Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments arbeitet daher an 'zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik' und hat einen entsprechenden Berichtsentwurf vorgelegt. Das europäische Parlament hat dem Berichtsentwurf am 16. Februar zugestimmt.
Die im Bericht vorgeschlagenen Sozialabgaben für intelligente Roboter, die menschliche Arbeitskräfte ersetzen, aber abgelehnt. „Die Kommission hat nun drei Monate Zeit, zu überlegen, welche Themen aus unserem Bericht wirklich angegangen und als Gesetzesentwurf ausgearbeitet werden“, berichtet Mady Delvaux-Stehres, Vice Chair des Rechtsausschusses und für die Sozialdemokraten im EU-Parlament auf einer Pressekonferenz in Brüssel.
In dem Berichtsentwurf geht es von Haftungsfragen, Datenschutz bis hin zu sozialen und ethischen Aspekten der Anwendung intelligenter Robotik. Doch dieser Begriff wirft schon die ersten Fragen auf. Denn eine offizielle Definition gibt es nicht.
Klassifizierung für Roboter
Für Tony Belpaeme, Professor in der Forschung 'Cognitive Systems & Robotics' an der Universität Plymouth muss ein intelligenter Roboter selbstständig und selbstlernend sein. Und er muss sein Verhalten an seine Umwelt anpassen können. „Im Moment können Roboter noch lange nicht alles, was der Mensch kann“, sagt der Robotik-Forscher. Aber wir müssten auf diesen Moment vorbereitet sein.
Darauf zielt auch Delvaux-Stehres ab: „Es geht darum, wie wir das Verhältnis von Mensch und Robotik in der Gesellschaft zukünftig gestalten wollen.“ Die stellvertretende Vorsitzende im Rechtsausschuss schlägt daher vor, zunächst zu definieren, welches System als intelligent gilt und dann verschiedene Roboterklassen einzuführen.
Denn ein selbstfahrendes Auto sei ein anderes System als ein Roboterarm. Delvaux-Stehres denkt, dass die aktuell gültigen Regeln in der Industrie – auch in Bezug auf Mensch-Roboter-Kollaboration – heute schon funktionieren. Handlungsbedarf sieht sie als erstes für den Bereich selbstfahrende Autos. „Hier muss die Haftungsfrage geklärt werden, denn der Fahrer ist hier nicht mehr verantwortlich für einen Unfall.“
Datenschutz und intelligente Roboter
Michael Boni, Mitglied des EU-Parlaments und Vertreter der Christdemokraten (EVP), stellt klar, dass sich das neue Gesetz nicht um altbekannte Robotertechnik in der Industrie, sondern um die Technologie Künstliche Intelligenz – auch in Form von Robotik – drehen soll.
Ihm liegt vor allem das Thema Datenschutz am Herzen, wenn es eines Tages dazu kommt, dass auch intelligente Roboter unsere Daten nutzen: „Meiner Meinung nach müssen Ingenieure die Regeln zum Datenschutz oder auch das Prinzip der Diskriminierung schon in den Algorithmen der Roboter umsetzen“, so sein Vorschlag.
Einen anderen Fokus setzt Max Andersson, Vertreter der 'Grünen/EFA'. Robotik in Kombination mit Künstlicher Intelligenz entwickelt sich durch intensivere Forschung seiner Meinung nach extrem schnell weiter. Es sei daher wichtig, zu prüfen, welche Auswirkungen das auf unsere Gesellschaft habe.
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Offene Standards für Roboter
Neun Prozent der Arbeitsplätze sind Andersson nach schon heute durch Roboter ersetzt worden. Vor allem im mittleren Einkommensbereich hat die Automation die Unternehmen verändert.
„Die neuen Berufe, die durch die zunehmende Digitalisierung entstehen, sind im Hochlohnsektor angesiedelt“, sagt Andersson. Es brauche daher staatlich unterstützte Fort- und Weiterbildungen, wenn die Roboter-Revolution greift. Weiterhin fordert Andersson bessere Regeln für die Interoperabilität des Systems Roboter: „Wir brauchen offene Standards, damit sich intelligente Roboter verschiedener Hersteller verstehen.“
Die Haftungsfrage im Bereich der selbstfahrenden Autos ist auch für Dita Charanzova, Vertreterin der Liberalen, von zentraler Bedeutung. Sie glaubt aber nicht daran, dass Roboter in den Unternehmen den Menschen per Automation die Arbeit klauen: „In der Autoindustrie, wo viele Roboter arbeiten, gibt es auch viele Arbeitsplätze“, erläutert die Abgeordnete.
