VDMA-Präsident Bertram Kawlath (m.) im Gespräch mit den beiden Chefredakteuren der "Produktion", Claus Wilk (re.) und Stefan Weinzierl.

VDMA-Präsident Bertram Kawlath (m.) im Gespräch mit den beiden Chefredakteuren der "Produktion", Claus Wilk (re.) und Stefan Weinzierl. (Bild: Produktion (Screenshot))

Vita Bertram Kawlath

Bertram Kawlath
(Bild: VDMA)

- Bertram Kawlath, Jahrgang 1970, studierte Geschichte in London sowie Erlangen und absolvierte ein MBA-Studium in der Schweiz.

- Im Anschluss folgten berufliche Stationen in der Industrie, als Geschäftsführer und Aufsichtsrat der Eisenwerk Erla GmbH (2004 - 2010) sowie als geschäftsführender Gesellschafter der Schubert & Salzer Feinguss Lobenstein GmbH /(2010 - 2023).

- Seit 2004 ist Bertram Kawlath geschäftsführender Gesellschafter der Schubert & Salzer Firmengruppe mit Hauptsitz in Ingolstadt. Kerngeschäftsfelder des Unternehmens sind die Entwicklung und der Vertrieb innovativer Lösungen der Mess- und Regeltechnik für strömende und gasförmige Medien sowie die Entwicklung von individuellen ERP-Systemen für mittelständische Fertigungsbetriebe.

Engagement

  • Bertram Kawlath engagiert sich seit vielen Jahren um VDMA. Seit 2011 ist er im Landesverband Bayern Mitglied des Vorstands, seit 2021 ist er dessen Vorsitzender.
  • 2016 wurde Kawlath Mitglied im Hauptvorstand des VDMA, zudem ist er Kuratoriumsmitglied der VDMA-Impuls-Stiftung.
  • Seit 2020 war Bertram Kawlath VDMA Vizepräsident.
  • Er ist als Vertreter des industriellen Mittelstands im Mittelstandsbeirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie im Vorstand des Mittelstandsausschusses des BDI tätig.
  • Zwei Jahre lang vertrat er Belange des deutschen Mittelstands als Vice-Chair of the Entrepreneurship and SME Committee of Business Europe in Brüssel.
  • Kawlath war von 2006 bis 2019 Mitglied des Gesamtpräsidiums der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
  • 2024 wurde er zum Präsidenten des VDMA gewählt.

Im exklusiven Gespräch mit den beiden „Produktion“-Chefredakteuren Claus Wilk und Stefan Weinzierl erläutert der frisch gewählte Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Bertram Kawlath, die Herausforderungen und Prioritäten des deutschen Maschinenbaus. Für ihn unter anderem im Fokus: Die Notwendigkeit, Fachkräfte zu sichern, bürokratische Hindernisse abzubauen und den internationalen Handel zu fördern. Zudem spricht er im Schulungszentrum seines Unternehmens Schubert & Salzer in Ingolstadt über die Bedeutung von Forschung, Automatisierung und Kreislaufwirtschaft für die Branche. Der bisherige Vize-Präsident des Verbands übernimmt sein Amt in durchaus herausfordernden Zeiten für seine Branche: sinkende Umsätze, ausbleibende Aufträge, internationale Konflikte oder gestörte Lieferketten sind nur ein paar der Hindernisse, denen er sich gegenübersieht.

Stefan Weinzierl: „Herr Kawlath, gleich in medias res: Die Herausforderungen beim Präsidentenamt im VDMA sind keine kleinen. Warum stellen Sie sich diesen?“

Bertram Kawlath: „Zum einen habe ich schon immer Spaß an politischer Arbeit gehabt, zum anderen sind die Herausforderungen, die uns als Maschinenbauer in den kommenden vier Jahren begleiten, groß und bedürfen dringend des Angehens durch die Politik. Daran mitarbeiten zu können, darauf freue ich mich.“

Claus Wilk: „Das Amt kann durchaus sehr zeitintensiv werden. Wie regeln Sie das zwischen Unternehmen und Amt?“

Kawlath: „Am Ende geht es nicht ohne das Unternehmen. Das ist immer die erste Linie. Aber beim Unternehmen arbeiten kluge und gute Menschen mit, sodass ich Zeit habe, die Arbeit für den Verband ebenfalls einzubringen.“

Weinzierl: „Welche Prioritäten haben Sie für die kommenden Jahre gesetzt?“

Kawlath: „Die Prioritäten müssen klar an den Herausforderungen liegen, die wir im Maschinenbau haben. Das beginnt mit einem regelbasierten Außenhandel. Wir sind eine exportstarke Branche, das Durchschnittsmitglied ist knapp 200 Mitarbeiter groß. Wir brauchen Freihandelsabkommen, wir brauchen fairen, regelbasierten Welthandel. Europa befindet sich zwischen den Blöcken China und USA. Dann gibt es den deutschen Standort, den wir betrachten müssen. Die Demografie, also der Mangel an Fachkräften, und die Frage, wie wir die Fachkräfte bekommen, die wir für Wachstum benötigen, beschäftigen uns. Aber ebenso die dringende Frage, wie wir den Standort entbürokratisieren und Genehmigungszeiten abbauen. Das Steuersystem ist ein weiterer Punkt. Hier liegt der Satz bei rund 30 Prozent, deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 23 Prozent, und der Aufwand, den wir für die Erhebung betreiben müssen, ist erheblich. Im internationalen Vergleich liegen wir auf Platz 62. Es gibt also viel zu tun.“

Das Interview mit VDMA-Präsident Bertram Kawlath im Video:

Hier sehen Sie den ersten Teil des Interviews von Claus Wilk und Stefan Weinzierl mit VDMA-Präsident Bertram Kawlath.

