Mit klaren Worten stellt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche die Rüstungsindustrie ins Zentrum wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Strategien – und kündigt eine neue Ära industrieller Aufrüstung an.
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Die Rüstungsindustrie erlebt einen Bedeutungszuwachs und will ihre Kapazitäten hochfahren. Ministerin Reiche besucht den Panzerbauer KNDS.(Bild: KMW)
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Warum gewinnt die Rüstungsindustrie an Bedeutung?
Die Rüstungsindustrie erlebt einen beispiellosen Bedeutungszuwachs. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche bezeichnete sie in Kassel als „essenziellen Bestandteil“ einer resilienten Volkswirtschaft. Jahrzehntelang unterschätzt und nach dem Fall der Mauer weitgehend aus dem Fokus geraten, hat der Krieg in der Ukraine den Handlungsdruck dramatisch erhöht. Die Fähigkeit zur Selbstverteidigung rückt damit in den Mittelpunkt nationaler Sicherheits- und Wirtschaftspolitik.
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Sicherheitspolitik trifft Wirtschaftsdynamik
Reiche betonte: „Wirtschafts- und Sicherheitspolitik gehören untrennbar zusammen.“ Neben der sicherheitspolitischen Notwendigkeit punktet die Branche mit beeindruckenden Wachstumszahlen und rasanten technologischen Entwicklungen. In Zeiten einer schwächelnden deutschen Wirtschaft könne die Rüstungsindustrie einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung leisten.
Katherina Reiche, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie(Bild: BMWE / Chaperon)
Staatseinstieg bei KNDS – strategischer Schritt oder politisches Signal?
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Die Frage eines möglichen Staatseinstiegs bei KNDS, dem Hersteller des Leopard-2-Kampfpanzers, sorgt für Spekulationen. Während Reiche auf die Zuständigkeit von Verteidigungsminister Boris Pistorius verweist, berichten Medien, dass ein Einstieg geprüft wird. Die Eigentümerfamilien von Krauss-Maffei Wegmann, dem deutschen Teil von KNDS, ziehen sich laut „Börsen-Zeitung“ teilweise zurück und könnten ihre Anteile veräußern. Ein Staatseinstieg könnte somit sowohl ein industriepolitisches Signal als auch eine strategische Absicherung wichtiger Produktionskapazitäten sein.
Aufrüstung als Konjunkturimpuls?
Die Bundesregierung hat beschlossen, die Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen. Neben dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen werden jährliche Verteidigungsetats aufgestockt. Eine gelockerte Schuldenbremse und neue Gesetzesänderungen sollen den Beschaffungsprozess der Bundeswehr beschleunigen – von monatelangen Ausschreibungen hin zu direkten Aufträgen an strategische Lieferanten. Dies könnte nicht nur die Modernisierung der Streitkräfte vorantreiben, sondern auch Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.
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Wer steckt hinter KNDS?
KNDS entstand 2015 aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann (Deutschland) und Nexter Systems (Frankreich) – ein europäisches Schwergewicht im Panzer- und Artilleriebau. Mit Standorten in mehreren europäischen Ländern und einem Produktionsportfolio, das vom Kampfpanzer Leopard 2 bis hin zu modernster Artillerietechnologie reicht, gilt der Konzern als Schlüsselakteur für die Verteidigungsfähigkeit der NATO in Europa. Mehr dazu hier.
Technologische Sprünge: Von Panzerstahl zu KI-gestützten Systemen
Die moderne Rüstungsindustrie ist längst nicht mehr nur Stahl und Munition. KI-gestützte Zielsysteme, vernetzte Gefechtsfelder und modulare Plattformkonzepte bestimmen die Entwicklungsarbeit. Interoperabilität – die Fähigkeit, dass Systeme verschiedener NATO-Partner reibungslos zusammenarbeiten – gilt als Schlüsselfaktor. „Die Interoperabilität von Systemen und Zusammenarbeit zwischen Nato-Mitgliedstaaten müsse vertieft werden“, so Reiche. Das bedeutet: Panzer, Drohnen und Kommunikationssysteme müssen technisch kompatibel sein, unabhängig vom Herstellerland.
Internationale Perspektive: Europa rückt zusammen
Nicht nur Deutschland, auch Frankreich, Polen und die baltischen Staaten investieren massiv in ihre Rüstungsindustrien. Die russische Bedrohung hat zu einer Renaissance gemeinsamer europäischer Beschaffungsprojekte geführt. KNDS ist hier ein Paradebeispiel: deutsch-französische Zusammenarbeit mit klarer NATO-Integration. Der Vorteil: Größere Stückzahlen, einheitliche Standards und schnellere Innovationszyklen.
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Wirtschaftliche Auswirkungen: Arbeitsplätze und Wertschöpfung
Die Aufrüstung bringt eine Wertschöpfungskette in Bewegung, die weit über die Rüstungsfabriken hinausgeht. Zulieferer aus der Metallverarbeitung, Elektronik, Softwareentwicklung und Logistik profitieren direkt. Studien zeigen: Jeder Euro, der in die Rüstungsindustrie investiert wird, erzeugt im Durchschnitt einen deutlich höheren Multiplikator in der Gesamtwirtschaft – insbesondere in Hochtechnologiebereichen.
Fallbeispiel KNDS: Produktionshochlauf unter Hochdruck
Bei KNDS in Kassel laufen derzeit mehrere Projekte parallel. Neben der Leopard-2-Produktion wird an der Modernisierung älterer Modelle gearbeitet, um diese schnellstmöglich an Partnerstaaten zu liefern. Gleichzeitig treibt das Unternehmen die Entwicklung neuer Technologien wie unbemannter Bodenfahrzeuge und moderner Sensorik voran. Der Produktionshochlauf erfordert nicht nur Investitionen in Maschinen und Fertigungslinien, sondern auch in Fachkräfte – ein Engpass, den die gesamte Branche spürt.