BDI-Präsident Siegfried Russwurm

BDI-Präsident Siegfried Russwurm fordert ein Wachstumsprogramm 2030 für mehr Investitionen. - (Bild: Christian Kuppa)

Der neue Industriepräsident Siegfried Russwurm hat die Politik zu einer grundlegenden Steuerreform und mehr Investitionen aufgefordert. Die Coronakrise verschärfe die Anforderungen an den Strukturwandel der deutschen Industrie, sagte Russwurm am Dienstag (12.1.) in Berlin. Es brauche weniger Belastungen, weniger Bürokratie, weniger Steuern, mehr Anreize für Investitionen und eine bessere Infrastruktur.

Die Steuerlast der deutschen Firmen sei im Vergleich zum Durchschnitt innerhalb der EU deutlich zu hoch, so Russwurm. "Dieser Hemmschuh für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen muss weg."

Im Fokus stünden zwei zentrale Reformideen: „Entscheidend bleibt, die Steuerbelastung der Unternehmen maximal auf wettbewerbsfähige 25 Prozent des Ertrags zu senken. Ein weiterer schneller Schritt für größere Liquidität der Unternehmen ist die Ausweitung der Verlustverrechnung, also die Möglichkeit, Verluste aus 2020 und 2021 mit Gewinnen aus Vorjahren zu verrechnen", sagte Russwurm.

Wirtschaftsverbände fordern seit langem steuerliche Entlastungen. Der frühere Siemens-Manager Russwurm ist seit Jahresbeginn Nachfolger von Dieter Kempf als Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Außerdem fehlten nach wie vor allein öffentliche Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr, etwa für eine bessere digitale Infrastruktur, so Russwurm. Wo konkret das Geld an anderer Stelle möglicherweise eingespart werden solle, wollte er aber nicht sagen.

Mehr Verlässlichkeit in Krise gefordert

Russwurm forderte Bund und Länder außerdem zu einem höheren Maß an Verlässlichkeit in der Coronakrise auf. Es müsse eine Strategie mit differenzierten Lösungen statt pauschaler Schließungen geben.

Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie sei groß, die wirtschaftliche Lage bleibe schwierig. Der BDI erwarte für dieses Jahr eine Zunahme des Bruttoinlandprodukts von 3,5 Prozent. Im zweiten Halbjahr 2022 könne das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden.

Thema Homeoffice muss vor Ort entschieden werden

Russwurm sprach auch das Thema Homeoffice an. Er machte deutlich, dass die deutsche Industrie strengere Vorgaben der Politik für mehr Homeoffice ablehnt. Der Einsatz von Homeoffice müsse von den Betriebsparteien vor Ort entschieden werden, sagte er.

Die Industrie appelliere an alle Unternehmen, das Thema Homeoffice soweit wie möglich zu nutzen, sagte Russwurm. "Und ganz viele tun das auch." Die Entscheidung darüber, was gehe und was nicht gehe, welche Arbeitsplätze dauerhaft im Homeoffice sein könnten, wo es richtig sei, ab und zu mal wieder zurück ins Büro zu kommen und welche Arbeitsplätze schlichtweg nicht von zuhause zu erledigen seien, wisse aber niemand besser als die Betriebsparteien vor Ort. Das "Schweißen aus dem Homeoffice" habe noch niemand erfunden.

In der Debatte um mehr Homeoffice zur Eindämmung der Corona-Pandemie war zuletzt der Druck auf die Wirtschaft gestiegen. Sowohl Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als auch CSU-Chef Markus Söder kündigten Gespräche mit Unternehmen an, um mehr Möglichkeiten für Beschäftigte zu erreichen, von zu Hause zu arbeiten. Söder hatte auch konkrete Zielvorgaben ins Spiel gebracht.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hatte gefordert, die Wirtschaft bei der Bekämpfung der Pandemie stärker in den Fokus zu nehmen. Bund und Länder hätten bei Einzelhandel, Kultur und Schulen zwar harte Maßnahmen ergriffen. Für große Bereiche der Wirtschaft gebe es aber kaum verpflichtende Regeln.

Klimaschutz: Russwurm fordert mehr staatliche Unterstützung

Mit Blick auf die durch immer ehrgeizigere Klimaziele notwendigen Investitionen in Klimaschutztechnologien verlangte Russwurm mehr staatliche Unterstützung: „Der neue nationale CO2-Preis braucht dringend einen wirksamen Korrekturmechanismus: Er muss das Abwandern energieintensiver Industrien in Regionen mit weniger anspruchsvoller Regulierung verhindern und darf gleichzeitig nicht zur Ausrede für neue Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse werden“, sagte Russwurm. 

Die deutsche Industrie verfüge auf dem Weg zu Klimaneutralität 2050 über das Potenzial, Technologien mit Weltmarktchancen zu entwickeln und international zur Anwendung zu bringen – wenn sie global wettbewerbsfähig ist.

Die weltwirtschaftlichen Perspektiven sind nach Ansicht des BDI-Präsidenten 2021 für die exportstarke deutsche Industrie besser als erwartet: „Die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten erleichtert den Weg für multilaterale Lösungen und gemeinsame Initiativen für faire Wettbewerbsbedingungen auf den Weltmärkten“, sagte Russwurm. „Vom globalen Wachstumstreiber China werden unsere Unternehmen profitieren, ebenso wie von der Einigung auf ein Investitionsabkommen, auch wenn es nicht perfekt ist.“

In der Weltwirtschaft sei insgesamt nach dem starken Einbruch solide Erholung in Sicht, vor allem ab dem zweiten Quartal dieses Jahres. „Auch 2021 ist die Industrie der Motor, der Wirtschaft und Wohlstand unseres Landes antreibt“, betonte der BDI-Präsident außerdem.

Quellen: Dpa, BDI

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