Deutsche Industrie: Immer mehr Betriebe planen Abwanderung
Hohe Energiepreise, behindernde Bürokratie und anhaltender Fachkräftemangel – Deutschland macht es der Industrie nicht leicht. Wie viele Unternehmen darum planen, Kapazitäten ins Ausland zu verlagern, zeigt eine aktuelle Umfrage.
Stehen in Deutschland bald viele Fabrikhallen leer? Eine DIHK-Umfrage hat ergeben, dass ein Drittel der deutschen Unternehmen planen, Kapazitäten ins Ausland zu verlagern.(Bild: Lukassek)
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Immer mehr Industriebetriebe planen eine Abwanderung aus Deutschland. Das hat eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer ergeben. Gründe sind die gestiegenen Energiepreise, aber auch andere Probleme. Fast ein Drittel der Industriefirmen plant oder realisiert gerade eine Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland oder die Einschränkung der Produktion im Inland. Gegenüber einer Umfrage im Vorjahr sei dies eine Verdopplung.
Besonders große Unternehmen suchen sich neue Standorte
Am stärksten ausgeprägt sind die Abwanderungstendenzen bei Unternehmen ab 500 Mitarbeitern, wie die Umfrage ergab. Demnach planen oder realisierten hier 43 Prozent der befragten Unternehmen, Kapazitäten ins Ausland zu verlagern. Diese Firmen seien häufig eng mit dem Ausland verflochten und stünden in einem besonders ausgeprägten Standortwettbewerb. Fast zwei Drittel der Maßnahmen liefen bereits oder seien abgeschlossen.
Die Sorgen der Unternehmen um die eigene Wettbewerbsfähigkeit seien dramatisch gestiegen, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Das Vertrauen der Wirtschaft in die Energiepolitik sei auf einem Tiefpunkt. Weite Teile der Wirtschaft treibe die Sorge um eine auch mittel- und langfristig mangelhafte Energieversorgung um.
Auch der Fachkräftemangel trägt seinen Teil dazu bei. Gerade im Maschinenbau ist dieser besonders hoch. Das hat eine Erhebung des Ifo Instituts gezeigt. "Für den in Deutschland sehr mittelständisch geprägten Maschinenbau ist der Fachkräftemangel eine besondere Herausforderung", sagt Nicolas Bunde, Branchenexperte am Ifo Institut. „Diese Faktoren sind schon lange ein Nachteil für den Standort Deutschland.“ Einige Firmen seien mit ihrer Produktion bereits ins Ausland abgewandert. Doch um von Deindustrialisierung zu sprechen, sei es zu früh: Der deutsche Maschinenbau wandle sich hingegen zu einem hoch spezialisierten Dienstleister.
Unternehmen verlagerten Produktion zum Beispiel in die USA - die dortige Regierung hat ein milliardenschweres Subventionsprogramm beschlossen. Dercks nannte aber auch eine Verlagerung von Produktion oder den Aufbau neuer Kapazitäten etwa in Frankreich, wo es einen niedrigeren Industriestrompreis gibt.
Was die DIHK von der Politik fordert
Die Ergebnisse der Umfrage kamen kurz vor einer zweitägigen Kabinettsklausur in Meseberg. Die Bundesregierung will dort ein Wachstumspaket beschließen. Ungelöst ist aber ein Streit über einen staatlich subventionierten, niedrigeren Industriestrompreis.
Aus DIHK-Sicht greift ein Industriestrompreis zu kurz, weil er nur besonders energieintensiven Unternehmen zugutekomme. Notwendig sei eine Entlastung für die Breite der Wirtschaft. Es brauche klare Signale der Bundesregierung. Die DIHK schlägt verschiedene Maßnahmen vor, um gegenzusteuern. Dazu zählt im Kern ein Investitionszuschuss für Strom-Direktlieferverträge zwischen Erzeugern und Abnehmern. Außerdem müsse die Verfügbarkeit von Wasserstoff erhöht werden und die Stromnetze ausgebaut.
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Mit Material von DPA
Im Fokus: Industrie & Politik
(Bild: fuchsphotography - stock.adobe.com)
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