Deshalb ist sie auch dagegen, Sozialabgaben oder Steuern für Robotik einzuführen. Auch ein Roboterregister oder den Status einer 'electronic person' – wie in dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses vorgeschlagen – sieht sie kritisch: „Roboter sind einfach keine Menschen, sie werden weiterhin von uns gesteuert“, so Charanzovas Fazit.
Einen anderen Blickwinkel auf das Thema Roboterrecht hat schließlich Hélène Chauveau, Head of Emerging Risks bei Axa: „Wenn intelligente Roboter in einer Smart Factory vernetzt sind, können sie auch alle zur selben Zeit durch Cyberangriffe attackiert werden.“ Das betreffe alle Fabriken weltweit.
Das Wissen um dieses Risiko sei auch für die Versicherer neu. Grundsätzlich setze sie sich dafür ein, Menschen ausreichend vor intelligenter Robotertechnik zu schützen, ob es sich am Ende um ein selbstfahrendes Auto, einen Pflegeroboter oder einen Haushaltsroboter handle.
Das sagen Roboterhersteller zum Roboterrechts-Bericht
Roboterrecht: die wichtigsten Vorschläge des Rechtsausschusses im EU-Parlament
- Bestimmung des Begriffs ‚intelligente Roboter‘ und Einstufung dieser Roboter
- Registrierung 'intelligenter Roboter'
- Zivilrechtliche Haftung: z. B. Verschuldensunabhängige Haftung für von intelligenten Robotern verursachte Schäden, Einrichtung eines obligatorischen Versicherungsprogramms für autonome Roboter.
- Interoperabilität von über Netzwerke verbundene autonome Roboter sollte gewährleistet sein. Der Zugang zum Quellcode muss verfügbar sein.
- Offenlegung der Nutzung von Robotern und künstlicher Intelligenz durch Unternehmen.
- Sozialabgaben für intelligente Roboter, die menschliche Arbeitskräfte ersetzen (vom EU-Parlament abgelehnt)
Ralf Winkelmann, Geschäftsführer Fanuc Deutschland GmbH
„Ausdrücklich versuchen die Urheber des Entwurfes, alle Arten von Robotern unter einen Hut zu bringen. Dabei hat die IFR aus gutem Grund vor Jahren die Bereiche Industrie- und Serviceroboter getrennt. Bei dem Berichtsentwurf zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik wird außer Acht gelassen, dass Industrieroboter – im Gegensatz zu Servicerobotern – unter fachmännischer Aufsicht laufen.
Richtlinien, Sicherheitsvorschriften und Normen von TÜV, BG etc. mögen hier und da unbequem in der Umsetzung, besonders bei kollaborativen Robotern, sein. Es sind aber verlässliche Rahmenbedingungen.
Da sich Fanuc auf den Bau von Industrierobotern konzentriert, treffen die meisten Aspekte des Regelungsentwurfes nicht zu – was uns nicht der Verpflichtung enthebt, über die Folgen unserer Arbeit nachzudenken und uns am Wohl der Menschen zu orientieren.
'Eigenständige Entscheidungen' müssen einem 'intelligenten Roboter' zugestanden werden, wenn es seiner industriellen Aufgabe entspricht, etwa beim Bin Picking. Themen wie 'Deep Learning' sind für Fanuc aktuell in der Entwicklung, wobei der Roboter nicht die gut überwachte Industrieumgebung verlässt.
Die Besteuerung von Industrierobotern halten wir für einen gänzlich ungeeigneten Weg, ethische Prinzipien einzufordern. Insbesondere KMU werden dadurch nicht ermutigt, ihre Produktivität durch Roboter zu verbessern, im Gegenteil.“
Dr. Klaus Kluger, Geschäftsführer Omron Adept Technologies GmbH
„Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alle technologischen Neuerungen immer auch eine gesellschaftspolitische Dimension haben; die damit einhergehenden Sorgen und Ängste müssen offen angesprochen und diskutiert und Begriffe müssen präzise definiert werden, sonst drohen Fehlinterpretationen.
Als Beispiel mit Blick auf die Notwendigkeit, Begrifflichkeiten zu klären, sei der Name des Dokuments 'Roboterrecht' angeführt. Dieser ist irreführend, denn geregelt werden soll mit diesem Gesetz nicht nur die Robotik, sondern auch weitere Formen künstlicher Intelligenz, Machine Learning, selbstfahrende Autos, Drohnen etc.
Dies alles in ein Gesetz zu packen, dürfte eine wohl unlösbare Aufgabe sein; zu groß ist das Spektrum, zu unterschiedlich sind die Einsatzgebiete und die daraus resultierenden Aspekte. Schon dieses Beispiel zeigt die Wichtigkeit der Begriffsdefinition im politischen Diskurs.
