
Wasserstoff wird in Zukunft immer wichtiger werden. - (Bild: wladimir1804 - stock.adobe.com)
Dass Wasserstoff in Zukunft wichtig sein dürfte, ist wahrscheinlich den meisten inzwischen klar. Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats, geht beim diesjährigen Hydrogen Dialogue noch einen Schritt weiter: „Wasserstoff ist elementar, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen und Industrieland bleiben wollen. An Wasserstoff führt kein Weg mehr vorbei. Wasserstoff ist nicht mehr ein ‚kann‘, Wasserstoff ist ein ‚muss‘“, sagte sie.
In den vergangenen Jahren habe man in der Forschung viel erreicht, sagte Reiche. Jetzt gehe es darum, sich auf die Anwendung und Umsetzung in industriellem Maßstab zu konzentrieren. „Wir müssen in kürzester Zeit aus dem Nischenthema grüner Wasserstoff ein globales System in industriellem Maßstab entwickeln“, erklärte sie.
Kritik übte sie dabei an der Politik. Die dortigen Diskussionen verlaufen im Schneckentempo. Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft werde noch nicht mit der Dynamik und Durchschlagskraft unterstützt, wie es sich der Wasserstoffrat wünsche, erklärte die Vorsitzende. Ihre Einschätzung: „Da wird schon jetzt bis ins Detail überreguliert, statt dem Markt, der Forschung, der Technologieentwicklung den notwendigen Rahmen und den nötigen Raum zu geben.“
Kennen Sie schon unseren Podcast Industry Insights?

In Industry Insights sprechen wir über alles, was die Industrie beschäftigt. Die Redakteurinnen Julia Dusold und Anja Ringel haken nach, welche Trends aus Technik, Unternehmenskultur und Karriere bei Unternehmen gerade wichtig sind. Dafür laden wir in jede Folge eine prominente Branchengröße ein.
Das Moderatorinnen-Duo sprach bisher beispielsweise mit:
- Grob-Chef German Wankmiller über E-Mobilität, Fachkräftemangel und die USA
- Kukas Chief Innovation Officer Ulrike Tagscherer über gutes Innovationsmanagement
- Trumpf CEO Werkzeugmaschinen Stephan Mayer über China und Blechbearbeitung
Alle Folgen von Industry Insights finden Sie hier. Abonnieren Sie uns gerne auch auf Spotify, Apple Podcast oder dort, wo Sie am liebsten Podcasts hören.
Wasserstoff: Das fordert Reiche von der deutschen Politik
Diskussionsbedarf sieht Reiche auch bei der Forderung vieler Politiker, ab 2025 nur noch grünen Wasserstoff zu produzieren und verwenden. Denn: Man werde für eine gewisse Übergangszeit Erdgas benötigen – zum Beispiel als Energieträger in der Stahlindustrie und als Grundstoff für blauen und türkisen Wasserstoff, erklärte sie.
Die deutsche Politik solle ihren Einfluss in der EU geltend machen, um schnellere Entscheidungen bei Förderprojekten zu forcieren, forderte sie. Denn: Diese Wasserstoff-Projekte dürfen erst starten, wenn sie in Brüssel genehmigt wurden. Das ist laut Reiche wahrscheinlich erst Mitte 2022 der Fall. Man dürfe aber keine Zeit verlieren. Denn es gehe nicht nur um den Klimaschutz, sondern auch um Wettbewerb, Arbeitsplätze und Standorte.
Und noch etwas hat Reiche zufolge gefehlt, um beim Thema voranzukommen: Belastbare Zahlen, wo und wann welche Menge an Wasserstoff benötigt wird. Deshalb hat das Fraunhofer-Institut eine Meta-Studie durchgeführt (die ganze Studie gibt es hier).
Wie viel Wasserstoff wird künftig benötigt?
Das Fazit der Studie: Es wird wesentlich mehr Wasserstoff benötigt, als bislang eingeplant ist. Und: Je höher, die Klimaambitionen, desto höher der Wasserstoffbedarf. Der größte Abnehmer wird zunächst die Industrie sein. Bis 2040 wird dann auch der Bedarf im Verkehrs- und Energiesektor steigen und dann benötigen diese Bereiche mehr Wasserstoff als die Industrie. Und: Man dürfe den deutschen Mittelstand nicht vergessen. Denn auch dort werde man H2 benötigen.
Alles Wissenswerte zum Thema CO2-neutrale Industrie
Sie wollen alles wissen zum Thema CO2-neutrale Industrie? Dann sind Sie hier richtig. Alles über den aktuellen Stand bei der klimaneutralen Industrie, welche technischen Innovationen es gibt, wie der Maschinenbau reagiert und wie die Rechtslage ist erfahren Sie in dem Beitrag "Der große Überblick zur CO2-neutralen Industrie".
Um die klimaneutrale Industrie auch real werden zu lassen, benötigt es regenerative Energien. Welche Erneuerbaren Energien es gibt und wie deren Nutzen in der Industrie am höchsten ist, lesen Sie hier.
