Die Parteien haben unterschiedliche industriepolitische Positionen.

Die Parteien haben unterschiedliche industriepolitische Positionen. (Bild: Stockwerk-Fotodesign - stock.adobe.com)

Mehr Mut zur Freiheit und rasche politische Reformen - das fordert der VDMA von der neuen Bundesregierung. "2025 ist das Jahr, in dem Deutschland die Weichen auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit stellen muss", sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Aber was wollen die Parteien ändern?

Vor der Bundestagswahl am 23. Februar haben wir die Parteien nach ihren industriepolitischen Positionen befragt. Die Antworten lesen Sie hier:

(Hinweis: Die Reihenfolge der Antworten orientiert sich an der derzeitigen Sitzverteilung im Bundestag.)

Industrie: Das plant die SPD

Esra Limbacher, Mittelstandsbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion: "Unsere Lösungsvorschläge zu den Standortschwächen der deutschen Industrie sind konkret und realistisch umsetzbar. Energie, Bürokratie, Infrastruktur und Fachkräftemangel muss man zusammen denken. Die Lösung zu jedem Problemfeld erfordert drei Komponenten:

  1. hohe Investitionen
  2. eine schnelle und digitale Verwaltung und
  3. mehr Pragmatismus auf allen Ebenen der Politik.
Esra Limbacher, Mittelstandsbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion.
Esra Limbacher, Mittelstandsbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion. (Bild: SPD)

Durch das von Putin erzwungene Decoupling von russischem Gas müssen wir in Rekordzeit und mit hohen Kosten unsere Energienetze aufbauen, ausbauen und stärken, um günstige Substitute für die Industrie anbieten zu können. Wir schlagen dafür einen 'Deutschlandfonds' vor, der privates und öffentliches Kapital vereint, um die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Darüber hinaus braucht es übergangsweise einen Zuschuss zu den Netzentgelten. Konkret wollen wir die durchschnittlichen Übertragungsnetzentgelte bei drei Cent pro Kilowattstunde deckeln und damit die meisten Unternehmen deutlich entlasten.

Um den Standort in der Breite zu stärken, wollen wir zudem einen 'Made-in-Germany-Bonus' für private Investitionen und stehen für die Minimierung von Berichtspflichten und Bürokratie, besonders aus Europa. Ein hohes Entlastungspotenzial für Unternehmen ergibt sich zudem, wenn Länder und Kommunen bei der Digitalisierung ihrer Behörden stärker unterstützt werden.

Klar ist: Steuersenkungen sind kein Allheilmittel. Wichtiger noch sind die Infrastruktur, das Arbeitskräftepotenzial, ein effizienter Rechtsstaat und schnelle Verwaltungen. Die SPD setzt hier auf ein effektives Maßnahmenbündel, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern."

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(Bild: mi-connect)

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Die industriepolitischen Positionen der CDU

"Deutschland geht es schlecht. Es droht das dritte Jahr in Folge ohne Wachstum und damit die längste Rezession in der Geschichte unseres Landes. Es droht ein Wohlstandsverlust von historischem Ausmaß.

Gerade in der Industrie tritt uns der Abstieg sehr deutlich vor Augen: Die Produktion schrumpft, bricht teils dramatisch ein. Fast täglich kündigen Industrieunternehmen Stellenabbau an. Jeden Monat gehen im Schnitt 9.000 Industriearbeitsplätze verloren. In der Automobilindustrie sind mittelfristig mehr als 130.000 Stellen gefährdet. Der Begriff De-Industrialisierung ist mittlerweile in aller Munde.

Für uns als CDU ist klar: Deutschland ist ein Industrieland. Die industrielle Wertschöpfung war, ist und wird auch in Zukunft der Kern unseres Wohlstands sein. Dafür braucht unser Land einen Politikwechsel in der Wirtschaftspolitik.

Den Fahrplan für diesen Politikwechsel haben wir in der Agenda 2030 vorgelegt. Einige Kernelemente dieser Agenda sind:

  • eine Reduzierung der Strompreise. Wir senken die Stromsteuer dauerhaft für alle auf das europäische Mindestmaß und reduzieren die Netzentgelte. Wir streben eine Entlastung von mindestens fünf Cent pro kWh an.
  • eine große Steuerreform. Wir reduzieren die Belastungen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmen deutlich. Damit wollen wir die Steuerbelastung auf einbehaltene Unternehmensgewinne auf 25 Prozent senken.
  • ein entschiedener Bürokratierückbau. Wir reduzieren Berichts- und Nachweispflichten, schaffen unnötige Regulierungen wie das Lieferkettensorgfaltsgesetz wieder ab und reformieren die Bundesverwaltung grundlegend. Damit schaffen wir Freiräume für Unternehmen.
  • ein ganzheitlicher Infrastrukturausbau. Wir legen besonderes Augenmerk auf den Netzausbau sowie die Verknüpfung des Ausbaus von Erneuerbaren Energien, Netzen und Speichern.
  • eine Arbeits- und Fachkräfteoffensive. Wir bekämpfen den Arbeits- und Fachkräftemangel mit einer neuen digitalen Bundesagentur für Fachkräfteeinwanderung und stärken die berufliche Bildung.

