Licht und Schatten

VDMA, BDI und Co.: Verbände zu den Plänen von Union und SPD

Welche Reformen plant die künftige Regierung? Während einige Branchen von den Vorhaben profitieren, sorgen andere Punkte für scharfe Kritik – besonders bei Sozialversicherungen und dem Mindestlohn.

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Was plant die nächste Bundesregierung? Die Sondierungsergebnisse von Union und SPD schmecken nicht allen Verbandsvertretern - sie haben mehrere Kritikpunkte.
Was plant die nächste Bundesregierung? Die Sondierungsergebnisse von Union und SPD schmecken nicht allen Verbandsvertretern - sie haben mehrere Kritikpunkte.

Die ersten Weichen für eine schwarz-rote Bundesregierung sind gestellt, doch die Reaktionen aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden fallen gemischt aus. Während Investitionen in Infrastruktur und Entlastungen bei Energiekosten gelobt werden, sorgen Mindestlohnerhöhungen, fehlende Steuerreformen und unzureichende Sozialversicherungsmaßnahmen für Unmut.

Welche Wirtschaftsverbände fordern Nachbesserungen?

Die Wirtschaft zeigt sich skeptisch. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht im Sondierungspapier „keine ambitionierten Maßnahmen“ zur Stabilisierung der Sozialversicherungen. Eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge sei dringend nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Auch Peter Leibinger vom Bundesverband der Deutschen Industrie vermisst ein Gesamtkonzept und fordert „mehr Freiräume für Unternehmer und mehr Effizienz im öffentlichen Dienst“. Der VDMA hatte sich mehr erhofft, wie Verbandspräsident Bertram Kawlath sagt: „Der Maschinen- und Anlagenbau erwartet allerdings ein beherzteres Standort-Upgrade Deutschlands und Europas - vor allem nach den Ankündigungen von CDU/CSU im Wahlkampf.“

Das sagen die Verbände zu den Ergebnissen der Sondierungsgespräche von Union und SPD

