Gaspipeline

Robert Habeck hat die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen. (Bild: Maksym Yemelyanov - stock.adobe.com)

Wegen der angespannten Gas-Situation hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag (23.6.) die "Alarmstufe" - also zweite Stufe - des Notfallplans Gas ausgerufen. "Gas ist von nun an ein knappes Gut in Deutschland", so Habeck. Der Schritt wurde auch nötig, weil Russland zuvor die Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream deutlich gedrosselt. Alles über die daraufhin beschlossenen Maßnahmen, lesen Sie in diesem Artikel: "Gas-Versorgung in der Industrie: Was jetzt wichtig ist"

Aktuell sei die Versorgungssicherheit gewährleistet, aber die Lage ist angespannt, zitiert die 'FAZ das Bundeswirtschaftsministerium.

Der Notfallplan Gas regelt das Vorgehen in Deutschland, wenn sich die Versorgungslage deutlich zu verschlechtern droht - oder wenn dies der Fall ist. Es gibt drei Stufen. Die Details:

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Notfallplan Gas: Das bedeutet die Frühwarnstufe

Mit der Frühwarnstufe – die erste von drei Stufen des Notfallplans – wird die Gasversorgung nun genauestens überwacht. Habeck zufolge wurde ein Krisenstab eingerichtet, der täglich tagt und das Wirtschaftsministerium berät. Dieser besteht aus Mitarbeitenden des Wirtschaftsministeriums, Vertretern der Bundesnetzagentur, des Marktgebietsverantwortlichen Gas, der Fernleitungsbetreiber sowie Vertretern der Bundesländer.

Wichtig ist: In der ersten Stufe greift der Staat noch nicht aktiv ein. Gashändler und -lieferanten und Fernleitungsbetreiber sollen nun marktbasierte Maßnahmen ergreifen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten. Dazu gehören laut Wirtschaftsministerium unter anderem die Nutzung von Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite, der Rückgriff auf Gasspeicher und die Optimierung von Lastflüssen.

Stufe 2 und 3 des Notfallplans: Die Alarmstufe und die Notfallstufe

In der nun ausgerufenen zweiten Stufe, der Alarmstufe, kümmern sich ebenfalls die Gaslieferanten und Pipelinebetreiber um eine Verbesserung der Versorgung. Laut Plan liegt in diesem Fall "eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt - der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen". Auslöser der jetzigen Ausrufung war, dass der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream deutlich gedrosselt hat. Durch die Pipeline fließen nur noch knapp 40 Prozent der Maximalkapazität.

Erst in der dritten Stufe – der Notfallstufe – greift die Bundesregierung aktiv ein. Die letztmögliche Stufe wird ausgerufen, wenn eine "außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage" vorliegt. In de Folge greift der Staat in den Markt ein.

Die Bundesnetzagentur wird dann zum „Bundeslastverteiler“. Das heißt, sie entscheidet in Abstimmung mit den Netzbetreibern, wer wieviel Gas erhält. Mit der dritten Notfallstufe kann die Bundesregierung zum Beispiel auch anordnen, dass mehr Gas ausgespeichert wird oder dass Gas durch andere Brennstoffe ersetzt wird.

Bestimmte Gruppen haben dabei Vorrang. Dazu gehören zum Beispiel die Privathaushalte, die möglichst bis zuletzt mit Gas versorgt werden sollen. Aber auch Krankenhäuser, Feuerwehren, die Polizei und Gaskraftwerke zählen dazu.

Das bedeutet der Notfallplan Gas für die Industrie

Die Frühwarnstufe hatte erst einmal keine Auswirkungen für die Industrie-Unternehmen.

Bei der Ausrufung der zweiten Stufe sagte Bundeswirtschaftsminister Habeck, er wolle Rationierungen für die Industrie nach Möglichkeit vermeiden. "Das soll nicht passieren, in keinem Monat im besten Fall", sagte der Grünen-Politiker. Er erklärte aber auch: "Ich kann es natürlich nicht ausschließen, weil es so voraussetzungsreich ist, was wir tun. Aber es ist kein Szenario, auf das wir hinarbeiten - im Gegenteil."

