Blockchain, Intralogistik

In einer Bockchain ist es möglich, Transaktionen nachzuvollziehen und authentifizieren zu können, ohne dabei auf Mittelsmänner wie Banken oder Notare angewiesen zu sein. - (Bild: Fotolia - iconimage)

„Die letzte große Disruption in der unternehmensübergreifenden Kommunikation war die Einführung des Fax-Gerätes. Dadurch wurde die Geschäftskommunikation von vorher Tagen auf Sekunden und Minuten herunter gebrochen. Vom Ansatz her sind zwar E-Mails und die dazugehörigen Anhänge digital, aber vom Effizienzgewinn nicht wirklich viel besser als ein Fax“, beschreibt Thomas Müller von Contractus.

Doch was ist eigentlich Blockchain? Eine Definition liefert Frank Bolten, Geschäftsführer der Chainstep GmbH: „Die Blockchain ist im Prinzip eine dezentral verteilte Datenbank, über die die unterschiedlichen an dem Netzwerk Beteiligten – also die einzelnen Knotenpunkte – direkt miteinander Transaktionen durchführen können und dabei – und das ist gerade in der Transportlogistik ein ganz wichtiger Punkt – den Status und die Historie der gesamten Transaktionen sehen können.“

Wissenswertes rund um die Blockchain

Blockchain kann mehr als Kryptowährungen. Was? Das erfahren Sie zum Beispiel in diesem Artikel: "Darum sollten Industrieunternehmen mit Blockchain beschäftigen"

Weitere informative Beiträge zum Thema finden Sie in unserem Fokusthema Blockchain.

Weiterer Layer durch Blockchain

Durch Blockchain werde dem Internet ein weiterer Layer hinzugefügt. „Erst gab es die Kommunikation, dann die Interaktion und nun die Transaktion“, erklärt Bolten. Durch die dezentrale Datenbank und die verteilte Struktur könne man somit, ohne den anderen zu kennen und ohne sich Gedanken über die Sicherheit machen zu müssen, Transaktionen durchführen.

Dazu fragt Müller, wie man also unternehmensübergreifende Kommunikation zum einen Teil automatisieren und zum anderen Teil aber sehr vertrauenswürdig auf Augenhöhe ohne den zentralen Mittler ausführen kann. „Zudem ist auch klar: Bei allen neuen Technologien und Digitalisierungen – letzen Endes ist es wichtig, dass diese Technologie auch beim Nutzer ankommt. Und eine Digitalisierung von unternehmensübergreifenden Prozessen, eine volle Transparenz und all die Sachen, die wir mit Blockchain versprechen, werden wir nur dann erreichen, wenn wir es schaffen, dass auch wirklich jeder Beteiligte in der Kette in der Lage ist, mit diesen Technologien zu interagieren.“

Behling, Intralogistik, IM
(Bild: Fraunhofer IML)

"Eine Blockchain ist eine Datenstruktur, die zum einen das hochverschlüsselte Speichern von Datenblöcken ermöglicht und zum anderen das dezentrale Authentifizieren regelt", sagt Jens Leveling, Teamleiter Data Driven Logistics Fraunhofer IML, Dortmund.

Beste Lieferkette in der Industrie

Auch Martin Araman, Geschäftsführer der Sovereign Speed GmbH, sieht deutliche Vorteile: „Es wäre ungemein vorteilhaft, wenn alle Beteiligten auf einen Auftrag zurückgreifen könnten und wenn eine automatisierte Abrechnung folgen würde. Das ist auch dringend notwendig, denn die Prozesskosten in Transport- und Logistik sind teils doppelt so hoch wie die Kosten für den tatsächlichen Gütertransport.“ Zur Blockchain gehöre auch das Thema digitaler Wandel, sei dieser doch die Voraussetzung für Blockchain. Somit könne im Dokumentenmanagement und natürlich im Tracking und Tracing, in der Zusammenarbeit der einzelnen Player und natürlich auch im Finanzierungs- und Zahlungsverkehr der Vorteil von Blockchain genutzt werden.

Natürlich habe sich seit der Einführung des Faxgerätes einiges getan, dennoch seien die fehlenden Standards ein großes Problem. Da müsse der Mensch dann immer noch eingreifen und als ‚Übersetzer‘ dienen, findet Müller. „Da gibt es Lücken und in diese Lücken sind immer mehr Marktplatzlösungen oder Vermittlungsplattformen gestoßen. Diese Marktplätze gibt es auch im B2B zwischen Kunden und Zulieferer. Im B2C funktioniert das bereits gut, man denke nur an Amazon.

Blockchain in der Härterei: Der direkte Vergleich

Sandvik Tooling Deutschland aus Schmalkalden hat die einfache Aufgabe, Härtereikapazitäten zu koordinieren. Das ist ähnlich wie in der Logistik, Kapazitäten zu koordinieren. Das heißt, es gibt verschiedene Dienstleister, verschiedene Härtereien, unterschiedliche Hochofenkapazitäten mit unterschiedlich starker Auslastung und man muss die vielen eingehenden Aufträge, die sehr volatil sind, auf die Härtereikapazitäten verteilen.

