Wenn U.S.-Präsident Donald Trump zur Unterschrift schreitet, schrillen vielerorts die Alarmglocken – doch seine Strafzölle bescheren der deutschen Industrie gerade einen unerwarteten Aufschwung.

Wenn U.S.-Präsident Donald Trump zur Unterschrift schreitet, schrillen vielerorts die Alarmglocken – doch seine Strafzölle bescheren der deutschen Industrie gerade einen unerwarteten Aufschwung. (Bild: U.S.-Regierung)

Was steckt hinter dem plötzlichen Wirtschaftsaufschwung?

Ein Wirtschaftswunder aus der Zollhölle? Tatsächlich hat sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands im ersten Quartal 2025 um 0,4 Prozent gesteigert – doppelt so stark wie zunächst vermutet. Das Statistische Bundesamt nennt dafür zwei Hauptgründe: einen sprunghaften Anstieg bei den Exporten und eine erhöhte Industrieproduktion. Beide Entwicklungen sind stark von einem externen Treiber beeinflusst: der aggressiven Handelspolitik des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.

Die Unternehmen reagierten frühzeitig auf angekündigte Strafzölle und schoben Lieferungen vor. Vor allem Autos und Arzneimittel, beide traditionell starke deutsche Exportgüter, wurden verstärkt über den Atlantik verschifft – ein klassischer Vorzieheffekt, der das Wachstum kurzfristig befeuerte.

Warum treiben ausgerechnet Trumps Zölle die deutsche Wirtschaft an?

Was zunächst paradox klingt, hat wirtschaftlich einen klaren Hintergrund: Unternehmen wollen möglichen Handelshemmnissen zuvorkommen. Als Trump Zölle von bis zu 50 Prozent auf EU-Waren ankündigte und einen Basissatz von 10 Prozent aufrechterhielt, löste das hektische Betriebsamkeit aus. Viele deutsche Exporteure beschleunigten ihre Lieferketten, um ihre Produkte vor Inkrafttreten der höheren Zölle in den US-Markt zu bringen.

Dieses strategische "Vorladen" kurbelte vor allem im März die Produktion in wichtigen Industriezweigen wie dem Maschinenbau, der Automobilindustrie und der Chemie deutlich an. Die Produktion im verarbeitenden Gewerbe stieg dadurch überdurchschnittlich.

Welche Rolle spielt der Konsum im Wachstum?

Nicht nur außenwirtschaftliche Faktoren führten zum Aufschwung. Auch im Inland gab es Bewegung: Die privaten Konsumausgaben stiegen um 0,5 Prozent – ein bemerkenswerter Wert. Möglich wurde dies durch eine Kombination aus sinkender Inflation, gestiegenen Löhnen und einer verbesserten Stimmung bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Zusätzlich wurde auch mehr investiert – sowohl in Bauten als auch in Maschinen und Anlagen. Der Investitionsschub zeigt: Die deutsche Wirtschaft ist bereit, Kapital zu mobilisieren, wenn äußere Rahmenbedingungen stabil oder zumindest planbar erscheinen.

Wie nachhaltig ist der wirtschaftliche Impuls?

Ökonominnen und Ökonomen dämpfen die Euphorie. Thomas Gitzel von der VP Bank bezeichnet den Trump-Effekt als „positive Eintagsfliege“. Die Bundesbank erwartet für die folgenden Quartale eine deutlich schwächere Dynamik. Und auch der IWF, die EU-Kommission und der Sachverständigenrat prognostizieren für 2025 bestenfalls eine Stagnation.

Ein Grund: Die Vorzieheffekte erschöpfen sich schnell. Sobald der Zollhammer fällt, werden Exporteure zunehmend belastet. Besonders betroffen sind Industrien mit hoher Exportquote in die USA – etwa die Automobil- und Chemiebranche. Sollte Trump seine Drohung wahr machen und 50 Prozent Zoll durchsetzen, wären die Folgen für die Exportwirtschaft massiv.

Wo stehen Industrie und Mittelstand aktuell?

Der Auftragsbestand in der Industrie steigt. Unternehmen schöpfen wieder etwas Hoffnung – insbesondere, weil sich die wirtschaftliche Stimmung insgesamt aufgehellt hat. Das Ifo-Geschäftsklima zeigt positive Tendenzen, die auch durch vorsichtige Investitionen unterstrichen werden.

Doch die strukturellen Probleme bleiben: hohe Energiekosten, anhaltende Fachkräfteengpässe, überbordende Bürokratie und eine zunehmende geopolitische Unsicherheit. Für viele Mittelständler bedeutet das: abwarten und Tee trinken, statt mutig zu expandieren.

Welche politischen Maßnahmen könnten helfen?

Die Bundesregierung plant ein milliardenschweres Konjunkturpaket, das vor allem Verteidigung und Infrastruktur adressiert. Auch ein erstes Entlastungspaket ist in Aussicht: Wirtschaftsministerin Katherina Reiche kündigte unter anderem eine Senkung der Stromsteuer und Arbeitsmarktreformen an – ein Hoffnungsschimmer für energieintensive Branchen.

Laut Commerzbank könnten diese Maßnahmen dazu führen, dass das BIP 2025 doch noch leicht wächst. Voraussetzung: Der Zollstreit mit den USA eskaliert nicht weiter.

Hoffnung auf 2026 – warum das nächste Jahr entscheidend wird

Der Sachverständigenrat rechnet für 2026 mit einem Plus von 1,0 Prozent. Voraussetzung: Ein Ende der handelspolitischen Scharmützel und eine wachstumsfreundliche Reformpolitik. Gelingt beides, könnte Deutschland die jahrelange Stagnation überwinden.

Doch das ist ein dickes Brett. Die deutsche Wirtschaft steht zwischen Hoffnung und Unsicherheit – mit einem Trump im Weißen Haus wäre die Stabilität nur ein flüchtiger Zustand.

Was sagen andere Experten?

  • Clemens Fuest (Ifo-Institut): „Die deutsche Wirtschaft fasst langsam wieder Tritt – aber Vorsicht vor zu großem Optimismus.“

  • Joachim Nagel (Bundesbank): „Nach dem starken ersten Quartal wird die Dynamik nachlassen.“

  • Klaus Wohlrabe (Ifo): „Ohne Lösung im Zollstreit bleibt das Risiko hoch.“

Mit Material der dpa

Sie möchten gerne weiterlesen?

dpa