Alle Maßnahmen seien darauf ausgerichtet, die Marktkräfte so weit wie möglich wirksam zu halten und andere Alternativen zu schaffen, sagte Habeck. Es gehe darum, Einsparungen vorzunehmen, auf andere Energieträger auszuweichen und die Infrastruktur auszubauen, "um dieses Szenario abzuwenden".

Und was ändert sich in der dritten Stufe - der Notfallstufe? Dann kann die Bundesregierung laut den Rechtsanwälten von Pinsent Masons auch anordnen, dass Groß- und Endverbraucher ihren Gaskonsum reduzieren oder dass Industriekunden das Gas komplett abgeschaltet wird.

Kerstin Andreae, Chefin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, erklärte vor der Ausrufung der ersten Stufe, die Bundesnetzagentur müsse nun Kriterien entwickeln, anhand derer entschieden werden kann, „welche Industrien und Sektoren weiterhin mit Gas auch im Rahmen einer Gasmangellage versorgt werden.“

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat vor dem Hintergrund eines drohenden Lieferstopps für russisches Erdgas vor „extremen wirtschaftlichen Folgen“ gewarnt. „Bei einem Lieferstopp wären in den Folgemonaten in erster Linie viele Unternehmen von Abschaltungen betroffen“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian in einer Mitteilung. Dabei wären alle Wertschöpfungsketten negativ beeinflusst. Die Ausrufung der Frühwarnstufe nannte er „verantwortungsvoll“. Der Verband empfiehlt den Mitgliedsunternehmen, den jeweiligen Gasnetzbetreiber zu kontaktieren und sich intensiv mit möglichen Folgen von Versorgungsengpässen auseinanderzusetzen.

Wirtschaftsminister Habeck appellierte zudem Ende März sowohl an Verbraucher als auch an Unternehmen, Energie einzusparen. Jede eingesparte Kilowattstunde helfe – sowohl Deutschland als auch der Ukraine.

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(Bild: mi-connect)

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Der europäische Notfallplan und die Konsequenzen für Firmen

Auch die Europäische Union wappnet sich für eine mögliche Gaskrise. "Wir müssen uns auf eine vollständige Unterbrechung der russischen Gasversorgung vorbereiten", sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei der Präsentation des EU-Notfallplans Mitte Juli. Der Plan sieht vor, dass Staaten im Zweifel zum Gassparen gezwungen werden sollen. Zunächst sollen die EU-Länder aber freiwillig alles dafür tun, ihren Verbrauch in den kommenden Monaten um 15 Prozent im Vergleich zum Schnitt der vergangenen fünf Jahre zu reduzieren.

Der Entwurf der Kommission, dem die EU-Staaten noch zustimmen müssen, sieht unter anderem vor, dass Unternehmen auf andere Energieträger umsteigen sollen. Dafür könnten Firmen finanzielle Anreize erhalten. Wenn die Versorgungslage sehr kritisch wird, ist es auch möglich, dass bestimmten Wirtschaftszweigen der Gashahn abgedreht wird. Der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass bestimmte Bereiche geschützt werden sollen. Bei Sparmaßnahmen soll etwa darauf geachtet werden, ob diese Auswirkungen auf Versorgungs- und Lieferketten hätten oder langfristige Schäden an Industrieanlagen anrichten könnten.

Der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) begrüßte den Plan laut DPA grundsätzlich. "Die EU-Kommission ist mit ihrem Gasplan auf dem richtigen Weg: Nur durch schnelle und pragmatische Gaseinsparungen kommen wir durch den nächsten Winter", sagte Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer. Er fordert von der Bundesregierung finanzielle Anreize und dass der Wechsel von Gas auf andere Energieträger bürokratisch vereinfacht wird.

Nach geltenden EU-Regeln müsste die deutsche Industrie theoretisch Gas an Haushalte eines Nachbarlands wie Österreich abgeben, falls das Land sich nicht anders versorgen kann und auch Deutschland keine weiteren Vorräte hat. Umgekehrt würden deutsche Haushalte über die Industrie von Nachbarländern versorgt, wenn es zum Äußersten käme. Dies wäre der allerletzte Ausweg und würde wohl nur eintreten, wenn Gas in mehreren Ländern gleichzeitig knapp wird. Die genauen Modalitäten müssten aber noch ausgearbeitet werden.

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