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger: „Wir erwarten nachhaltige Sozialversicherungsreformen, die im Sondierungspapier bislang eine Leerstelle sind“, erklärt er. „Es sind keine ambitionierten Maßnahmen erkennbar, die zur Stabilisierung oder gar zur Senkung der Sozialversicherungsbeiträge beitragen.“ Es müssten Fehlanreize abgebaut werden, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Mit Blick auf den angepeilten Mindestlohn von 15 Euro in 2026 betont Dulger: „Wir verbitten uns jede Einmischung bei der Festsetzung des Mindestlohns in der zuständigen Kommission.“
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger: „Wir erwarten nachhaltige Sozialversicherungsreformen, die im Sondierungspapier bislang eine Leerstelle sind“, erklärt er. „Es sind keine ambitionierten Maßnahmen erkennbar, die zur Stabilisierung oder gar zur Senkung der Sozialversicherungsbeiträge beitragen.“ Es müssten Fehlanreize abgebaut werden, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Mit Blick auf den angepeilten Mindestlohn von 15 Euro in 2026 betont Dulger: „Wir verbitten uns jede Einmischung bei der Festsetzung des Mindestlohns in der zuständigen Kommission.“
BDI, Präsident Peter Leibinger: Er meint, das Sondierungsergebnis schaffe Spielräume, aber es fehle noch ein Gesamtkonzept.
BDI, Präsident Peter Leibinger: Er meint, das Sondierungsergebnis schaffe Spielräume, aber es fehle noch ein Gesamtkonzept. "Zwingend erforderlich für die Wirtschaft sind auch eine klare Unterstützung für Gründerinnen und Gründer sowie innovative Geschäftsmodelle, mehr Freiräume für Unternehmer, mehr Leistungsorientierung im Sozialstaat und mehr Effizienz und Zielgenauigkeit im öffentlichen Dienst", so Leibinger.
VDMA, Präsident Bertram Kawlath: Er lobt die schnelle Entscheidungsfindung der möglichen Koalitionäre. „Das ist gut so, denn Deutschland braucht schnell eine stabile und handlungsfähige Regierung“, sagt er. Allerdings sei man mit den Entscheidungen per se nicht völlig zufrieden: „Wir sehen in weiten Teilen ein 'Weiter so und mehr davon', indem mit viel Geld, das es zunächst noch durch erhebliche Verschuldung aufzutreiben gilt, teure Sparteninteressen befriedigt werden. Der eigentlich notwendige Wandel wird wieder einmal vermieden. Es fehlt die klare Ansage an die Bevölkerung, dass jetzt eine Abkehr von der Vollversicherungs-Mentalität im Sozialen und wieder deutlich mehr Einsatzbereitschaft und Leistung notwendig sind.“
VDMA, Präsident Bertram Kawlath: Er lobt die schnelle Entscheidungsfindung der möglichen Koalitionäre. „Das ist gut so, denn Deutschland braucht schnell eine stabile und handlungsfähige Regierung“, sagt er. Allerdings sei man mit den Entscheidungen per se nicht völlig zufrieden: „Wir sehen in weiten Teilen ein 'Weiter so und mehr davon', indem mit viel Geld, das es zunächst noch durch erhebliche Verschuldung aufzutreiben gilt, teure Sparteninteressen befriedigt werden. Der eigentlich notwendige Wandel wird wieder einmal vermieden. Es fehlt die klare Ansage an die Bevölkerung, dass jetzt eine Abkehr von der Vollversicherungs-Mentalität im Sozialen und wieder deutlich mehr Einsatzbereitschaft und Leistung notwendig sind.“
DIHK-Präsident Peter Adrian: „Positiv sind die geplanten Entlastungen bei Energiekosten, doch bei steuerlichen Entlastungen und Anreizen für Unternehmen bleibt das Papier blass.“ So dürfe der Bürokratieabbau keine Symbolpolitik bleiben. Und: „Jenseits richtiger Korrekturen beim bisherigen Bürgergeld fehlen jegliche Abgaben bremsende Reformen in den sozialen Sicherungssystemen - hier drohen demografiebedingt große Kostensteigerungen.“
DIHK-Präsident Peter Adrian: „Positiv sind die geplanten Entlastungen bei Energiekosten, doch bei steuerlichen Entlastungen und Anreizen für Unternehmen bleibt das Papier blass.“ So dürfe der Bürokratieabbau keine Symbolpolitik bleiben. Und: „Jenseits richtiger Korrekturen beim bisherigen Bürgergeld fehlen jegliche Abgaben bremsende Reformen in den sozialen Sicherungssystemen - hier drohen demografiebedingt große Kostensteigerungen.“
Verdi, Vorsitzender Frank Werneke: „Positiv zu bewerten sind insbesondere die Vereinbarungen zur Festschreibung des Rentenniveaus, für ein Bundestariftreuegesetz und das Aufzeigen einer Perspektive für einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro.“ Vage bleiben aber seiner Ansicht nach die Aussagen zum öffentlichen Nahverkehr und zum Deutschlandticket, hier brauche es im geplanten Koalitionsvertrag verlässliche Finanzierungszusagen. „Gleiches gilt für den Bereich Gesundheit und Pflege.“
Verdi, Vorsitzender Frank Werneke: „Positiv zu bewerten sind insbesondere die Vereinbarungen zur Festschreibung des Rentenniveaus, für ein Bundestariftreuegesetz und das Aufzeigen einer Perspektive für einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro.“ Vage bleiben aber seiner Ansicht nach die Aussagen zum öffentlichen Nahverkehr und zum Deutschlandticket, hier brauche es im geplanten Koalitionsvertrag verlässliche Finanzierungszusagen. „Gleiches gilt für den Bereich Gesundheit und Pflege.“
Zentralverband des Deutschen Handwerks, Präsident Jörg Dittrich: „Bei den Inhalten ist guter Wille erkennbar, doch das Ziel, zu einer deutlich besseren Wettbewerbsfähigkeit zu kommen, ist noch längst nicht erreicht.“ Es fehle bislang eine Neuausrichtung der sozialen Sicherungssysteme und damit eine Entlastung von Betrieben und Beschäftigten.
Zentralverband des Deutschen Handwerks, Präsident Jörg Dittrich: „Bei den Inhalten ist guter Wille erkennbar, doch das Ziel, zu einer deutlich besseren Wettbewerbsfähigkeit zu kommen, ist noch längst nicht erreicht.“ Es fehle bislang eine Neuausrichtung der sozialen Sicherungssysteme und damit eine Entlastung von Betrieben und Beschäftigten.