Oder interessieren Sie sich mehr für das Thema Wasserstoff? Viele Infos dazu gibt es hier.
Auch Dr. Carola Kantz, stellvertretende Geschäftsführerin der VDMW Working Group P2X4A, sagte in einer Diskussion auf dem Hydrogen Dialogue: Die Wasserstoff-Projekte müssen jetzt in Gang kommen, sagte sie. Und: Man müsse weg von der Produktion des Wasserstoffs nur in bestimmten Branchen wie Stahl und Luftfahrt. Vielmehr müssen man auch andere Märkte schneller erschließen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn: Deutschland solle nicht nur jetzt, sondern auch in zehn und 20 Jahren vorne mit dabei sein.
Ein weiteres Thema: der Preis. Die Klimaziele könne man nicht ohne den Wasserstoff erreichen, sagte auch Andreas Kuhlmann, Chef der Deutschen Energie-Agentur. Deshalb müsse man schauen, dass dieser so günstig wie möglich sei.
An diesen Wasserstoff-Projekten arbeiten Bosch und MAN

Und wie weit sind die Unternehmen in der Praxis? Marcus Spickermann leitet bei Bosch das stationäre Festoxid-Brennstoffzellen-Programm. Die Geräte seien derzeit noch im Prototypenstatus. Ab 2024 sollen sie dann aber im Einsatz sein, so Spickermann. An den Bosch-Standorten gebe es aber bereits Pilotprojekte.
Der erste Realbetrieb einer stationären Brennstoffzelle ist seit März auch schon in Betrieb: Bosch produziert zusammen mit den Stadtwerken Bamberg erstmalig Strom und Wärme in einem Stadtquartier. Die stationäre Brennstoffzelle am Zentralen Omnibus-Bahnhof in Bamberg versorgt mehr als 20 Vier-Personen-Haushalte mit klimafreundlichem Strom.
Ein anderes Unternehmen, das sich schon länger am Thema Wasserstoff arbeitet, ist MAN Truck and Bus. Dirk Weberskirch erklärte, dass MAN unter anderem am Projekt „Bayernflotte“ mitarbeitet. Ziel sei die Entwicklung und Erprobung einer Long-Haul Demoflotte mit H2- und BEV-Antrieben. Das Projekt soll noch dieses Jahr starten.
Mit der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen und der Technischen Hochschule Nürnberg will MAN einen gemeinsamen H2-Campus aufbauen. Ziel ist die gemeinsame Forschung und Entwicklung im MAN-Werk vor Ort. Auch dieses Projekt startet dieses Jahr.
Auch Siemens ist beim Wasserstoff aktiv. Mehr dazu lesen Sie hier.
Geballter Input zum Thema Wasserstoff
Lesen Sie unseren praktischen Überblick "Top 10: Das sind die größten Wasserstoff-Projekte". Darin erfahren Sie, welche Themen rund um Wasserstoff besonders relevant sind.
Weitere Empfehlungen der Redaktion zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzelle:
- Die Salzgitter AG hat den Weg der klimaneutralen Stahlproduktion eingeschlagen, um seinen CO2-Fußabdruck zu verringern. Lokal produzierter Wasserstoff gilt als Basis für das Unterfangen. Doch auf Dauer wird die dort produzierte Menge von H2 nicht ausreichen.
- Der Einsatz von Wasserstoff gilt als optimale Lösung, industrielle Prozesse CO2-neutral zu gestalten. Hierzulande kann dafür nicht genügend H2 produziert werden. Doch welche Transportlösung ist ideal, um H2 aus der Ferne zu beschaffen? Ein Überblick.
- CO2-Neutralität ist das eine wichtige Ziel. Doch ein großer Wunsch von Unternehmen ist es, energieautonom zu sein. Dabei lassen sich beide Ziele perfekt miteinander kombinieren.
- Um die Energiewende umzusetzen, gilt grüner Wasserstoff als Allheilmittel. Doch Deutschland ist auf Importe angewiesen. Welche Länder das größte Potenzial als Lieferant haben.
- Mit einer eigenen Infrastruktur produziert Linde MH grünen Wasserstoff und versorgt damit 21 Brennstoffzellenstapler der Werksflotte mit Energie.
- Die FEV-Fachkonferenz 'Zero CO₂ Mobility' drängt auf alle technologischen Alternativen aus erneuerbaren Energiequellen für eine nachhaltige Mobilität – durch E-Fahrzeuge, grünen Wasserstoff in Brennstoffzellen sowie E-Fuels für die Bestandsflotte.
- Nachhaltige Energieversorgung ist durch (transportable) Wasserstoff-Brennstoffzellen möglich. So können Diesel-Generatoren einfach ersetzt und der CO2-Ausstoß eliminiert werden. Wie das funktioniert, beschreibt der Beitrag .