Der Fachverband Robotik und Automation im VDMA und die European Robotics Association beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit diesem Thema und diskutieren dies in den unterschiedlichsten Foren und haben auch zum vorliegenden Entwurf des europäischen Parlaments ein Positionspapier erarbeitet.“
Stefan Lampa, Geschäftsführer der Kuka Roboter GmbH
„In vielen Ländern der Welt, wo Roboter eingesetzt werden, ist die Beschäftigungsquote hoch, und zwar nicht trotz, sondern wegen des hohen Grads an Automatisierung wie etwa in Deutschland, Japan oder Korea.
Die Idee einer möglichen versicherungs- oder steuerpflichtigen Abgabe für Roboter ist aus unserer Sicht daher der falsche Weg. Es ist richtig, dass in der Industrie Roboter zunehmend einzelne Tätigkeiten übernehmen können, die bisher ganz oder teilweise von Menschen übernommen werden mussten.
Dass es dabei weit über die Industrierobotik hinaus eine ethische Diskussion im Umgang mit Systemen künstlicher Intelligenz geben muss, ist unstrittig und zu begrüßen.
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es in der Geschichte der Industrie immer wieder die technologischen Entwicklungen waren, die die Produktivität steigerten und damit dazu führten, dass auch die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von produzierenden und verarbeitenden Unternehmen stieg. Diese Anstiege haben bisher so gut wie immer zu mehr Beschäftigung, höheren Arbeitsstandards und -löhnen geführt.“
Esben H. Østergaard, Mitgründer und CTO von Universal Robots
„Aus unserer Sicht baut die aktuelle Rechtsdebatte der EU auf einem Verständnis von Robotern auf, das unserem sehr entgegengesetzt ist. Als Hersteller bewerten wir die Frage, ob Roboter einen eigenen Rechtsstatus bekommen sollten, daher aus einem anderen Blickwinkel.
Die zentrale Frage sehen wir in der Abgrenzung zwischen 'automatischen' und 'autonomen' Maschinen. Die rechtliche Diskussion des EU Parlaments basiert scheinbar auf Letzterem. Wir sehen in unseren Robotern jedoch ausschließlich Ersteres.
Automatische Maschinen sollen Menschen bei schwierigen oder gefährlichen Aufgaben unterstützen. Sie erfüllen diese jedoch unter Einhaltung eines festen Regelwerks, das vom Menschen geschrieben und überwacht wird. Sinn und Zweck von autonomen Maschinen wäre, dass sie eigene Regeln oder Gesetze schreiben und diesen folgen.
Mit Blick auf die Rechtsfrage kommt es daher darauf an, was wir als Menschheit bestimmen, wie Roboter arbeiten sollen: automatisch oder autonom.
Haben wir kein Interesse daran, dass Roboter ohne menschliche Kontrolle arbeiten und ihren eigenen Gesetzen folgen, weil wir nun eben automatische und nicht autonome Roboter wollen, dann ist es auch nicht notwendig, ihnen eigene Rechte zu geben.“
Bruno Schnekenburger, President Yaskawa Robotics Europe
„Bei dem Entwurf 'Civil Law Rules on Robotics' geht es um Automation, künstliche Intelligenz, Drohnen etc. im erweiterten Sinne und betrifft die Robotik nur zum Teil, obwohl der Name des Papiers etwas anderes vermuten lässt. Für uns interessant ist natürlich der Bereich der Haftung, wobei diese aktuell in der Maschinenrichtlinie, die für uns gilt, ausreichend festgelegt ist.
Und was das Thema Arbeitsplätze angeht, sind wir bei Yaskawa gerade dabei, mit unserer Produktion in Slowenien circa 200 neue Arbeitsplätze durch die Robotik zu schaffen. Hinzukommen noch weitere Arbeitsplätze, die erwartungsgemäß bei unseren Zulieferern aus Europa neu entstehen beziehungsweise gesichert werden.
Und natürlich hoffen wir, diese Zahl in Zukunft noch weiter erhöhen zu können. Grundsätzlich sehen wir regionale Gesetze bezüglich Robotik kritisch, die einen Wettbewerbsnachteil für europäische Firmen auf dem Weltmarkt zur Folge haben könnten.
Und was die Besteuerung von Robotern betrifft: Das ist eine sehr einseitige Diskussion. Denn schließlich geht es hier um eine Steuer auf Produkte, die die Produktivität steigern und die Qualität erhöhen können.
Aber mal ehrlich: Müssten dann nicht auch Traktoren, CNC-Maschinen, Förderbänder, Computer, überhaupt jede Art von Anlagen, die die Produktivität steigern, besonders besteuert werden? Oder wollen wir gar ein Porto für E-Mails einführen, da auch diese die Produktivität steigern können?“