Thomas Fechner ist bei Bosch Rexroth im Vorstand für den Geschäftsbereich Fabrikautomation zuständig.

Thomas Fechner ist bei Bosch Rexroth im Vorstand für den Geschäftsbereich Fabrikautomation zuständig. (Bild: Bosch Rexroth)

Herr Fechner, Sie und Bosch Rexroth setzen sich stark dafür ein, dass es Kooperation mit anderen Unternehmen gibt. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Thomas Fechner: Insbesondere in dieser extrem beschleunigten Welt – was die Innovationsgenerierung angeht – kann heute kein Unternehmen mehr alle technischen Aufgabenstellungen und Besonderheiten alleine abbilden.

Das geht zwar theoretisch, aber wenn man sich anschaut, wie viel Entwicklungsaufwand und auch Zeit benötigt wird, um alles im eigenen Haus zu entwickeln, dann ist einfach die Parallelisierung in Partner-Ökosystemen der deutlich leistungsfähigere Ansatz. Davon sind wir zutiefst überzeugt und deshalb bauen wir mit unseren Lösungen ein offenes Partner-Ökosystem auf.

Das braucht natürlich auch technische Voraussetzungen. Auch die muss man schaffen. Und das ist dann ein Paradigmenwechsel. Firmen müssen natürlich bereit sein, Kunden müssen bereit sein, sich auf diese Plattformen zu begeben, um dann den Nutzen von offenen Ökosystemen auch zu ziehen.

Sie gehen mit dieser Offenheit weg von einem Unternehmen, das als Einzelkämpfer unterwegs ist, hin zu kollaborativen Ökosystemen. Andere Firmen sind gerade im gleichen Prozess. Wie stellen Sie denn sicher, dass so eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Unternehmen funktioniert?

Fechner: Die erste Kernerkenntnis war, man braucht eine Austauschplattform. Diese Austauschplattform, die haben wir inzwischen zur Verfügung gestellt und entwickelt. Jetzt arbeiten wir mit den Unternehmen daran, das gleiche Grundverständnis zu erreichen. Also dass genau diese Art der Softwarearchitektur der richtige Ansatz ist und wir bringen Lösungen ein in das sogenannte Partner-Ökosystem.

Das heißt, wir haben auf diesem Betriebssystem, auf dieser Plattform, ein Partner-Ökosystem aufgebaut mit einem Store. Der Store agiert quasi wie ein Marktplatz, auf dem Partnerunternehmen ihre Lösungen anbieten und rausbringen können. Damit gelingt es unseren Kunden mit einer hohen Flexibilität Lösungen von unterschiedlichen Anbietern zu kombinieren und damit im Sinne der Innovationsgenerierung immer die Nase vorn zu haben.

Das war selbst für uns auch keine einfache Entscheidung. Wir waren natürlich in der Vergangenheit, wie alle unsere Marktbegleiter auch, ein Anbieter, der geschlossene Lösungen am Markt platziert hat, die nur im Firmenverbund zusammen funktioniert haben. Wir haben uns dann aufgemacht, diese Transformation hin zu einem offenen Lösungs- und Ökosystemanbieter durchzuführen.

Das ist ein Paradigmenwechsel und bedeutet auch eine grundlegende Weiterentwicklung unseres Geschäftsmodells. Das war keine einfache Managemententscheidung, aber am Ende haben wir uns im Interesse unseres Kunden dafür entschieden, getreu unseres Slogans „we move, you win“. Denn nur wenn wir uns bewegen, gibt es auch wirklich innovative Schritte für unseren Kunden.

Automation NEXT Conference 2024

Entdecken Sie die Zukunft der Automatisierung auf der Automation NEXT Conference 2024. Diese bedeutende Veranstaltung, die am 15. und 16. Oktober 2024 im Nestor Hotel Ludwigsburg stattfindet, bringt Branchenexperten zusammen, um über neueste Trends und Technologien in der Automatisierung zu diskutieren.

Die Themenbereiche umfassen Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Cybersicherheit, Edge Computing, Robotik und nachhaltige Automatisierungslösungen. Die Veranstaltung bietet eine einzigartige Plattform für Wissensaustausch, Netzwerken und Inspiration für Fachleute aus der Automatisierungsbranche.

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte Automation NEXT Conference.

Wie sieht denn dieser Paradigmenwechsel auf der technischen Seite aus? Wie sieht die technische Umsetzung der Zusammenarbeit aus? Es müssen ja viele Daten und Informationen ausgetauscht werden.

Fechner: Im Grunde braucht man eine Austauschplattform, die genau diese zwei Fragen löst. Wie bekomme ich einfachen Zugang an Daten? Und wie stelle ich sicher, dass Softwarebausteine unterschiedlicher Anbieter problemlos rekombinierbar sind?

