfel aller Zeiten. Prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik bereicherten die Veranstaltung.

 

2025 geht es weiter! Die Branche trifft sich am 16. und 17. September 2025 in Berlin.

 

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Unternehmen wie DMG Mori setzen auf duale Studiengänge und maßgeschneiderte Schulungsprogramme, um den Nachwuchs zu fördern und bestehende Mitarbeiter weiterzubilden. Diese Ansätze verbinden theoretisches Wissen mit praktischer Erfahrung und bereiten die Fachkräfte optimal auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vor. Gleichzeitig eröffnen neue Technologien wie E-Learning-Plattformen zusätzliche Möglichkeiten, Schulungsinhalte flexibel und individuell anzubieten.

Die internationale Fachkräftemigration bietet eine weitere Möglichkeit, dem Fachkräftemangel zu begegnen. ZF Friedrichshafen kooperiert beispielsweise mit Universitäten in Indien und Brasilien, um Talente frühzeitig zu gewinnen und in die Unternehmensstruktur zu integrieren.

Diese Strategie kombiniert globale Rekrutierung mit lokaler Bindung, um langfristige Vorteile zu schaffen. Die Einführung von Visa-Erleichterungen für qualifizierte Arbeitskräfte in Deutschland könnte diesen Prozess zusätzlich beschleunigen und den Zugang zu internationalen Talenten erleichtern.

Interim Management bietet eine weitere flexible Lösung, um kurzfristig Expertise in kritischen Projekten bereitzustellen. Temporäre Einsätze erfahrener Manager ermöglichen es, spezifisches Know-how einzubringen, ohne die langfristigen Strukturen zu belasten.

Dabei ist die Kombination aus interimistischer Expertise und langfristiger Wissensvermittlung entscheidend für den Erfolg solcher Projekte ist.

Wandel als Hebel für die wirtschaftliche Zukunftsgestaltung

Der deutsche Maschinenbau steht vor der Aufgabe, sich in einem sich wandelnden Umfeld neu zu positionieren. Durch die konsequente Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse, die Integration digitaler Technologien und die Sicherung qualifizierter Fachkräfte kann die Branche ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen. Es erfordert jedoch Mut und Entschlossenheit, diese Veränderungen aktiv zu gestalten und den Willen anfängliche Unebenheiten sowie Fehler in der Ausgestaltung als Lerneffekte auf dem Weg zum Ziel zu akzeptieren.

Unternehmen, die diesen Weg beschreiten, werden nicht nur ihre eigene Zukunft sichern, sondern auch neue Maßstäbe für die gesamte Branche setzen. Gleichzeitig zeigt sich, dass nachhaltige Praktiken und regionale Netzwerke nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bieten.

Die Kernaspekte der Herausforderungen und Chancen im Maschinenbau sind weithin bekannt – Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftesicherung stehen im Fokus. Doch die Realität zeigt, dass die praktische Umsetzung oft hinter den Ansprüchen zurückbleibt. Viele Unternehmen verharren in Pilotprojekten, statt die notwendige Skalierung und Integration neuer Technologien in den Alltag zu wagen.

Einzelne Unternehmen haben bereits die richtigen Weichen gestellt, doch die Branche muss insgesamt mehr Mut beweisen: Von der flächendeckenden Einführung von Predictive-Maintenance-Strategien über die stärkere Nutzung regionaler Netzwerke bis hin zu entschlossenen Investitionen in die Ausbildung und Bindung von Talenten. Das Fenster für zögerliches Handeln schließt sich rasch. Es ist Zeit, die Herausforderungen aktiv zu gestalten und nicht nur im Status der konstanten Analyse zu verharren.

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