Am 23. Februar hat Deutschland die Wahl. Wir stehen bereit, um den Politikwechsel für Wirtschaft und Industrie, den Kern unseres Wohlstands, zu vollziehen."

Industriepolitik: Das wollen die Grünen

Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.
Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. (Bild: Nils-Leon Brauer)

Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen: "Eine starke Industrie spielt eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Vor Ort sind Industrieunternehmen wichtige Arbeitgeber, tragen zur Fachkräfteentwicklung bei und fördern Innovationen. Für einen wettbewerbsfähigen und resilienten Standort mit einem guten Investitionsklima wollen wir durch dauerhaft günstige Energie, mehr öffentliche und private Investitionen, beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren und attraktivere Bedingungen für Fachkräfte sorgen.

Die Absenkung der Stromsteuer, die Übernahme der Netzentgelte für die überregionalen Stromleitungen und die Verstetigung der Strompreiskompensation gehören als Maßnahmen dazu. Durch wettbewerbsorientierte Instrumente wie die Klimaschutzverträge machen wir neue Technologien marktfähig und reizen klimaneutral hergestellte Produkte durch grüne Leitmärkte und Quoten in der öffentlichen Beschaffung an. Gleichzeitig wollen wir die Ansiedlung von Zukunftstechnologien wie Batterie-, Elektrolyseur- oder Wärmepumpenproduktion vorantreiben, damit Deutschland Vorreiter sein kann und als attraktiver Standort für Fachkräfte aus solchen Klimaindustrien wirkt. Dafür muss der Net-Zero Industry Act umfassend umgesetzt werden.

Eine aktive Industriepolitik, die sich für die Zukunft aufstellt, baut bestehende CO2-intensive Produktion durch private und öffentliche Investitionen um und schafft gleichzeitig neue industrielle Wertschöpfung mit für die Transformation benötigten Technologien. Wir sind überzeugt, dass es gelingen kann und wird, Deutschland als Industriestandort zu stärken - und gleichzeitig klimaneutral zu werden. Zur Stärkung der Industrie und ihrer Wettbewerbsfähigkeit gehört auch unsere Wirtschaftssicherheit: Resilienz und Sicherheit gehören zusammen.

Wir stehen für belastbare internationale Partnerschaften auf Augenhöhe entlang einer zukunftsfähigen Handelsagenda, die gleichzeitig ökonomische, soziale und ökologische Standards nach vorne stellen. Zudem erfordert eine wettbewerbsfähige Industrie eine verlässliche Versorgung mit Rohstoffen, die effektiv in kreislauffähigen Systemen erhalten bleiben sollen."

Aktuelles aus der Industrie

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Industrie: Das plant die FDP

FDP-Generalsekretär Dr. Marco Buschmann.
FDP-Generalsekretär Dr. Marco Buschmann. (Bild: FDP)

Dr. Marco Buschmann, FDP-Generalsekretär: "Deutschland hat eine starke industrielle Basis, die ihre Anpassungsfähigkeit schon oft bewiesen hat. Doch diese Stärke liegt in Fesseln: zu viel Bürokratie, zu hohe Steuern, nicht wettbewerbsfähige Energiepreise. Das spüren die Betriebe jeden Tag.

Deshalb setzen wir uns als Freie Demokraten für eine echte Wirtschaftswende ein. Dafür braucht es den richtigen politischen Rahmen. Drei Bausteine sind dabei besonders wichtig:

Erstens müssen wir die Steuerlast der Unternehmen auf unter 25 Prozent drücken. Dafür wollen wir als Freie Demokraten den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen und die Körperschaftsteuer spürbar absenken. Wir sorgen für mehr Netto vom Brutto.

Zweitens müssen wir den Bürokratieabbau noch ambitionierter vorantreiben. Was es braucht, ist eine Entrümpelung des Bundesrechts. Als Freie Demokraten wollen wir Bürokratie-Monster, wie etwa die Bonpflicht oder die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie, abschaffen. Generell wollen wir mehr mit Genehmigungsfristen und Stichtagsregelungen arbeiten, um behördliche Verfahren zu verkürzen. Mit einem dreijährigen Bürokratie-Moratorium setzen wir neuer Bürokratie ein Stoppschild.