- Das BMW-Werk in Leipzig verfügt deutschlandweit über die größte Wasserstoff-Fahrzeugflotte in der Intralogistik. Welche weiteren Einsatzgebiete für H2 bereits geplant sind, erklärt der folgende Beitrag: BMW setzt auf Wasserstoff in der Intralogistik
- Die Energiekrise bestärkt den Wunsch, Wasserstoff vermehrt einzusetzen. Für einen großflächigen Einsatz ließen sich auch vorhandene Gasnetze nutzen. Was dabei zu beachten ist, beschreibt der Beitrag 'So funktioniert der Markthochlauf von Wasserstoff'.
- Im Hinblick auf einen Lieferstopp von Kohle und Erdgas gehen Wasserstoff und dessen Derivate Ammoniak und Methanol gehen als vielversprechende Alternativen zu den konventionellen Energieträgern ins Rennen. Wie das funktioniert, lesen Sie in dem Beitrag Wasserstoff statt Kohle – so macht H2 die Industrie grüner.
- Wie Siemens Mobility und die Bahn auf den CO2-neutralen Antrieb mittels Wasserstoff setzen und dabei eine mobile Wasserstoff-Schnellbetankung für unterwegs integrieren, erfahren Sie in dem Beitrag Bahn und Siemens Mobility präsentieren neuen Wasserstoffzug.
- Auch die Bundeswehr sieht in Wasserstoff eine strategische Chance, denn H2 kann ein Konzept für mehr Autonomie Deutschlands und den Schutz des Klimas sein. Lesen Sie dazu den Beitrag Energieautonomie durch Wasserstoff auch bei der Bundeswehr.
- Welchen Beitrag Wasserstoff auf dem Weg zur CO2-neutralen Fabrik leisten kann, demonstriert Bosch in der Praxis. Lesen Sie dazu den Artikel "So nutzt Bosch die Potenziale von H2 für die Fertigung".
- Die klimaneutrale Fabrik soll Wirklichkeit werden. Wie das geht und welche Technologien Maschinenbauer dazu in einer Wasserstoffwirtschaft anbieten können, lesen Sie in dem Beitrag "Das ist der Weg zur CO2-neutralen Fabrik mittels Wasserstoff".
- Mit 8,75 Megawatt elektrische Leistung baut Siemens in Wunsiedel in Bayern eine der größten CO2-freien Wasserstofferzeugungsanlagen in Deutschland. Lesen Sie dazu "Grüne Wasserstoffproduktion: Siemens gibt Startschuss".
- H2FLY und Deutsche Aircraft planen, 2025 eine Dornier 328 als CO2-freies Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeug in die Luft zu bringen. Die Hintergründe lesen Sie hier.
- Wasserstoff und Klimaziele werden oft zusammen genannt. Was getan werden muss, damit Deutschland beim Wasserstoff wettbewerbsfähig bleibt, steht im folgenden Beitrag: Wasserstoff: Was jetzt passieren muss - mit Praxisbeispielen von Bosch und MAN.
- Mittels Wasserstoff sind CO2-freier Transport und Logistik möglich. Doch nicht nur deshalb sehen Daimler und Bosch im Brennstoffzellenmotor Zukunftspotenzial. Genaue Infos dazu gibt es im Beitrag "Warum Daimler und Bosch auf die Brennstoffzelle setzen".
- Die Produktion von Wasserstoff sowie von Brennstoffzellen kann der Industrie gehörig den Rücken stärken. Wer sind die Profiteure und welche Hürden gibt es? Wie Wasserstoff für Aufschwung in der Industrie sorgt, lesen Sie hier.
- Wasserstoff wird zum 'Industrie-Treibstoff': Warum Bosch jetzt Brennstoffzellen baut, wie Thyssenkrupp Stahl CO2-neutral herstellt und warum auch die spanende Fertigung profitiert. Lesen Sie dazu "Brennstoffzelle: Maschinenbau lebt durch Wasserstoff auf".
- Die Zukunft gehört dem Wasserstoffantrieb! Das meint zumindest der Philosoph Richard David Precht. Unter energetischen und ethischen Gesichtspunkten sei die Brennstoffzellen-Technologie den batterie-elektrischen Autos überlegen. Hat er Recht? Ob er Recht hat oder nicht, klärt dieser Beitrag: "Fahren die besseren E-Autos mit Brennstoffzelle?".
- Einem interdisziplinären Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) ist es gelungen, die Größe von Platin-Nanopartikeln für die Katalyse in Brennstoffzellen so zu optimieren, dass die neuen Katalysatoren doppelt so gut sind, wie die derzeit besten kommerziell verfügbaren Verfahren. Ist das der Durchbruch für die Brennstoffzellen-Technik?
- Wie sich Wasserstoff-Stapler im Betrieb schlagen, haben mehrere Unternehmen erfolgreich getestet. Was das für Lithium-Ionen- und Diesel-Stapler bedeutet. Der Beitrag "Warum Staplerflotten künftig mit Wasserstoff fahren" klärt darüber auf.