Besonders VDMA-Präsident Bertram Kawlath fordert ein mutiges Standort-Upgrade für Deutschland und Europa – doch von den im Wahlkampf versprochenen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen sei wenig zu sehen.

Welche wirtschaftspolitischen Reformen fehlen?

Ein stabiler Industriestandort braucht verlässliche Rahmenbedingungen – doch genau hier sieht der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) erhebliche Lücken. Besonders schmerzlich sei das Fehlen einer zukunftsfähigen Steuerpolitik, kritisiert Kawlath.

Kernforderungen des Maschinenbaus:

  • Niedrigere Unternehmenssteuern zur Stärkung der Investitionsbereitschaft
  • Verbesserte Abschreibungsregeln für moderne Produktionstechnologien
  • Ausweitung der Verlustverrechnung zur Absicherung wirtschaftlicher Schwankungen

Die Sondierungsergebnisse seien in diesem Bereich zu unkonkret. Kawlath fordert klare steuerliche Entlastungen statt vager Ankündigungen.

Warum ist das Strommarktdesign eine große Baustelle?

Die geplante Senkung der Stromsteuer wird von der Industrie als positiver Schritt gewertet, doch ein zukunftsfähiges Strommarktdesign fehlt im Sondierungspapier völlig. Ohne langfristige Reformen bleibt die Unsicherheit für Unternehmen groß.

Problemfelder:

  • Fehlende Maßnahmen zur Sicherstellung einer verlässlichen und bezahlbaren Stromversorgung
  • Keine Strategie zur Integration erneuerbarer Energien in ein stabiles Netz
  • Weiterhin hohe Strompreise für energieintensive Industrien

Ein modernes Strommarktdesign sei entscheidend, um den Standort wettbewerbsfähig zu halten. Kawlath fordert eine europaweite Lösung, die die Industrieproduktion nicht weiter belastet.

Wie steht es um die Sozialversicherungen?

Ein weiterer großer Kritikpunkt ist der Umgang mit den Sozialversicherungen. Der VDMA warnt vor einer Fortsetzung der bisherigen Politik, die künftige Generationen finanziell stark belasten könnte.

Besonders umstritten:
- Festsetzung des Rentenniveaus ohne Gegenfinanzierung
- Aufstockung der Mütterrente trotz steigender Defizite
- Beibehaltung der „Rente mit 63“, die Fachkräftemangel verschärft

Statt notwendiger Strukturreformen werde an alten Versprechen festgehalten – mit dem Risiko steigender Sozialabgaben für Unternehmen und Beschäftigte.

Welche Folgen hat das Bundestariftreuegesetz für den Mittelstand?

Auch die geplante Einführung eines Bundestariftreuegesetzes stößt in der Industrie auf Widerstand. Kleine und mittlere Unternehmen hätten bereits jetzt Schwierigkeiten bei öffentlichen Vergaben. Eine zusätzliche Tariftreuepflicht könnte sie weiter benachteiligen.

Gefahren für den Mittelstand:

  • Mehr Bürokratie und höhere Hürden bei Ausschreibungen
  • Benachteiligung nicht tarifgebundener, aber fair zahlender Betriebe
  • Verzerrung des Wettbewerbs zu Ungunsten innovativer Mittelständler

Kawlath fordert stattdessen eine Vereinfachung von Vergabeverfahren, um den Mittelstand zu stärken.

Wie bewertet der Maschinenbau die Europapolitik?

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den fehlenden Fokus auf eine europäische Industriepolitik. CDU/CSU hatten im Wahlkampf betont, Deutschland stärker auf EU-Ebene zu positionieren – doch in den Sondierungsergebnissen sei davon wenig zu erkennen.

Laut Kawlath seien viele Herausforderungen nur im europäischen Verbund lösbar. Ein starkes Europa bedeute auch einen starken Maschinenbau.

Industrie fordert Kurskorrektur in den Koalitionsverhandlungen

Die aktuelle Sondierungsvereinbarung sei geprägt von einem „Weiter so“ und setze zu stark auf Subventionen anstelle struktureller Standortverbesserungen. Der Maschinenbau fordert in den Koalitionsverhandlungen dringend Nachbesserungen – besonders bei Steuerreformen, Energiepolitik und Sozialversicherungen.

Mit Material von VDMA und dpa