Wilk: „Die aktuelle geopolitische Lage ist wenig zufriedenstellend. Was glauben Sie, wie die Auswirkungen für den deutschen Maschinenbau in den nächsten vier Jahren sein werden?“

Kawlath: „Immer wenn internationale Handelsströme gestört sind, leiden wir als Maschinenbauer. Unser Geschäft ist international, wir importieren und exportieren. Unser Geschäftsmodell ist stark exportorientiert. Das bedeutet, dass Sanktionen, Kriege in Europa und nicht faire Handelspraktiken wie Subventionswettbewerbe, Gefahren darstellen, die wir angehen müssen. Am besten tun wir das, indem wir die Themen regeln, die wir hier zu Hause klären können – wie eine wettbewerbsfähige EU und eine Bundesregierung, die hervorragende Standortfaktoren schafft. Dann können wir in diesen globalen Themen bestehen.“

Weinzierl: „Sie hatten bereits den Fachkräftemangel angesprochen. Wie wollen Sie als VDMA-Präsident den Fachkräftemangel in der Branche angehen?“

Kawlath: „Man muss das Problem von verschiedenen Seiten angehen. Es liegt nicht allein am VDMA, die Migrationspolitik der Bundesregierung zu bestimmen. Zunächst müssen wir feststellen, dass wir die Fachkräfte brauchen. Es gibt einfache Gesetze, die wir ändern können. Zum Beispiel würde es uns helfen, wenn wir Fachkräfte, die wir durch Zeitarbeitsfirmen im Ausland gewinnen, auch hier in Deutschland weiter beschäftigen dürfen und diese ein Aufenthaltsrecht bekommen. Solche einfachen Änderungen würden uns sehr helfen. Zudem müssen wir mehr junge Menschen in technische Berufe holen und insbesondere das Potenzial nutzen, mehr Frauen in technische Berufe zu bringen.“

Wilk: „Schauen wir uns die technologischen Entwicklungen an. Welche Trends insbesondere im Bereich der Automatisierung und Digitalisierung sehen Sie als besonders wichtig für den Maschinenbau an?“

Kawlath: „Die großen Themen sind das Internet of Things, Künstliche Intelligenz und die Tokenisierung von Geschäftsprozessen. Maschinen und Anlagen können miteinander kommunizieren und Transaktionen abwickeln. Auf digitaler Ebene wird dies die Automatisierung weiter vorantreiben. Wichtig ist, dass wir das in einem innovationsfreundlichen Umfeld tun, in dem nicht schon Regelungen geschaffen werden, bevor die Technologie überhaupt entwickelt ist. Wir brauchen die Freiheit, mit KI zu experimentieren und neue Dinge zu entwickeln, um dann am Markt erfolgreich zu sein.“

Weinzierl: „Sie haben gerade die Freiheit in Sachen Technologie und Innovation angesprochen. Wie kann der deutsche Maschinenbau dazu beitragen, diese Freiheit zu bewahren?“

Kawlath: „Der Maschinenbau und unsere Mitgliedsunternehmen sind schon gut darin. Hier appelliere ich an die Politik, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein Beispiel: Wenn ich für die Installation eines Blockheizkraftwerks 30 Genehmigungsunterlagen an 30 verschiedene Behörden einreichen muss, fördert das keine Innovation. Wir sind in der Forschung nicht schlecht aufgestellt, aber die Bürokratie bremst uns. Solche Hindernisse müssen wir abbauen, um Innovation zu fördern.“

Wilk: „Ein weiteres wichtiges Thema ist die Kreislaufwirtschaft. Bringen ressourcenschonende Produktionsmethoden den Maschinenbau in die Zukunft?"

Kawlath: „Der Maschinenbau ist ein Enabler der klimafreundlichen Transformation. Wir haben die Technologien, die für die CO₂-Einsparung notwendig sind. Die Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Bestandteil. Entscheidend ist, dass wir technologieoffen arbeiten und der Markt für recycelte Rohstoffe entwickelt wird. Märkte als Leitinstrument sind hier der Schlüssel.“

Weinzierl: „Welche Märkte werden in Zukunft noch wichtiger für den deutschen Maschinenbau?“

Kawlath: „Die großen Märkte wie die USA und China bleiben entscheidend. Wir hoffen, dass Mercosur endlich funktioniert, und sehen Indien als einen wichtigen Markt mit großem Potenzial."

Wilk: „Wie schätzen Sie die protektionistischen Entwicklungen weltweit ein?“

Kawlath: „Protektionismus ist eine Gefahr. Sanktionen und Handelsstörungen beeinträchtigen uns stark. Wir brauchen eine starke EU, die fairen Handel durchsetzt, und müssen uns mit einem starken Rücken gegen diese Entwicklungen stemmen.“

(Bild: Screenshot - Produktion)

Lesen Sie hier den zweiten Teil des Chefredakteursinterviews mit dem neuen VDMA-Präsidenten Bertram Kawlath:

„Müssen uns sofort bewegen“ - VDMA-Präsident fordert Reformen

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