  • Vorher: Bis jetzt wurde es so gehandhabt, dass Excel-Dateien versendet worden sind und die Härtereien ihre Kapazitäten entsprechend ausfüllten. Dann wurden Aufträge vergeben, was so lange gedauert hat, dass in aller Regel die Realität schon wieder anders war. Somit musste wieder nachjustiert werden – ein sehr aufwendiger Prozess.
  • Nachher: Notwendig sind digitale Kapazitätsanfragen: An einer Stelle wird zentral definiert, welche Kapazität benötigt wird. Das wird als digitale Anfrage an die Partnerunternehmen versendet. Die können jetzt auf unterschiedlichen Wegen antworten. Zum Beispiel durch (noch) manuelles Antworten per Web-Formular – so sieht jeder, wer wie geantwortet hat. Es geht aber auch, aus ihrem Produktionsplanungssystem heraus direkt in den Vertrag hineinzuschreiben. Dann werden entsprechend Verträge vergeben, die wiederum als digitaler Vertrag an die Härtereien gehen. Für diesen kleinen, ersten Schritt der Lieferantenintegration ist somit eine Digitalisierung erreicht. Der erste Schritt zur Blockchain ist eben, das Papier aus den Prozessen herauszubekommen.

Blockchain-Netzwerk

Doch im Business haben diese Marktplätze nicht wirklich eine große Verbreitung erfahren.“ Das größte Thema sei dabei das fehlende Vertrauen in solche Markt­plätze. „Genau hier kommen blockchainbasierte Lösungen ins Spiel. In diesem Spannungsfeld zwischen Flexibilisierung auf der einen Seite und Koordination eines gesamten Lieferantennetzwerkes auf der anderen Seite. Und wie kann ich es schaffen, mit weniger bekannten Partnern sowie direkt bekannten Partnern vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, ohne über einen zentralen Mittler zu gehen“, erklärt Müller. Ein vergleichsweise einfaches Beispiel dazu steht in nebenstehendem Kasten.

"Eine Blockchain ist eine Datenstruktur, die zum einen das hochverschlüsselte Speichern von Datenblöcken ermöglicht und zum anderen das dezentrale Authentifizieren regelt", sagt Jens Leveling, Teamleiter Data Driven Logistics Fraunhofer IML, Dortmund.

Zur Funktionsweise sowie zu Sicherheitsfragen einer Blockchain berichtet Jens Leveling vom Fraunhofer IML: „In einer Blockchain werden alle Transaktionen als Blöcke chronologisch eingetragen, verschlüsselt und mit Prüfsummen versehen. Jeder Block enthält die Prüfsumme des vorherigen Blockes und sichert so gegenüber Revisionen ab. Im Weiteren werden von Anfang an Kopien der Blockchain erstellt und an Validierungsinstanzen verteilt.“ Dadurch wird jede Transaktion gespeichert und ist auch in Zukunft zurück verfolgbar. Bei Änderungen oder neuen Transaktionen innerhalb einer Instanz werden diese sofort an alle Validierungsinstanzen in Echtzeit zum Überprüfen und Speichern weitergegeben.

Zukunftstechnologien verstehen!

Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!

 

Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".

 

Findet eine Transaktion statt, wird überprüft, ob die Teilnehmer  beziehungsweise deren Postfach existieren und die jeweiligen Beträge auch auf den Postfächern buchbar sind. Die Zuordnung von einem Postfach zu einem Teilnehmer, zu einer Person oder einem Unternehmen bleibt dabei verborgen und ist nur den einzelnen Teilnehmern bekannt.

Grundlegend werden in Postfächern nur Guthaben verwaltet. Dieses Konzept kann aber für die Logistik erweitert werden, in denen zum Beispiel konkrete Ressourcen mit einem Postfach verbunden werden. So können in einem Postfach zum Beispiel konkrete Bestände eines Lagers oder bestallbare Ressourcen hinterlegt werden. Die Validierungsinstanzen (VI) sind die Programme und Server, auf denen die Transaktionen und Postfächer gespeichert werden. Dort werden die Transaktionen beziehungsweise Blöcke überprüft, akzeptiert und weitergeleitet. Hier könnte der Kun­de jederzeit sehen, in welchem Zustand sich seine Bestellung befindet. Falls es der Komponentenhersteller zulässt, könnte der Kunde ebenso wie der Maschinenhersteller den Status der einzelnen Komponenten überprüfen, die für seine bestellte Maschine benötigt werden.

Vorteile der Blockchain-Technologie

Kann sich aber Blockchain in der heutigen Logistik umsetzen? Dazu stellt Jens Leveling dar: „Die Vorteile der Blockchain-Technologie sind vielversprechend. Allerdings muss diese Technologie auch umgesetzt werden. Es muss ein vertrauensvolles Netzwerk mit allen beteiligten Teilnehmern geschaffen werden sowie die Implementierung und Prozessumstellungen finanziert werden.“ Vertragspartner am Anfang der Supply Chain haben eventuell keinen großen Vorteil durch die Blockchain, müssten aber ebenfalls in diese investieren. Auch bleibe es offen, ob jeder Partner bereit sei, freiwillig Daten über Produkte und Verträge so frei bereitzustellen. „Großen Nutzen kann die Blockchain auf jeden Fall haben, allerdings muss die Logistik, vor allem in IT, Infrastruktur und Management, Zeit und Geld investieren, bevor sie von der Technologie profitieren kann“, erklärt Leveling.

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