Drittens braucht unser Land bezahlbare Energie und eine ideologiefreie Klimaschutzpolitik. Als Freie Demokraten wollen wir die Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß absenken und perspektivisch abschaffen. Das Angebot an bezahlbarer Energie erhöhen wir, indem wir etwa die heimische Erdgasförderung ausbauen und Fracking ermöglichen. Die Abscheidung und Speicherung von Treibhausgasemissionen durch Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) wollen wir diskriminierungsfrei als Klimaschutz-Option ermöglichen. Den deutschen Sonderweg in der Klimaschutzpolitik beenden wir, indem wir das deutsche Ziel der Klimaneutralität bis 2045 durch das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ersetzen.

Dieses Maßnahmen-Paket verschafft der Industrie die benötigte Luft zum Atmen. Es sorgt für mehr Raum für Wertschöpfung und Innovation. Damit sich die Betriebe wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren: das Wirtschaften."

Die industriepolitischen Positionen der AFD

Seit Ende November wurde die AFD mehrmals um ein Statement gebeten. Leider haben wir bis zum Redaktionsschluss keine Stellungnahme der Partei erhalten.

Kennen Sie schon unseren Podcast Industry Insights?

Cover von Industry Insights mit Julia Dusold und Anja Ringel
(Bild: Foto: Anna McMaster; Grafik: Claudia Weber)

Im Podcast fühlen die Redakteurinnen Julia Dusold und Anja Ringel Persönlichkeiten aus der Industrie auf den Zahn und entlocken ihnen die neuesten Techniktrends und Karrieretipps. Hörerinnen und Hörer erhalten Einblicke in Unternehmen und in das Leben von Führungskräften. Hören Sie rein!

 

Die Folgen der aktuellen Staffel finden Sie hier: "Industry Insights Staffel 4: Alle Folgen und Hintergründe"

 

Rückblick:

Industriepolitik: Das plant Die Linke

Ines Schwerdtner, Bundesvorsitzende der Linken.
Ines Schwerdtner, Bundesvorsitzende der Linken. (Bild: Die Linke)

Ines Schwerdtner, Bundesvorsitzende der Linken: "In der Bundesrepublik droht eine umfassende Deindustrialisierung, inklusive des Zusammenbruchs von Wertschöpfungsketten und des Verlusts von Millionen von Arbeitsplätzen. Der wichtigste Grund sind zu geringe Investitionen in der Vergangenheit. Die Folge: Statt Entwicklungen wie die rasante Weiterentwicklung der Batterietechnologie, den Markthochlauf der E-Mobilität und digital unterstützte Produktionsverfahren selbst mit voranzutreiben, geraten Unternehmen aus Deutschland und Europa immer öfter ins Hintertreffen. Denn während etwa die chinesische oder die US-amerikanische Regierung eine aktive Industriepolitik verfolgt, die Investitionen und Innovationen gezielt fördert, klebt Europa am neoliberalen Dogma fest.

Die Linke will diese Abwärtsspirale durchbrechen und setzt auf eine aktive Industriepolitik auch hierzulande. Wir wollen einen Investitionsfonds von 200 Milliarden Euro schaffen, aus dem Unternehmen beim Umbau unterstützt werden. Auch Beschäftigte sollen einen Kredit erhalten, wenn sie einen Betrieb selbst übernehmen und genossenschaftlich weiterführen wollen. Der Fonds soll Gewinne aus Beteiligungen oder Krediten reinvestieren und als eine Form von „geduldigem Kapital“ agieren, das die industrielle Struktur stabilisiert und längerfristige Investitionen ermöglicht.

Darüber hinaus wollen wir den Klima- und Transformationsfonds (KTF) ausbauen und jährlich mit 65 Milliarden Euro ausstatten. Diese Mittel sind unter anderem für eine Anschubfinanzierung für neue Batterietechnologien und Energiespeicher sowie einen bedarfsgerechten Industriestrompreis vorgesehen. Auf EU-Ebene setzt sich Die Linke für eine Reform des Beihilferechts ein.

Dabei gilt: kein Steuergeld ohne Gegenleistung. Staatliche Gelder wollen wir an langfristige Garantien von Arbeitsplätzen, Tarifverträgen und Standortverpflichtungen binden. Wir wollen keinen destruktiven innereuropäischen oder globalen Standortwettlauf und keinen Unterbietungswettbewerb bei Umwelt- und Sozialstandards oder bei der Unternehmensbesteuerung, sondern setzten uns für eine faire Handelspolitik und globale Mindeststandards ein."

Industriepolitik: Das will das Bündnis Sahra Wagenknecht

Das Bündnis Sahra Wagenknecht erklärte, dass es der noch jungen Partei durch die vorgezogene Bundestagswahl nicht möglich sei, zeitnah und vor allem umfassend auf unsere Frage einzugehen.

Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Die Autorin: Anja Ringel

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen.

Nach Stationen bei diversen Tagezeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Daneben ist sie einer der Podcast-Hosts von Industry Insights.

Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken.

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