Wir haben eine sehr schöne Erfolgsgeschichte, aus der wir lernen konnten. Das sind die Mobiltelefone. Wenn wir uns heute anschauen, wie auf Mobiltelefonen Daten ausgetauscht werden zwischen unterschiedlichen Apps, wie einfach ich Leistungsangebote rekombinieren kann ohne Hierarchie zwischen diesen einzelnen Software-Bausteinen: Das ist genau das Erfolgsmodell, das wir überführt haben in die entsprechende Automatisierungslösung. Das heißt, wenn man so möchte, haben wir das I-Phone übertragen in die Automatisierungstechnik.

Da kann sich auf jeden Fall jeder etwas darunter vorstellen. Sie sagen auch von sich selbst, dass Sie das offenste Automatisierungssystem auf dem Markt haben und dass Partner auch ihre Stärken und Lösungen einbringen sollen und zwar über Co-Creation. Das Ziel des Ganzen ist es, die Prozesse in der industriellen Automatisierung zu vereinfachen und zu verbessern. Können Sie uns Beispiele geben, wo das schon geklappt hat?

Fechner: (…) Ein gutes Beispiel ist sicherlich die kamerabasierte Erkennung und Steuerung, die Computervision. Da haben wir einen wesentlichen Trend. Durch die Leistungszunahme der Elektronik haben wir eine regelrechte Explosion von Algorithmik und Leistungszunahme. Das heißt, ich kann jetzt quasi Automatisierungssystemen Augen geben, die ähnlich gut und kognitiv funktionieren wie das menschliche Auge. Hier arbeiten wir mit starken Partnern zusammen.

Das sind häufig Start-ups, die aus dem universitären Umfeld kommen, mit der HD-Vision beispielsweise, um eine zu nennen, oder OpenAI. Das sind ganz starke Firmen, die an der vordersten Front der Innovationsgenerierung und der Funktionsgenerierung stehen.

Wir ermöglichen es unseren Kunden, unsere erprobte skalierende Automatisierungstechnik in Kombination mit deren Lösungen einzusetzen. Das führt im Bereich der Qualitätssicherung zum Beispiel zu sehr leistungsstarken Systemen.

Aktuelles aus der Industrie

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Wagen wir mal noch einen Blick in die Zukunft. Wie weit kann Zusammenarbeit zwischen Unternehmen gehen?

Fechner: Wir sehen das heute schon sehr schön im Bereich der rein digitalen Leistungsangebote. Wenn wir schauen, wie heute Software ausgebracht wird, wie heute unterschiedliche Firmen auf Marktplätzen zusammenarbeiten, um Kunden unterschiedlichste Softwareleistungsangebote bereitzustellen. Das Mobiltelefon habe ich schon angesprochen. Wir alle kennen die entsprechenden Stores. Wir alle sind gewohnt, dass Musik heute quasi ohne Limitierung zur Verfügung steht auf Marktplätzen.

Ich muss mich nur für eine Austauschplattform entscheiden, dann sehen wir, welche Leistungsfähigkeit eine entsprechende Ökosystemorientierung mit sich bringt.

Man kann das natürlich auch erweitern um Hardware. Das ist genau der Sprung, den wir jetzt nach vorne gehen. Wir setzen auf auf den Erfahrungen der Software und ergänzen das jetzt um die entsprechenden Hardwareangebote.

Im Idealfall schaffen wir Marktplätze, auf denen in Zukunft ein Kunde, der eine Anlage aufbaut, projektiert, im Grunde ähnlich wie heute in Amazon seine Lösungen zusammenstellt. Das sind mechanische, das sind softwarebasierte Lösungen und er kann sie dann auf Basis eines Betriebssystems ohne große Risiken kombinieren und gemeinsam implementieren und in kürzester Zeit ohne Risiko für ihn in eine funktionsfähige Lösung verbringen.

Dieses Interview ist ein gekürzter Auszug aus dem Podcast 'Industry Insights'. Das ganze Gespräch über die Bedeutung der Digitalisierung für die Fertigungsindustrie, Zusammenarbeit mit anderen und was diese Veränderungen, die es dadurch gibt, für die Mitarbeitenden bedeuten, hören Sie hier:

Industry Insights: Das sind die Moderatorinnen

Julia Dusold und Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Julia Dusold (links) ist Technik-Redakteurin bei mi connect. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Fertigungstechnologien, zum Beispiel der Zerspanung, der Lasertechnik und dem 3D-Druck. Außerdem in Julias Portfolio: Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie. Gemeinsam mit der Wirtschaftsredakteurin Anja Ringel produziert und moderiert sie den Interview-Podcast Industry Insights. Vor ihrer Arbeit bei mi connect hat Julia zuerst Physik und dann Wissenskommunikation studiert. In ihrer Freizeit ist sie gerne am, im und auf dem Wasser unterwegs oder reist auf diverse Weisen in fiktive Welten. Folgen Sie Julia Dusold auch auf LinkedIn, Xing und Twitter.

 

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel (rechts) schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen. Nach Stationen bei diversen Tageszeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken. Folgen Sie Anja Ringel auch auf LinkedIn, Xing und Twitter.

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